01-07-2025 Malenter Bergfest

“Berg­fest” bezeich­net den for­mel­len und als mar­kant wahr­ge­nom­me­nen Zeit­punkt der Mitte eines bestimm­ten Zeit­ab­schnitts. Im Unter­schied zu dem iden­tisch anwend­ba­ren, aber eher sach­lich-neu­tra­len Wort “Halb­zeit” ist “Berg­fest” viel­schich­ti­ger und besitzt eine wer­tende Kom­po­nente. Der betrach­tete Zeit­raum wird mit einer Berg­be­stei­gung ver­gli­chen. Das Sym­bol “Berg” deu­tet an, dass der bereits absol­vierte Abschnitt anstren­gend oder ander­wei­tig anspruchs­voll gewe­sen ist, und dass man den ver­blei­ben­den Abschnitt trotz glei­cher Länge mit even­tu­ell weni­ger Anstren­gung zu bewäl­ti­gen hofft.

Quelle: Wiki­pe­dia

Seit 21 Tagen bin ich in der Kli­nik, heute ist also Berg­fest (sofern es nicht spä­ter noch eine Ver­län­ge­rung gibt). In die­ser Zeit habe ich unge­fähr 200 mal “Moin” und 150 mal “Hallo” gesagt, mich 60 mal bedankt, wenn jemand die Tür auf­ge­hal­ten hat und 60 mal “gerne” gesagt, wenn sich jemand bei mir dafür bedankt hat, min­des­tens 10 mal erwähnt, dass ich Sport hasse, trotz­dem 15 mal Sport gemacht (Aqua und MTT), 1 mal geweint, unzäh­lige Male gelacht, mit etwa 20 Men­schen mehr als 5 Sätze gere­det (“unter­hal­ten” nennt man das wohl), 62 aus­ge­wo­gene, meis­tens leckere Mahl­zei­ten bekom­men, 1 große und viele kleine Wäschen gewa­schen, eine noch zu zäh­lende Anzahl Vögel gehört, die ich bis jetzt nur vom Namen kannte, 7 oder 8 mal die Katze gestrei­chelt und bin täg­lich min­des­tens 2- 3000 Schritte gelaufen.

Jetzt grade bin ich müde und hab Sehn­sucht nach Zuhause, aber ich weiß, dass das nor­mal ist und vor­bei geht. Der Wochen­plan steht fest, ich kenne mich aus, fühle mich wohl und freue mich trotz Heim­weh auf die nächs­ten drei Wochen. Und viel­leicht finde ich in die­ser Zeit ja noch raus, wie ich den Schwei­ne­hund dau­er­haft ver­trei­ben kann, der da so gemüt­lich vor mei­nem hei­mi­schen Ergo­me­ter liegt.

Wei­ter geht’s.

29-06-2025 Neue Impulse

Ursprüng­lich hatte ich mir vor­ge­nom­men, jeden Tag zu blog­gen von all dem, was hier in der Kli­nik so pas­siert, aber inzwi­schen ist mein Plan so gut gefüllt, dass ich ent­we­der keine Zeit hab oder abends ein­fach nur müde bin.

Zu dem Pro­gramm, von dem ich im vor­letz­ten Bei­trag schrieb, sind noch zwei Ein­hei­ten Ergo­me­ter­trai­ning in der Gruppe (mor­gens um 7 Uhr! VOR dem Früh­stück!!) und zwei­mal pro Woche DBT (Dia­lek­tisch-Beha­vi­orale The­ra­pie) dazu gekom­men. Dafür gibt es lei­der kein wei­te­res Ein­zel­ge­spräch mit der Ernäh­rungs­the­ra­peu­tin.
Mitt­woch und Frei­tag sind rela­tiv ent­spannt, weil da bis auf DBT keine The­ra­pie­sa­chen sind. Mon­tag, Diens­tag und Don­ners­tag drängt es sich dafür, da wird die Psy­che ordent­lich ange­regt - oder stra­pa­ziert? “Gefor­dert” trifft es ganz gut.
Außer­halb vom Was­ser finde ich Sport immer noch doof, aber das ist was ganz ande­res, als wenn wir über uns selbst, über Ver­gan­ge­nes und Schmerz­haf­tes aus unse­rem Leben reden und nach­den­ken. Aber das ganze Adi­po­si­tas­kon­zept, in das ich jetzt ein­ge­bun­den bin, ist sehr gut durch­dacht und auf­ein­an­der abge­stimmt. Die Mischung aus the­ra­peu­ti­schen und sport­li­chen Ter­mi­nen passt, es gibt Erho­lungs­pha­sen und Zeit zum nach­den­ken oder ganz ande­res zu tun.

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Sehr gut finde ich die DBT. Man­ches davon kenne ich aus ande­ren Kli­ni­ken schon, aber in einer neuen Gruppe ent­ste­hen ja immer neue Dinge. (Ich werde noch aus­führ­lich dar­über schrei­ben.)
Span­nend war, dass der Psy­cho­loge, der das lei­tet, mich am Ende fragte, was ich beruf­lich mache. Auf meine Ant­wort, dass ich Musik­päd­ago­gin war, sagte er nur “Ja.” Auf Rück­frage meinte er, ich sei ana­ly­tisch, genau und auf den Punkt, darum passte das in seine Vor­stel­lung. Ich gestehe: es hat mir gut getan und mich gefreut. Und ich bin gespannt, wie es wei­ter geht.

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Und dann war da letz­ten Don­ners­tag noch das Ein­zel­ge­spräch mit der Ernäh­rungs­the­ra­peu­tin, bei dem das erste Mal auch Trä­nen lie­fen.
Sie fragte nach der Fami­lie, wie ich auf­wuchs, wie ich mich fühlte. Nach wich­ti­gen Ereig­nis­sen, Lebens­um­stän­den, Ver­än­de­run­gen, was das mit mir machte, wie es mir ging an den ein­zel­nen Sta­tio­nen. Immer wie­der dabei die Frage nach dem Essen, ob es schwie­rige Pha­sen gab und warum, wann ich anfing zuzu­neh­men und was da in mei­nem Leben pas­siert war.
Sie fühlte mit, fragte nach, gab mir Zeit (und Taschen­tü­cher und einen Knet­ball) und am Ende eine feste Umarmung.

Fazit des Gesprächs: mein Pro­blem liegt wie ver­mu­tet in der Kind­heit und es mani­fes­tiert sich immer und fast aus­schließ­lich in der war­men Mahl­zeit. Früh­stück und Abend­essen waren frü­her (zumin­dest in mei­ner Erin­ne­rung, aber um die geht es ja) unpro­ble­ma­tisch und sind es auch heute noch. Ich bekomme bei die­sen Mahl­zei­ten aus­rei­chend Nah­rung, ich denke wenig dar­über nach, mein Gefühl ist posi­tiv und ich merke gut, wenn ich satt bin.
Die Mit­tags­mahl­zeit jedoch, also das, was ich täg­lich koche und was täg­lich vari­iert, trig­gert immer wie­der, oft auch unbe­wußt. Immer noch habe ich Angst, dass es nicht genug gibt und dass ich hun­gern muss. Immer noch koche und esse ich zu viel aus Angst, dass nichts für mich übrig bleibt und dass es danach nichts mehr gibt. Und immer noch ist da ganz tief innen die Anspan­nung prä­sent, ob der Vater heute gut oder schlecht gelaunt ist, ob man was sagen darf oder gleich eine Ohr­feige bekommt, ob man auf­es­sen darf (auch wenn es oft nicht schmeckte) oder vor­her ins Bett geschickt wird, ob man auf­es­sen muss und dazu stun­den­lang alleine in der Küche sitzt und/ oder den Rest am Abend kalt wie­der vor sich ste­hen hat.
Die warme Mahl­zeit bestand aus Angst und diese Angst liegt mir immer noch im Magen. Aber ich brau­che sie heute nicht mehr. Ich bestimme selbst, was es zu essen gibt. Ich darf spü­ren, dass ich satt bin und dann auf­hö­ren zu essen, weil das Essen nicht ver­schwin­det dadurch. Ich muss keine Reste auf­es­sen, wenn ich nicht mehr mag. Nie­mand tut mir Gewalt an, aus wel­chem Grund auch immer und schon gar nicht beim oder wegen dem Essen. Ich kann mir Zeit las­sen und bewußt genie­ßen, weil mir schmeckt, was ich koche. Ich muss kei­nen Quark mehr essen, nie wie­der. Und kei­nen Broc­coli, nur weil er gesund ist. Ich darf Hun­ger haben, weil mein Kör­per mir dadurch sagt, dass und was er braucht. Ich darf Appe­tit haben und mit Appe­tit essen, bis ich satt bin. Ich muss mich nicht voll stop­fen, es gibt wie­der Nah­rung, wenn mein Kör­per sie braucht und den Bedarf mel­det. Und Nach­tisch ist erlaubt, genauso wie Erd­nuss­flips, solange ich Maß halte.

Übri­gens: Essen ist eine Tätig­keit und ver­dient die glei­che Auf­merk­sam­keit wie alles andere, das ich den Tag über mache.

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Bei der ers­ten Visite nach einer Woche fragte der Ober­arzt, wie es mir ginge. “Gut”, sagte ich, “rich­tig gut”. Dar­auf­hin er: “Das kann eigent­lich nicht sein, sonst wären Sie ja nicht hier.”

Doch, es geht mir wirk­lich gut. Alleine schon, dass ich mich um fast nichts küm­mern muss, ist eine Wohl­tat. Dass ich nicht pla­nen, ein­kau­fen und kochen muss und dann noch über­le­gen, ob das alles auch ver­nünf­tig ist. Ich kann alles essen, was ange­bo­ten wird, weil eben alles aus­ge­wo­gen ist und mir gibt, was ich brau­che. Nichts von dem, was wir bekom­men, ist unge­sund. Auch der täg­li­che Nach­tisch und der Sonn­tags­ku­chen sind ein­gerch­net und dür­fen mit gutem Gefühl geges­sen werden.

Ich genieße auch, dass ich mich nicht stän­dig “rich­tig” anzie­hen muss - Leg­gins und T-Shirt sind völ­lig nor­mal. Außer­dem sind die Wege kurz: zum MTT gehe ich in Sport­klei­dung und zum Schwim­men in Bade­an­zug, Bade­man­tel und Flip-Flops, weil ich danach sowieso in mei­nem Bade­zim­mer dusche. Ich laufe aber im Ver­gleich zu sonst rela­tiv viel, denn mein Zim­mer ist weit im lin­ken Flü­gel des Gebäu­des, ca. 250 Schritte vom Spei­se­saal ent­fernt. Nur für die Ter­mine im 4. oder im 5. Stock nehme ich den Auf­zug, ansons­ten gehe ich zu Fuß die Treppe run­ter und rauf. Mei­nem Knie tut es gut und erstaun­li­cher­weise meckert der rechte Fuß über­haupt nicht. Und nächste Woche darf ich wie­der auf die Waage und bin mega gespannt. Es fühlt sich nach knapp 2 kg an, die ich ver­lo­ren habe, eben auch durch die vie­len Wege durch’s Haus.

Noch viel wich­ti­ger ist aber, dass ich viel über mich lerne, nicht nur in Bezug auf Essen, und dass ich bei allem so sehr bei mir bin wie lange nicht mehr. Hier ent­ste­hen durch die vie­len neuen Impulse so viele neue Gedan­ken und Erkennt­nisse, mit denen ich wei­ter arbei­ten kann und die mich voran brin­gen. Eine die­ser Erkennt­nisse ist:

Ich will nicht mehr lei­den. Ich will wie­der gut leben.

29-06-2025 Traumdeutung

Ich hab es getan. Hab mir ges­tern eine Tüte Erd­nuss­flips gekauft und sie kom­plett leer gefuttert. 

Seit letz­ten Diens­tag abends die kurz­fris­tige Ent­war­nung wegen des Schwie­ger­freun­des und damit die große Erleich­te­rung kam, hatte ich einen Jie­per auf Flips. Aber anstatt sie mir zu kau­fen, hab ich in den Grup­pen dar­über gespro­chen und mich damit ent­las­tet. Hab es als Zei­chen gese­hen, dass ich am Mitt­woch eine sehr kurz­fris­tige Plan­än­de­rung im Post­fach hatte und ab sofort in der DBT-Gruppe bin, die ja u.a. die Regu­la­tion von Emo­tio­nen, Ängs­ten, Bedürf­nis­sen zum Thema hat. Ich konnte den Gedan­ken an den Geruch und den Geschmack weg schie­ben und ver­ges­sen. Und dann hab ich es doch getan. Danach hatte ich nicht nur ein schlech­tes Gefühl, son­dern auch Bauch­schmer­zen. Und in der Nacht einen Traum.

Da waren zwei Kin­der, viel­leicht 6 Jahre alt, ein Mäd­chen und ein Junge. Ich (als Erwach­sene) sollte sie ins Bett brin­gen. Das Mäd­chen war ein­fach: sie kuschelte erst mit mir, wäh­rend ich ihr eine Geschichte vor­las, dann sich selbst in ihr Bett und war schnell ein­ge­schla­fen.
Der Junge war sehr leb­haft und wollte noch spie­len, ließ sich dann aber doch ins Bett legen. Da stellte ich dann fest, dass er viel klei­ner war als das Mäd­chen und dass sein Bett eher ein Glas­ge­fäß war, ähn­lich wie ein Aqua­rium, und voll mit Wür­mern, lange und kurze, dicke und dünne. Die kro­chen da rum und bis­sen den Jun­gen, wäh­rend der sie eben­falls gebis­sen und auch geges­sen hat. Das Bett/ Gefäß wurde mit der Zeit immer grö­ßer, bis es wie ein rie­si­ges dunk­les Loch im Stein­bo­den war. Zudem kamen immer mehr und immer grö­ßere Tiere dazu, die wusel­ten da über­all rum. Irgend­wann hatte ich ein selt­sa­mes Gerät in der Hand, ähn­lich wie ein Staub­sauger­rohr, in das ich die Tiere mit dem Mund ein­sau­gen konnte. Es waren so viele Tiere, dass ich kaum hin­ter­her kam. Als das Rohr voll war, pus­tete ich kräf­tig hin­ein, die Tiere schos­sen in den Him­mel und bil­de­ten einen Feu­er­ball. Von irgend­wo­her kamen dann Kampf­flug­zeuge und schos­sen mit Rake­ten auf den Ball, da zer­barst er in kleinste Teile und ver­schwand. Ich war sehr erleich­tert - und wachte auf.

Viel­leicht “brauchte” ich die blö­den Flips noch ein­mal, um zu erken­nen, dass ich sie eigent­lich nicht brau­che. Denn Flips selbst geben keine Erleich­te­rung, machen nicht satt, sind ver­dammt unge­sund und hel­fen bei abso­lut gar nichts. Gegen eine Hand­voll alle paar Monate ist sicher nichts ein­zu­wen­den, aber es gibt die Din­ger nicht in Mini­por­tio­nen zu kau­fen, also werde ich zukünf­tig auch vor die­sem Regal ste­hen und mich inner­lich ver­ab­schie­den. Zumin­dest werd ich es ver­su­chen und mir alle Mühe geben. Weg mit dem Scheiß, ganz weit weg.

20-06-2025 In Bewegung

Über eine Woche bin ich hier, jetzt kommt end­lich Bewe­gung in den Plan. Meine sehr nette, sehr ver­peilte The­ra­peu­tin hat mich näm­lich aus lau­ter Ver­peilt­heit nicht beim Adi­po­si­tas­kon­zept (ADK) ein­sor­tiert, son­dern nur bei Ein­zel­grup­pen und -the­ra­pien, die aber nicht so wirk­lich auf­ein­an­der abge­stimmt sind. Das hat sie beim Ein­zel am Diens­tag fest­ge­stellt. Als Folge hatte ich am Mitt­woch Abend einen neuen Ter­min­plan im Post­fach, der kom­plett anders war. Keine Kör­per­psy­cho­the­ra­pie mehr drauf, son­dern eine “Gruppe Adi­po­si­tas­kon­zept”, aber ohne jede Erklä­rung. Keine MTT, son­dern “Bewe­gungs­bad”. Eine Ein­füh­rung in was­wei­ßich, zu der ich feste Schuhe und wet­ter­ge­rechte Klei­dung tra­gen soll, was bedeu­tet, dass es raus geht, was bedeu­tet, dass ich lau­fen soll, obwohl ich wirk­lich an allen Stel­len gesagt habe, dass das wegen mei­nem Fuß nicht in Frage kommt. Und dann stand da noch eine “Ess­gruppe” auf dem Plan, die sich in der Lehr­kü­che trifft, aber ich will doch nicht kochen ler­nen, ich will raus­fin­den, warum ich immer wie­der vor allem zu viel esse. Dass der Fer­tig­kram und die Erd­nuss­flips unge­sund sind, weiß ich schon selbst und die Ernäh­rungs­py­ra­mide kann ich aus­wen­dig. (Und anschei­nend ist das ein Rez­thema bei mir, stelle ich grade beim Schrei­ben fest …)

Ich war jeden­falls beim Lesen so genervt und fast panisch, weil ich bei allem das Gefühl hatte, dass es falsch ist, dass B., die dabei war, mich zur Pflege schleifte. Da hab ich es ange­spro­chen und man ver­sprach, sich zu küm­mern und ich solle am nächs­ten Mor­gen noch­mal ins Sta­ti­ons­zim­mer kom­men. Das hab ich natür­lich gemacht, aber außer eine Nach­richt an meine The­ra­peu­tin zu schrei­ben, konn­ten sie auch nichts machen. Nach­dem sie sich nicht gemel­det hat und die Zeit ver­ging, hab ich dann beschlos­sen, den neuen Plan eben abzu­ar­bei­ten. Was blieb mir übrig?
Also bin ich ins Bewe­gungs­bad run­ter, wo schon ein paar Men­schen im Was­ser waren. Dann kam die Phy­sio­frau und ver­teilte Han­teln und es stellte sich in den nächs­ten 30 Minu­ten raus, dass das nicht anders als die Aqua­gym­nas­tik ist - nur dass ich das jetzt zwei­mal pro Woche habe. Ist okay, ich mag Was­ser.
Vor der Lehr­kü­che, wo die Ess­gruppe ja statt fin­den sollte, traf ich die Gruppe aus dem Bad wie­der. Die haben mich dann beru­higt, dass nicht gekocht, son­dern gere­det wird. Außer­dem wurde mir auch klar, dass das jetzt “meine” Gruppe ist, mit der ich das Adi­po­si­tas­kon­zept durch­laufe. So lang­sam ergab der neue Plan einen Sinn, erst recht, als wir alle nach dem Essen erneut zusam­men kamen - dies­mal im gro­ßen Grup­pen­raum im UG zur *tadaa* Kör­per­psy­cho­the­ra­pie. Sie haben es mir also nicht weg genom­men, son­dern mich nur in die rich­tige Gruppe zu einer ande­ren Zeit mit einer ande­ren Bezeich­nung gepackt. Große Erleich­te­rung!
Auch der Ter­min mit dem fes­ten Schuh­werk löste sich in Wohl­ge­fal­len auf: da war ich näm­lich quasi aus Ver­se­hen in die Nor­dic Wal­king Gruppe gerutscht, weil die eben zum Kon­zept gehört. Ich mach jetzt in die­ser Zeit ein­fach MTT, das ist genauso gut.
Zwi­schen­durch war ich dann im Sta­ti­ons­zim­mer und hab “Ent­war­nung gege­ben” und mich für meine Panik ent­schul­digt (was natür­lich über­haupt nicht nötig war).

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Heute mor­gen ging es für die ADK-Gruppe noch vor dem Früh­stück um 7 Uhr zum Ergo­me­ter­trai­ning. Wie schon damals in 2018 macht es mit meh­re­ren zusam­men fast ein biß­chen Spaß lässt es sich mit meh­re­ren zusam­men etwas leich­ter ertra­gen.
Danach hoch in den zwei­ten Stock, wie­der run­ter, weil ich mei­nen Schlüs­sel ver­ges­sen hab, wie­der die Trep­pen hoch, ins Zim­mer, schnell duschen, run­ter zum Früh­stück, zurück ins Zim­mer und war­ten auf die Zim­mer­vi­site der Pflege. Die Pati­en­ten­be­grü­ßung hab ich geschwänzt, weil es sonst zur Visite beim Ober­arzt kanpp gewor­den wäre. Von da aus noch­mal ins Zim­mer + Sport­kla­mot­ten anzie­hen, dann wie­der ganz run­ter zur Mucki­bude, wo ich noch­mal aufs Rad durfte für einen Herz­kreis­lauf­test. Danach wie­der ins Zim­mer, duschen, zum Mit­tag­essen, wie­der ins Zim­mer. Und da freu ich mich jetzt auf einen Mit­tags­schlaf, bevor als krö­nen­der Abschluß und Geschenk der Woche in knapp 2 Stun­den der Medi-Stream auf mich war­tet. Den kann ich heute sowas von gebrauchen.

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Der Wochen­plan sieht jetzt also so aus:
2x Aqua­gym­nas­tik (40 min), 2x MTT (so lange wie ich schaffe), 1x the­ra­peu­ti­sche Ess­gruppe (90 min), 2x Kör­per­psy­cho­the­ra­pie (90 min), 1x Ein­zel­the­ra­pie (50 min), 1x PMR (30 min) und 1x Medi-Stream. Nächste Woche steht auch ein Ein­zel mit Ernäh­rungs­the­ra­pie drauf, aber ich weiß nicht, ob das regel­mä­ßig ist. Dazwi­schen kom­men noch Visite, Blut­ab­nahme, Wie­gen, medi­zi­ni­sche Sprech­stunde und am Wochen­ende 1x Prä­senz­kon­takt in der Pflege. Damit kann ich arbeiten. 

17-06-2025 Malente Tag 6 und 7

Mon­tag­mor­gen: juhu, end­lich ein Wochen­plan mit Ter­mi­nen im Post­fach!
Tja. Ein­zi­ger Ter­min am Mon­tag: Aqua­gym­nas­tik um 09:00 Uhr. Ansons­ten nur Mahl­zei­ten, wie gehabt in der frü­hen Gruppe.

Aber Aquasport ist super, macht rich­tig Spaß, for­dert diverse Kör­per­re­gio­nen und Mus­keln und das alles ohne Schmer­zen, weil das Gewicht ja kaum zu mer­ken ist. Schade, dass es nur ein­mal in der Woche ist. Gut, dass das Schwimm­bad abends offen hat und viel­leicht geh ich da heute Abend hin.

Ansons­ten hab ich gele­sen, in der Sonne geses­sen, geschla­fen, mei­nen Gedan­ken zuge­hört und nach dem Abend­brot mit B. (aus unse­rer Gruppe) auf der Bank im Gar­ten geses­sen und gere­det. Das ist alles nett und schön, aber darum bin ich nicht hier und ich merke, dass die viele freie Zeit mir nicht wirk­lich gut tut. 

Eigent­lich sollte heute (Diens­tag) vor­mit­tag die erste Ein­zel­the­ra­pie sein und nach dem Mit­tag eine Runde PMR, aber dann wurde das Ein­zel auf den Nach­mit­tag ver­scho­ben und zwi­schen Früh­stück und Mit­tag­essen war wie­der Leer­lauf. Um allein an mei­nem Thema zu arbei­ten, fehlt mir noch Input, das geht ja diese Woche alles erst los.
Ja, ich bin unge­dul­dig, ich hab nicht viel Zeit hier, 6 Wochen sind schnell vor­bei. Natür­lich ist mir klar, dass ich hier nie­mals das kom­plette Thema bear­bei­ten kann, aber ich will wenigs­tens den Anfang haben und an eine Stelle kom­men, von der aus ich (womög­lich auch) alleine wei­ter gehen kann.

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Und jetzt grade komme ich aus dem Ein­zel­ge­spräch und obwohl ich den Anfang der Geschichte (mei­ner Kind­heit) schon öfter erzählt hab, bin ich doch wie­der emo­tio­nal erschöpft davon. Es ist eine Sache, zu wis­sen was war, aber eine andere, alles aus­zu­spre­chen jeman­dem gegen­über, die das noch nie gehört hat. Und es ist noch­mal was ganz ande­res, wenn dabei auf ein­mal neue Gedan­ken und Erkennt­nisse kom­men. Und wenn ich genau weiß, dass ich an die­ser Stelle nicht wie sonst auf­hö­ren werde zu reden, son­dern dies­mal wei­ter gehen will. Dahin, wo es wirk­lich trifft und wahr­schein­lich weh tut. Denn wenn ich das nicht mache, geht es nie vorbei.

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TW Selbst­schä­di­gen­des Ver­hal­ten (SSV):
(Ich habe seit län­ge­rem eine Stelle auf der Stirn, ver­mut­lich hab ich mich an irgend­ei­ner Schrank­tür ange­hauen. Eine Ärz­tin hier hat sie sich ange­schaut und mir Salbe und Pflas­ter ver­bo­ten, damit Schorf ent­steht, der irgend­wann von selbst abfällt. Damit er das kann, darf ich aber mei­nem Drang zum Knib­beln nicht nach­ge­ben und genau jetzt, nach dem Ein­zel, möchte ich nichts lie­ber machen als so lange dran zu zie­hen und krat­zen, bis alles ab ist. Ich geh mal eine Runde an den See, viel­leicht hilft es.)

15-06-2025 Malente (schon) Tag 5

Als die Mit­ar­bei­te­rin aus Malente anrief, dass ich kom­men kann, hatte ich noch 5 Tage Zeit zur Vor­be­rei­tung: das schien mir so wenig, aber die Zeit ver­ging dann doch sehr lang­sam - jetzt bin ich schon seit 5 Tagen hier und hab das Gefühl, dass sie rennt. Dabei hab ich außer den Auf­nah­me­ge­sprä­chen noch nichts gemacht, keine The­ra­pie, kein Sport (ich darf nicht vor der offi­zi­el­len Ein­wei­sung alleine in die Mucki­bude), keine Ent­span­nungs­übung. Ich hoffe, dass ich mor­gen einen gut gefüll­ten Plan für die Woche bekomme.

Was ich getan hab heute: um halb sie­ben auf­ge­stan­den, geduscht und zum Früh­stück run­ter gegan­gen. Danach kurz an den See, wie­der ins Zim­mer und Kamera und Was­ser­fla­sche ein­ge­packt, um ein­ein­halb Stun­den mit dem Rad rum zu fah­ren. Aller­dings war es so heiß und schwül, dass ich nur noch “nach Hause” unter die kühle Dusche wollte. Ein paar ganz okaye Fotos konnte ich aber machen, vor allem von dem Viecher­zeug, das sich am Mor­gen auf dem Dach vor mei­nem Zim­mer und spä­ter auf dem See tum­melte.
Nach dem Mit­tag­essen und einer klei­nen Siesta gab es um halb drei den sonn­täg­li­chen Kaf­fee und Kuchen, den ich mir natür­lich nicht ent­ge­hen las­sen konnte. Der ist näm­lich auch auf dem Weg zum uHu durch­aus erlaubt, solange es bei einem Stück bleibt.
Zwei Mit­pa­ti­en­tin­nen saßen mit am Tisch und irgend­wann waren wir so in Gesprä­che ver­tieft, dass wir nicht mehr merk­ten, wie die Zeit ver­ging und auf ein­mal die ande­ren zum Abend­brot in den Spei­se­raum ström­ten. Also blie­ben wir ein­fach sit­zen bis nach dem Essen und rede­ten wei­ter. Das war sehr schön, sehr ent­spannt, sehr ernst­haft teilweise.

Was mich beson­ders freute, war, als die Eine meinte: “Ich sitze dir gerne gegen­über, du strahlst so eine Ruhe aus.” Und es stimmt. Ich spüre, dass ich unter kei­nem Druck mehr stehe, alles rich­tig machen zu wol­len, mich anzu­pas­sen und gut dar­zu­stel­len, damit ich nur ja gemocht werde von den ande­ren. Wir sind natür­lich noch dabei, uns ken­nen zu ler­nen und es wird viel erzählt aus dem eige­nen Leben, aber ich muss da nicht mit­hal­ten und schon gar nicht beson­ders wit­zig oder schlag­fer­tig sein, um einen Ein­druck zu hin­ter­las­sen. Ich weiß, wer ich bin. Wenn andere mit mir klar kom­men, freu ich mich - wenn nicht, ist es nicht mehr schlimm. Frü­her (und jetzt vor allem im Ver­gleich mit mei­ner Zeit damals in Malente kann ich das erken­nen) war es mir so wich­tig, dass sich nach­her ja die ganze The­ra­pie darum drehte. Ich war so aus­ge­hun­gert nach Kon­takt, nach Zuwen­dung und Auf­merk­sam­keit, dass ich nur noch daran den­ken konnte. Jetzt bin ich in Gesell­schaft, wenn ich Lust dazu hab oder alleine, wenn mir mehr danach ist. Ich hab nicht mehr die Befürch­tung, etwas zu ver­pas­sen, wenn ich alleine bleibe. Es gibt eine Zeit für Gesprä­che und Gemein­schaft und es gibt Zei­ten für mich und ich kann bei­des genie­ßen. So ist es zuhause ja auch, aber dass es auch mit neuen Men­schen so geht, ist für mich neu.
Ja, ich bin ruhig, ent­spannt, auf­merk­sam und acht­sam gegen­über den ande­ren, bleibe dabei aber sehr bei mir. Ich hoffe und denke, dass das die rich­tige Grund­ein­stel­lung ist, um hier inten­siv an mei­nen Sachen zu arbei­ten. Also, wenn das dann end­lich mal los geht …

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Fotos vom Tag.

14-06-2025 Malente Tag 2 bis 4

Ich bin nicht mehr ganz so erschöpft wie zuhause, aber immer noch sehr müde. Sicher liegt das mit daran, dass ich jeden Mor­gen um halb sie­ben auf­stehe, weil ich in der ers­ten Früh­stücks­gruppe um 7:00 Uhr bin. Noch hab ich kei­nen Ler­chen­rhyth­mus, ich gehe etwas zu spät ins Bett und möchte am liebs­ten alle freien Zei­ten ver­schla­fen.
Und ich kann schla­fen hier! Es ist still, die Lüf­tung vom Schwimm­bad (das vor mir in einem Anbau ist) wird über­tönt vom wun­der­ba­ren Rau­schen der Bäume am See, es gibt kein Rad­au­kind über mir. Außer­dem ist es nachts dun­kel, kein künst­li­ches Licht leuch­tet drau­ßen und wenn die Mor­gen­sonne um die Haus­ecke scheint, bin ich längst auf. Selbst tags­über schlafe ich immer ganz schnell ein, weil es schön ruhig ist.

Aber ich will den freien Sams­tag­nach­mit­tag doch nut­zen, um hier mal nachzutragen.

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Der Don­ners­tag begann schon um halb sie­ben mit der Gewichts­kon­trolle. Ich schreibe es offen und stehe dazu: 110 kg sind es. Das ist das geringste Gewicht seit mehr als 10 Jah­ren; selbst nach der Zeit hier in 2018, als ich acht Kilo abge­nom­men hatte, waren es mehr. Das ist eine gute Aus­gangs­lage, um mein Ziel - ein uHu (unter Hun­dert) zu wer­den - bald zu errei­chen. Und wenn es keine zehn wer­den, dann hoffe ich doch, dass ich weni­ges­tens als klei­nes Hu nach Hause komme und dort wei­ter arbei­ten kann.

Der nächste Ter­min um 10:00 Uhr machte mir Sor­gen vor­her: die zweite medi­zi­ni­sche Auf­nahme, dies­mal mit Unter­su­chung. Zum Glück auch wie­der bei einer Frau, aber ich mag mich bzw. mei­nen Kör­per ein­fach so ungern angu­cken und anfas­sen las­sen.
Die Ärz­tin war dann aber sehr sym­pa­thisch, jung, zurück­hal­tend und sehr respekt­voll. Ich hatte ihr gleich gesagt, dass das hier grade schwie­rig ist und sie nahm Rück­sicht dar­auf, fragte jedes­mal, ob sie mich abtas­ten, abhö­ren, anfas­sen darf und ich hätte immer die Mög­lich­keit gehabt, Nein zu sagen. Liebe Ärzt:innen, nehmt euch ein Bei­spiel! So funk­tio­niert das dann auch mit ängst­li­chen Patient:innen!
Am Ende war mehr als eine Stunde ver­gan­gen, wir haben gelacht, viel gere­det, ich konnte mich öff­nen und hatte wirk­lich das Gefühl, dass sie mich gese­hen hat. Ver­ord­net hat sie ein EKG, Blut­ab­nahme, regel­mä­ßige Blut­druck­kon­trolle und einen Ter­min bei der Physiotherapeutin.

Eine halbe Stunde spä­ter war das nächste, für mich noch wich­ti­gere Gespräch dran: das mit der Psy­cho­lo­gin. Ich saß im War­te­be­reich und hatte Herz­klop­fen. Wie sieht sie aus, wie alt wird sie sein, wie wird sie über­haupt sein, werde ich sie mögen und über­haupt: wird sie meine The­ra­peu­tin oder macht sie nur das Erst­ge­spräch?
Und dann kam sie aus ihrem Raum gestürmt, lächelte mich strah­lend an, meinte “ich nehm Sie gleich mit” und ver­schwand im Sta­ti­ons­zim­mer, das gleich gegen­über von ihrem Sprech­zim­mer liegt. Ein paar Minu­ten spä­ter stürmte sie da wie­der raus und wir gin­gen zu ihr rein. Ein Wir­bel­wind! :-))
Sie ist sehr sym­pa­thisch, jung (viel­leicht Anfang drei­ßig), direkt - auf eine gute Art - und, wie sie selbst meint, manch­mal etwas ver­peilt. Wir sind dann den Bericht von 2018 noch­mal durch­ge­gan­gen, sie hat sich die Ände­run­gen notiert und wir spra­chen dann dar­über, warum ich dies­mal hier bin. Das ging ein, zwei Mal schon sehr tief, aber ins­ge­samt war das Gespräch wirk­lich sehr gut. Auch hier fühle ich mich als Mensch und als Indi­vi­duum gese­hen und ange­nom­men.
Jede:r Patient:in wird in eine Haupt­gruppe und meh­rere Neben­grup­pen ein­ge­teilt. Bei mir sind es eine DBT-Gruppe und dazu bis jetzt PMR und Ergo­the­ra­pie. Ich hörte inzwi­schen, dass es eine Ima­gi­na­ti­ons­gruppe gibt und werde fra­gen, ob ich da mit rein kann.

Nach­mit­tags wur­den wir Neu­an­kömm­linge der Woche noch vom Chef der Kli­nik höchst­per­sön­lich begrüßt und dann war auch end­lich Zeit fürs Abend­essen.
Danach war ich eine Weile auf einer Bank am See und hab Fotos gemacht und fri­sche Luft und Ruhe genos­sen. Anschlie­ßend war ich eigent­lich auf dem Weg in mein Zim­mer, aber dann saß da im Auf­ent­halts­raum eine kleine Runde mit net­ten Frauen, die frag­ten, ob ich “Phase 10” mit­spie­len will. Zwei Stun­den spä­ter tat der Bauch vom Lachen weh und ich stellte wie­der fest, wie gut sol­che Abende tun kön­nen. Da hält sich sogar die Hoch­sen­si­bi­li­tät eine Weile zurück, solange die Anzahl der Men­schen über­schau­bar ist.
Wie ich jetzt grade sehe, hab ich die Haus­füh­rung dadurch ver­passt, aber ich kenn das ja alles schon.

Am Frei­tag gab es wie­der Früh­stück um sie­ben Uhr, heute am “Tisch der Stille”. Das ist eine groß­ar­tige Ein­rich­tung: in zwei Berei­chen des drei­tei­li­gen Spei­se­rau­mes gibt es je zwei Tische, an denen wäh­rend der Mahl­zei­ten geschwie­gen wird. Sie sind für alle da, die es brau­chen. Nie­mand muss reden und nie­mand muss erklä­ren, warum nicht. Als Mor­gen­muf­fel ist das aus­ge­spro­chen (ha! :-D) angenehm.

Danach ging es zur Pati­en­ten­be­fra­gung; da sitzt eins am Lap­top und beant­wor­tet Fra­gen zur aktu­el­len Ver­fas­sung. Am Ende des Auf­ent­halts wer­den die glei­chen Fra­gen noch­mal gestellt, so dass die Kli­nik eine Aus­wer­tung erstel­len kann, die dann an die behan­deln­den Ärzt:innen geschickt werden.

Nach einem Kurz­be­such im Pfle­ge­zim­mer wegen mei­ner blö­den Stelle auf der Stirn, die ein­fach nicht hei­len will, hatte ich das letzte der Auf­nah­me­ge­sprä­che, dies­mal mit der Phy­sio­the­ra­peu­tin. Auch hier wie­der Fra­gen über Fra­gen (was und wo tut es weh, wie tut es weh, hat­ten Sie Unfälle und/oder Ope­ra­tio­nen, wel­che Ein­schrän­kun­gen sind da …) und am Ende die Ver­ord­nung für die “Mucki­bude” (2x pro Woche mit fes­tem Ter­min, frei­wil­lig jeder­zeit mehr), ein­mal pro Woche Aqua­gym­nas­tik und zusätz­lich mei­nen heiß gelieb­ten Medi-Stream.

Damit waren alle Auf­nah­me­ge­sprä­che erle­digt. Nächste Woche geht es rich­tig los mit den diver­sen Grup­pen und der Ein­zel­the­ra­pie; der genaue Plan wird wohl am Mon­tag­mor­gen kom­men. Ich bin gespannt und freu mich auf die Arbeit - ja, sogar auf den Sport. Ich hätte gerne so einen Schritt­zäh­ler: ich gehe hier an einem Tag mehr als in einer Woche bei mir zuhause. Und wann immer ich mich in der Lage fühle, nehme ich die Treppe und nicht den Auf­zug. Mei­nen Füßen und Knien geht es gut dabei. 

Am Nach­mit­tag hab ich aber doch das Fahr­rad genom­men und bin kurz in die Stadt gefah­ren, um ein paar Sachen ein­zu­kau­fen und auf dem Rück­weg eine neue Lieb­lings­stelle am See zu finden.

Heute ist Sams­tag und ich musste vor­hin wirk­lich nach­zäh­len: seit vier Tagen bin ich schon hier! Ich fühle mich wohl, die Atmo­sphäre ist gut, die Mit­pa­ti­en­tin­nen (vor allem natür­lich aus unse­rer Ankom­mens­gruppe) nett bis sehr nett. Dass sie den Lieb­lings­men­schen von damals nicht das Was­ser rei­chen kön­nen, emp­finde ich als posi­tiv: ich hatte sowieso nicht vor, groß­ar­tige Freund­schaf­ten zu schlie­ßen oder mich mit mensch­li­chen Pro­ble­men zu befas­sen, die nicht meine sind. Dies­mal bin ich mit einem ganz ande­ren Thema hier und stehe für mich an ers­ter Stelle. Die Zeit ist kurz genug, die wir hier zum arbei­ten haben.

Am Wochen­ende ist hier nichts los, man trifft sich zu den Mahl­zei­ten, man­che unter­neh­men was zusam­men oder lie­gen wie heute gemüt­lich auf der Lie­ge­wiese in der Sonne. Unsere Runde wird wahr­schein­lich heute Abend wei­ter spie­len und mor­gen fahr ich even­tu­ell mal ein wenig mit dem Fahr­rad in die Gegend, falls es nicht regnet.

11-06-2025 Malente Tag 1

Hun­de­müde vom letz­ten Tag der Vor­be­rei­tun­gen um Mit­ter­nacht ins Bett gefal­len. Alle ein­ein­halb Stun­den auf­ge­wacht und aufs Handy geguckt, ob es noch an ist und wie spät es ist und ob ich nicht ver­schla­fen hab. 3 Sekun­den vor dem Klin­geln um 5 Uhr mor­gens auf­ge­stan­den. Wie schön still es um diese Uhr­zeit noch ist drau­ßen! Es sieht nach einem schö­nen Tag aus: bes­tes Reisewetter.

Ich hatte die U-Bahn um 06:21 geplant, aber mein “du musst dich beei­len, du darfst nicht zu spät sein, du darfst nichts ver­ges­sen” - Kopf sorgte für eine Bahn frü­her. Das Fahr­rad­ti­cket hatte ich am Abend schon online gebucht. Alle Auf­züge funk­tio­nier­ten und so war ich gut 20 Minu­ten zu früh am Bahn­hof, aber ich warte ja eh lie­ber als dass es hek­tisch wird.

Pünkt­li­che Abfahrt um 07:06, ent­spann­ter Umstieg in Lübeck, pünkt­li­che Ankunft in Malente um 08:34 Uhr. Und weil ich den Weg ja gut kenne, war ich um kurz vor 9 an der Kli­nik.
Alles ist ver­traut, der ganze Ein­gangs­be­reich sieht aus wie damals, selbst die nette Mit­ar­bei­te­rin an der Rezep­tion ist noch da - und freute sich, dass ich sie erkannt hab. Die ers­ten Mitpatient:innen saßen schon da, im Lauf der Zeit wur­den wir eine Gruppe von zehn Neuen. Ers­tes Ken­nen­ler­nen, erste kleine Gesprä­che, wie das so eben läuft. (Und ich muss auf­pas­sen mit dem Small­talk: ich kann ihn ja gut, aber dann werde ich gerne mal über­rannt und falsch ein­ge­schätzt, weil man mit mir ja so leicht ins Gespräch kommt.)

Den Vor­mit­tag über gab es dann erste Auf­nah­me­ge­sprä­che mit der Ver­wal­tung, der Pati­en­ten­ko­or­di­na­tion, der Pflege und zum Schluss mit einer Ärz­tin. Mor­gen fol­gen dann noch die medi­zi­sche Unter­su­chung und das Gespräch mit der Psy­cho­lo­gin.
Die Pfle­ge­mit­ar­bei­te­rin brachte mich zu mei­nem Zim­mer und ich bin soooo glück­lich damit! Es ist nicht groß und hat lei­der kei­nen See­blick, aber ich habe eine gemüt­li­che Sitz­ecke und vor allem einen Bal­kon mit Nach­mit­tags­sonne. Dazu zwei große Fens­ter - eins lässt sich weit öff­nen -, die rich­tig viel Licht her­ein las­sen. Der Blick geht auf die Lie­ge­wiese der Kli­nik (und andere, nied­rige Gebäude), ich sehe viel Grün, höre Vögel sin­gen - und die Lüf­tung vom Schwimm­bad, aber die ist ganz gleich­mä­ßig und ver­schwin­det schon lang­sam als dif­fu­ses Hin­ter­grund­rau­schen.
Doch, hier werde ich es gut aus­hal­ten können.

Gewöh­nungs­be­dürf­tig wer­den die Essens­zei­ten sein. Hier gibt es inzwi­schen für jede Mahl­zeit zwei Grup­pen, jede hat 45 Minu­ten Zeit zum essen. Wer in wel­cher Gruppe ist, kann täg­lich wech­seln; bis jetzt sieht es aber so aus, als würde man am glei­chen Tag immer in der glei­chen Gruppe sein. Aber so ganz steige ich noch nicht durch das Sys­tem. Es ist einer­seits schon selt­sam, bereits um 17:15 Uhr zu Abend zu essen, ande­rer­seits bedeu­ten die zwei Grup­pen auch weni­ger Stress, weil ja viel weni­ger Men­schen auf ein­mal in den Spei­se­räu­men sind. Ich denke, das wird sich schon bald einspielen.

Ansons­ten sind bis­her alle Mitpatient:innen aus der Ankom­mens­gruppe auf ihre eigene Art nett, die Mitarbeiter:innen freund­lich, herz­lich, offen. Und Mitt­woch­abends ist immer noch Sin­gen mit Lene! Heute mag ich noch nicht, weil ich erst­mal ankom­men und die gan­zen Ein­drü­cke ver­ar­bei­ten muss, aber ich freu mich jetzt schon auf nächste Woche.

Ganz trau­rig ist aber, dass es mei­nen Lieb­lings­platz mit der wei­ßen Bank auf dem Steg nicht mehr gibt. Der ganze Schiffs­an­le­ger ist abge­ris­sen, es gibt kaum noch einen Sitz­platz, von dem man gemüt­lich auf den See gucken kann. Echt schade, ich hatte mich so sehr auf die Bank gefreut. Dann muss ich mir jetzt einen neuen Lieb­lings­platz suchen.

Und jetzt muss ich über­le­gen, was ich mit dem Abend noch anstelle. Es ist kurz vor 20 Uhr, viel zu früh für’s Bett, auch wenn ich mor­gen früh um 06:30 zum Wie­gen muss. Aber egal, das WLAN gibt es inzwi­schen frei im gan­zen Haus, da kann ich ja noch etwas nachlesen.

***

Hier noch die ers­ten Fotos.

10-06-2025 Wohlan

Alles erle­digt, die Liste abge­ar­bei­tet, die Sachen fer­tig gepackt. Mor­gen früh noch die letz­ten Hand­griffe und dann über­gebe ich die Woh­nung in die Hände der bes­ten Toch­ter und dem bes­ten Enkel, die regel­mä­ßig nach dem Rech­ten schauen werden.

Meine Gefühle pur­zeln immer noch durch­ein­an­der, von Muf­fen­sausen zu Vor­freude zu Panik zu gespann­ter Erwar­tung und wie­der zurück. Mal sehen, ob ich heute Nacht ein paar Stun­den schla­fen kann. 

***

Ich hab mir vor­ge­nom­men, die Zeit in Malente schrift­lich zu beglei­ten hier im Blog. Ich will offen schrei­ben über meine Pro­bleme und deren Ursa­chen, über das was ich lerne und wie es mir geht dabei. Zu for­mu­lie­ren hilft mir beim ver­ste­hen - und wenn es nur einem andern Men­schen gut tut, dann ist es mehr, als ich erwarte. 

Also dann: auf ins neue Kapitel.

09-06-2025 Noch zweimal schlafen

Die Tage sind gut gefüllt, ich arbeite meine Pläne und Lis­ten ab, es geht voran. Alle Wäsche ist gewa­schen, der neue Lap­top ist ein­ge­rich­tet, die große Tasche ist gepackt und wird mor­gen früh vor­aus geschickt und auf dem Küchen­tisch sta­peln sich die ande­ren Dinge, die in den Ruck­sack kom­men (Bücher, Notiz­buch, Stifte, Strick­zeug, Steine, Lade­ka­bel …). Mor­gen muss ich noch ein paar letzte Sachen besor­gen (hat irgend­je­mand meine tolle Wasch­ta­sche gese­hen oder muss ich die doch neu kau­fen?) und nach­mit­tags mit dem Staub­sauger durch die Bude wir­beln, dann ist alles erle­digt. Und ich ver­mut­lich auch.

Am Frei­tag schien es mir so schnell zu gehen, viel zu schnell, aber letz­ten Endes waren es ja doch fünf ganze Tage Zeit zur Vor­be­rei­tung: ich konnte mir darum auch genug Pause und Ent­span­nungs­zeit neh­men. Heute, wo es dann wirk­lich ans Packen ging, kam aber doch zwi­schen­durch leichte Panik hoch. Ich kenn die Kli­nik ja schon, aber das ist 7 Jahre her, viel­leicht wahr­schein­lich wird es dies­mal ganz anders und meine Phan­ta­sie malt sich die wil­des­ten Dinge aus.

Und dann mach ich mir wie­der klar, dass es nur sechs Wochen sind. Ob das über­haupt reicht?

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