05-09-2023 Third Place

Vor ein paar Tagen ver­öf­fent­lichte Gabriel Yoran einen Essay mit dem Titel “Sie haben jetzt auch Cold Brew in Ber­lin” und erzählt darin von sei­nem third place: einem “Ort, der nicht das Zuhause und nicht die Arbeit ist”. Abge­se­hen davon, dass es viel zu viele berüh­rende wun­der­schöne Stel­len darin gibt, als dass ich nur eine davon als Zitat raus­pflü­cken könnte (und davon, dass ich einen klei­nen Fan­girl Moment auf Mast­o­don hatte, weil Yoran aus­g­rech­net mei­nen Kom­men­tar repos­tet hat), fiel mir beim Lesen auf, wie sehr ich mir immer so einen “drit­ten Ort” gewünscht habe, ohne es wirk­lich zu wissen.

Einen Ort zum sit­zen, den­ken, gucken, schrei­ben (und guten Kaf­fee trin­ken). An dem ich erkannt werde, ohne dass man mich kennt. Der zu einer lie­ben Gewohn­heit wird, zum Leben dazu gehört, ohne _zu_ wich­tig zu sein. An den zu kom­men sich gut und rich­tig anfühlt.
Als Stu­den­tin hab ich eine Weile von so einem Ort geträumt, ihn aber doch nie gesucht und schon gar nicht gefun­den. Mitte der 80er war ich bei mei­ner Schwes­ter in Ber­lin zu Besuch und saß mehr­mals am Vor­mit­tag die taz lesend im “Schwar­zen Café”, von dem ich in der taz gele­sen hatte. Das fühlte sich unglaub­lich intel­lek­tu­ell an, aber auch selt­sam falsch, deplat­ziert. Nicht, dass ich mich für unge­bil­det oder unwis­send hal­ten würde, aber um dem Bild des intel­lek­tu­el­len Café-Sitzers zu ent­spre­chen, gab es bei mir als Allein­er­zie­hende und Allein­ver­die­nende ein­fach zu viel pro­fa­nen All­tag. Mit einem Klein­kind sitzt es sich nicht so wirk­lich gut und ent­spannt in einem Café unter lau­ter Den­kern und Schrei­bern. Viel­leicht hab ich des­halb die­sen Traum vergessen.

Ich hab dann jetzt mal geguckt auf der Google Map, aber in mei­ner Umge­bung (so ein third place darf nicht all zu weit von Zuhause weg sein, finde ich) gibt es kei­nen Ort, den ich dafür erklä­ren könnte. Sie sind zu klein, zu groß, zu hip, zu vegan, zu kalt oder zu schlecht. Und sie sind inzwi­schen zu teuer für mich. Das ver­klei­nert lei­der auch die Chance, an einem neuen Wohn­ort noch ein­mal einen guten third place zu fin­den. Schade eigent­lich: ich würde das mit dem intel­lek­tu­el­len Gefühl doch gerne noch­mal probieren.

31-08-2023 Chronistinnenpflicht: Tagesausflug nach Stade

(nach­ge­tra­gen am 03.09.2023)

Seit kei­ne­Ah­nung­wie­vie­len Jah­ren sag ich, dass ich mal nach Stade will. Ein­fach so, nur gucken, weil es hübsch sein soll da. Als die Toch­ter klein war, waren wir mit ein paar Leu­ten vom Ste­pha­nus Chor mal in Bux­te­hude, es gibt noch Fotos davon, aber nach Stade - obwohl es kaum wei­ter ist - hab ich es nie geschafft. Irgend­wann gab es da auch so einen dif­fu­sen Wider­wil­len, wenn ich an Stade dachte, was sicher daran lag, dass der Vater der Toch­ter sich dort­hin ver­zo­gen hatte und mit neuer Hei­rat und Namens­än­de­rung vor sämt­li­chen Unter­halts­pflich­ten drü­cken wollte. Ambi­va­lente Gefühle also. 

Aber das Deutsch­land­ti­cket will genutzt wer­den und Stade ist so über­aus bequem in einer Stunde mit der S-Bahn erreich­bar. Das Wet­ter sollte über­wie­gend gut sein, Fuß und Knie hat­ten sich vom Ost­see­trip erholt, also fuhr ich letz­ten Don­ners­tag mal los.

Vom Bahn­hof aus ist frau zu Fuß in weni­gen Minu­ten mit­ten in der Alt­stadt. Um die Mit­tags­zeit war gut was los, mehr Ein­hei­mi­sche als Tourist:innen nach mei­ner Ein­schät­zung, aber den­noch durch­aus aus­halt­bar für mich. Ich schlän­gelte mich ohne wirk­li­che Ori­en­tie­rung durch die Fuß­gän­ger­zo­nen, bog mal hier ab und mal da, foto­gra­fierte ein Haus nach dem ande­ren und folgte ein­fach mei­nen Augen. In einem Rei­se­büro ergat­terte ich einen kos­ten­lo­sen Stadt­plan, um mich nicht ganz zu verlaufen.

Dank Stadt­plan fand ich die wohl am meis­ten foto­gra­fierte Stelle am Fischmarkt.

Da wäre ich sicher noch eine Weile län­ger geblie­ben, wenn es nicht ange­fan­gen hätte zu reg­nen. Zum Glück war es aber nur ein Schauer, den ich unter dem Vor­dach einer Bäcke­rei mit einem Becher Milch­kaf­fee aus­sit­zen konnte. 

Zu dem Zeit­punkt war ich bereits seit ein­ein­halb Stun­den ohne wirk­li­che Pause unter­wegs, hatte aber den Ein­druck, für ein ers­tes Mal alles gese­hen zu haben. Shop­ping inter­es­siert mich immer noch nicht, in Museen und Aus­stel­lun­gen geh ich auch nicht gerne und ja, ich geb es zu, Geschichte ist ein­fach nicht mein Thema. Bestimmt könnte man:frau in so einer Stadt wie Stade unglaub­lich viel erkun­den und erfah­ren, aber ich brauch das nicht wirk­lich.
Was mich fas­zi­niert ist Archi­tek­tur, sind diese wun­der­schö­nen uralten restau­rier­ten Häu­ser — und die hatte ich gese­hen. Dass in die­sen zucker­sü­ßen Häu­sern über­all die glei­chen Läden wie in allen ande­ren deut­schen Städ­ten sind und dass über­all Men­schen rum­ste­hen und -sit­zen und reden und Lärm machen, finde ich dage­gen nervig. 

Ich beschloß nach der Kaf­fee­pause also, am Burg­gra­ben ent­lang zum Bahn­hof zu gehen und nach Hause zu fah­ren. Die­ser kleine unge­plante Abste­cher war so rich­tig schön, weil ich dadurch an der Muse­ums­in­sel und dem Frei­licht­mu­seum vor­bei kam und nach dem Alt­stadt­ge­wu­sel noch ein biß­chen Natur genie­ßen konnte.

Ob ich noch­mal irgend­wann hin fahre, weiß ich nicht, aber immer­hin war ich jetzt mal da.

30-08-2023 Depressiv oder nur verstimmt?

Wenn ich alle Sym­ptome *) ent­spre­chend inter­pre­tiere, würde ich sagen, dass ich seit ein paar Tagen in einer depres­si­ven Phase ste­cke. Ich fühle das aber nicht. Ist das jetzt eine neue Vari­ante oder bin ich es ein­fach so gewohnt, jede Stim­mungs­lage auf die Depres­sion zu unter­su­chen, dass ich nichts ande­res mehr in Betracht ziehe? Viel­leicht ist es auch ein­fach okay, sich so zu füh­len und kein Zei­chen für irgendwas?

Ich weiß es doch auch nicht.

*) Antriebs­los, freud­los, dau­er­müde; möchte die Tage am liebs­ten ver­schla­fen, damit sie vor­bei gehen; mag nicht reden, keine Men­schen sehen; nehme mir vor, mor­gen was zu unter­neh­men und mach es doch nicht; alles ist müh­sam und ich hab über­haupt keine Ahnung, wo das hin­führt und wahr­schein­lich wer­den alle Träume sowieso uner­füllt blei­ben, weil ich es eh nicht auf die Reihe kriege.

28-08-2023 Changing the surface

Wenn die Kapa­zi­tä­ten nicht rei­chen, um das Sys­tem zu ändern, dann wechsle die Ober­flä­che, damit es wenigs­tens so aus­sieht, als könnte und würde sich etwas bewegen.

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Ich suche seit Tagen nach einem neuen Word Press Theme für die­sen Blog. Mir ist das grade alles zu groß, zu laut, zu sehr “Guck. Mich. An!!!”. Ich will was fei­nes, lei­ses. Seri­fen­lose, schlichte Schrift­ar­ten.
Erst gab es ein Pro­blem im Sys­tem und ich konnte kein neues Theme instal­lie­ren. Nach Umstel­lung von php 8.0 auf 8.1 geht es jetzt wie­der, aber ich bin mit kei­nem Lay­out so rich­tig zufrie­den. Ich wünschte, ich könnte mir sowas ein­fach selbst schreiben.

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Auf dem Bal­kon sieht es aus wie Kraut und Rüben. Die meis­ten Blu­men sind ver­blüht und las­sen jetzt auch deut­lich ihre Blät­ter fal­len. Insek­ten kom­men eigent­lich auch keine mehr. Ich sollte das alles aus den Käs­ten holen und weg­wer­fen. Aber was mach ich dann rein? Um neues aus­zu­säen ist es viel zu spät, für Herbst­pflan­zen ist es mir noch zu früh, über­haupt fehlt mir für fer­ti­ges das Geld.
Zwei Hän­de­voll Toma­ten sind was gewor­den; die frü­her abge­fal­le­nen sind tat­säch­lich - in Papier ein­ge­wi­ckelt - in der Küche nach­ge­reift. Und der Ole­an­der blüht und blüht und blüht wie noch nie in all den Jah­ren. Immer­hin etwas.

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Auf dem neuen vir­tu­el­len Spiel­platz Mast­o­don fühl ich mich immer noch fremd. Die andere Ober­flä­che macht es etwas bes­ser, aber sie kann nicht alles über­de­cken, was ich doof finde und noch weni­ger kann sie die Men­schen erset­zen, die auf Twit­ter geblie­ben sind und von denen mir einige sehr feh­len.
Dafür fol­gen mir Leute, mit denen ich über­haupt nichts anfan­gen kann. Ich bin ver­sucht, sie zu blo­cken. Über­haupt gibt es furcht­bar viele Nerds dort, die ent­we­der furcht­bar ernst sind und alles maß­re­geln oder sich für wahn­sin­nig wit­zig hal­ten, es aber ein­fach wirk­lich nicht sind. Ja, es wird im Gegen­satz zu Twit­ter halb­wegs freund­lich dis­ku­tiert, aber dafür wer­den die The­men zu Tode dis­ku­tiert und am Ende geht es auch hier nur darum, wer am meis­ten Recht hat.
Ich bin es leid. Es reicht nicht, die Ober­flä­che hübsch zu machen, solange der Inhalt nicht stimmt. Meine Fotos kann ich auch woan­ders zeigen.

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Ich bin müde. Hab schon zu viel gese­hen, zu viel pro­biert, mein Herz zu oft verloren.

27-08-2023 Zu viel

Dau­erte mir letz­tens die ter­min­freie Zeit schon fast zu lang, ist diese Woche wie­der so voll, dass ich jetzt am Ende ohne Ener­gie bin und am liebs­ten noch zwei Tage durch­schla­fen möchte.
Müde, ange­strengt, aus­ge­powert. Will nie­man­den sehen, nicht reden, kaum schrei­ben, kann trotz­dem den Kopf nicht abstel­len außer durch Schlaf. Der Kör­per braucht elend lange, sich zu rege­ne­rie­ren. Ges­tern hat die Kraft grade mal dazu gereicht, die Haare am Küchen­wasch­be­cken zu waschen, heute war ich immer­hin wie­der unter der Dusche. Aber bewe­gen tut weh, gehen tut weh, zu lange lie­gen auch.

Lei­der sind die Nächte zur Zeit schlecht, ins­ge­samt gese­hen. Dank Mela­to­nin klappt das Ein­schla­fen ganz gut, die ers­ten 4 bis 5 Stun­den schlafe ich fest und tief. Danach wache ich jede Stunde auf, drehe mich um, schlafe wei­ter und träume hef­tig, wache auf, drehe mich um, schlafe und träume wei­ter usw. usf., immer im Kreis. Wenn das Ober­nach­barele­fan­ten­junge mit sei­nem Scheiss­ge­tram­pel dazu kommt, bin ich beim Auf­wa­chen nicht nur gerä­dert, son­dern auch genervt. Das ist alles nicht wirk­lich gut, aber ich kann nichts ändern.
(Ja, klar, ich könnte gleich­zei­tig mit dem Kind abends um zehn ins Bett gehen, dann wäre ich um halb acht auch aus­ge­schla­fen, aber dann würde ich den gan­zen Vor­mit­tag döde­lig und unsin­nig rum­sit­zen, denn ich bin kein Mor­gen­mensch und werde es auch nie mehr sein in die­sem Leben. Also nein, das ist keine Alternative.)

Ich will hier weg. Will keine frem­den Men­schen mehr erdul­den müs­sen. Will meine Ohren nicht mehr ver­schlie­ßen müs­sen vor unna­tür­li­chem Lärm, der immer schlim­mer wird. Will meine Kraft nicht immer dafür ver­brau­chen müs­sen, das Schlechte wegzudrücken.

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Die Mitt­wochs­gruppe hat sich ver­grö­ßert: Eine, die im letz­ten Jahr aus per­sön­li­chen Grün­den nur spo­ra­disch kam, ist jetzt wie­der immer dabei. Ich finde das schön, weil ich sie sehr gerne mag. Eine andere ist vor kur­zem neu dazu gekom­men und war diese Woche das dritte Mal dabei. Wenn beide Betreue­rin­nen da sind, sit­zen also 7 Frauen in der Runde und ich merke, dass ich an meine Grenze komme, was Auf­merk­sam­keit und Ener­gie betrifft. Und wenn dann noch per­sön­li­che Befind­lich­kei­ten bespro­chen wer­den und Jede will (und soll) was dazu sagen, dann wird es - für mich - rich­tig anstren­gend, auch wenn das Gespräch so wie letz­ten Mitt­woch posi­tiv ver­läuft und gut endet.
Aber viel­leicht brau­che ich auch ein­fach nur Zeit, mich daran zu gewöh­nen. Die Fahr­ten mit Bus&Bahn gehen ja inzwi­schen auch schon viel leich­ter als am Anfang.

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Und dann war da noch am Frei­tag der Aus­flug nach Tra­ve­münde, orga­ni­siert vom Hilfe-Dings; mit­ge­kom­men sind wir vier von der Mitt­wochs­gruppe (ohne die Neue), 2 wei­tere Klient:innen, 2 Betreuer:innen und Mila: die Hün­din, die letz­tes Jahr schon im Wild­park mit dabei war.
Gestar­tet sind wir um 10 Uhr, alles hat gut geklappt, wir saßen zusam­men in zwei Vie­rer-Grup­pen im Zug und freu­ten uns auf einen schö­nen, hof­fent­lich tro­cke­nen Tag am Meer an der See (sorry, die “Bade­wanne” ist nett, ver­dient aber die Bezeich­nung “Meer” nicht).
In Lübeck hät­ten wir gemüt­li­che 13 Minu­ten zum Umstei­gen gehabt, die waren aber mit allen Ver­spä­tun­gen ziem­lich zusam­men geschrumpft. Offen­sicht­lich hat das aus der Gruppe jemand nicht mit­be­kom­men und dann auch nicht auf Uhr und Anzeige geguckt und ist gemüt­lich Rich­tung Aus­gang geschlen­dert. Tja, da war der Zug weg und es gab mal wie­der eine Stunde blöd rum zu sit­zen. Das macht auf dem Vor­platz vom Bahn­hof nicht wirk­lich Spaß. Wenigs­tens war der Kaf­fee gut.

Eine Stunde spä­ter als geplant kamen wir also in Tra­ve­münde an; es war bei bedeck­tem Him­mel zwar tro­cken, aber auch sehr warm und schwül. Gut, dass ich meine kurze Leg­gins und ein ärmel­lo­ses Shirt dabei hatte und mich gleich umzie­hen konnte. Alle zusam­men sind wir dann auf der Pro­me­nade bis zum Hun­de­strand gegan­gen, weil Mila sonst nir­gendwo frei lau­fen oder ans Was­ser durfte. Pech nur, dass der Strand nicht wirk­lich schön zum Sit­zen war. Ich glaube, wir waren alle ent­täuscht; die Stim­mung war irgend­wie selt­sam und blieb es auch in den nächs­ten Stun­den. Die Abspra­chen, was wer will - am Strand blei­ben, baden, nicht baden, lie­ber sit­zen, Kaf­fee trin­ken gehen lie­ber jetzt oder spä­ter, die nächste Bahn nach Hause oder erst die über­nächste etc. - fand ich rela­tiv anstren­gend.
Als Krö­nung war der Zug auf der Rück­fahrt dann gestopft voll und ich saß die ganze Zeit auf einem ziem­lich blö­den Platz alleine, weit weg von der Gruppe. Außer­dem war das WC zuge­sperrt, so dass ich nicht­mal mehr meine Strand­kla­mot­ten gegen stra­ßen­taug­li­che tau­schen konnte und mich den gan­zen Weg bis zu Hause unwohl gefühlt hab.

Nee, das war irgend­wie nicht wirk­lich gut, hat dafür aber ver­dammt viel Ener­gie ver­braucht. Und ich hatte die Tage vor­her noch über­legt, ob ich über­haupt mit­fahre, weil ich das Gefühl hatte, es könnte zu viel wer­den. Ich wollte nur so gerne ans Was­ser und auch mit den Mitt­wochs­frauen was machen.
Das nächste Mal also wie­der alleine oder in klei­ner Runde.

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Und irgend­wie bin ich hier grade wie­der nur am Jam­mern. “Alles doof”-Stimmung grade.

21-08-2023 Belanglos vor mich hin

Ich tu so vor mich hin, Post und Erle­di­gun­gen. Es ist alles ziem­lich belanglos.

Inge­borg Bach­mann an Max Frisch, 5.12.1962, Ueti­kon. Gefun­den bei Herrn Buddenbohm.

Ein schö­ner Satz. Trifft hier ja auch oft zu. Wie beru­hi­gend, dass das selbst bei einer gro­ßen Schrift­stel­le­rin der Fall war.

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Heute zum Bei­spiel. Lange geschla­fen (und unru­hig, dank Bau­lärm und grö­len­den Kids auf dem Spiel­platz), in Ruhe gefrüh­stückt, SoMe und Blogs gele­sen. Die Woh­nung gesaugt, weil es am Sams­tag viel zu heiß für jede Bewe­gung war. Ein wenig Dies & Das am Schreib­tisch. Auf dem Bal­kon im Halb­schat­ten der Pla­tane geses­sen und ein Kilo Äpfel geschält, geschnip­pelt und dann zu Mus gekocht, das es spä­ter zu Schupf­nu­deln gibt, die wie­derum die Erin­ne­rung an die Ferien bei den Paten­el­tern rund machen wer­den, die bei dem Duft der Äpfel auf­kam.
Alles eben ziem­lich belang­los, aber nicht ungut deswegen.

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Die Äpfel durfte ich am Frei­tag aus dem Gar­ten von I. mit­neh­men, als wir uns nach klei­nen Anlau­fruck­lern tat­säch­lich tra­fen — das erste Mal seit über den Dau­men gepeilt 15 oder mehr Jahren.

Das war schon eine rie­sige Über­ra­schung, als sie sich letz­tens bei mir mel­dete, nach­dem sie mehr zufäl­lig mei­nen Blog fand und aus­ge­rech­net als ers­tes den Bei­trag zu Flens­burg las, wo sie womög­lich auch viel­leicht die letz­ten ein, zwei Jahr­zehnte ver­brin­gen will.

Ken­nen gelernt hat­ten wir uns damals, als sie zu mir zum Flö­ten­un­ter­richt kam. Ziem­lich schnell wurde dar­aus Freund­schaft, aber im Laufe der Zeit änder­ten sich bei uns bei­den die Lebens­wege und wir ver­lo­ren uns irgend­wann aus den Augen. Jetzt, nach noch mehr Ände­run­gen, tref­fen wir uns in so eini­gen Punk­ten wie­der.
Am Frei­tag jeden­falls war es, als hät­ten wir uns erst vor kur­zem zuletzt gese­hen. Die Stun­den waren gefüllt damit, von den ver­gan­ge­nen Jah­ren zu berich­ten und zusam­men die Ver­traut­heit von damals in die Gegen­wart zu tra­gen. Wir sind älter gewor­den, gelas­se­ner, rei­fer: das fühlt sich gut an. Wir wer­den sehen, was dar­aus wird.

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Ges­tern waren end­lich die Toch­ter und der Enkel mal wie­der zu Besuch; zuletzt hat­ten wir uns Mitte Juli vor ihrem Urlaub gese­hen. Da gab es Fotos zu zei­gen und viel zu erzäh­len und immer wie­der in den Arm zu neh­men und wie immer lädt das meine Bat­te­rien ein­fach am aller­bes­ten auf.

Die Toch­ter bestärkt mich in mei­nen Plä­nen, aus Ham­burg weg zu zie­hen. Nicht, weil sie mich los wer­den wollte, son­dern weil sie mir zustimmt in dem Gedan­ken, das zu tun, solange ich noch fit bin. Natür­lich wird es uns feh­len, uns spon­tan tref­fen zu kön­nen, aber zum einen kommt das gar nicht soo oft vor und zum ande­ren sehen wir uns dann zwar sel­te­ner, aber dafür län­ger am Stück. Je 2 Stun­den Zug­fahrt hin und zurück sind ja selbst an einem Tag kein Problem.

Viel­leicht wird es wirk­lich lang­sam Zeit, kon­kre­ter zu werden.

Aber jetzt erst­mal Schupf­nu­deln zum Abend­essen. Sie sind nicht so gut wie die hand­ge­mach­ten von der alten Tante Ger­trud, aber die waren ja auch uner­reich­bar gut, wie alles, was sie mit so viel Liebe (und But­ter :-)) gekocht hatte.

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Fast ver­ges­sen: 12 Jahre rauch­frei seit Frei­tag. Ich feiere es immer noch.

16-08-2023 Ich werde alt

Neu­lich irgend­wann, ein Dia­log im Inneren:

- So viel Ener­gie, wie ich brau­che! So müde, wie ich immer bin! Ist ja echt nicht schön.
- Naja, ich bin ja mit bald 64 inzwi­schen auch schon ein biß­chen älter.
- Ja, aber doch nicht _so_ alt. Wenn ich mir andere Mittsechziger:innen angu­cke, wie fit da viele sind.
- Die sind dann viel­leicht auch nicht krank.
- Daran bin ich ja auch nicht ganz unschul­dig. Hätte ich halt mal frü­her was gemacht.
- Ja, schon, kör­per­lich auf jeden Fall. Aber da kommt ja noch die Depres­sion dazu und die HSP Geschichte und bei­des hab ich ja schon sehr lange, ohne dass es eine Dia­gnose gab oder über­haupt jemand das in Betracht gezo­gen hat. Ich musste eben damit zurecht kom­men, aber ich hab dafür sicher auch für vie­les eini­ges an Ener­gie mehr auf­wen­den müs­sen und wenn dann nichts da ist, was die Ener­gie zurück bringt, dann ist man eben mit 63 nicht mehr so fit wie andere.
- Ja, das ist wohl so. Dann muss ich ler­nen, das zu akzep­tie­ren.
- Ich will mich nicht mehr ver­ur­tei­len für das, was ich nicht (mehr) kann, son­dern mich freuen über alles, was (noch) geht. Ich will gut zu mir sein, lie­be­voll und für­sorg­lich. Mich anneh­men, mit allem - auch dem alten, müden Kör­per. Dane­ben gibt es ja wei­ter­hin vie­les, bei dem das Alter keine Rolle spielt. Außer­dem hab ich jetzt Zeit. Dann geh ich eben 10 Minu­ten frü­her los oder mach lang­sa­mer, das stört ja nie­man­den. Und wenn ich mal wie­der eine Weile über­le­gen muss, wie jemand/etwas heißt oder wann was war und was ich in der Küche grade noch­mal wollte, dann komm ich doch irgend­wann drauf und das ist die Haupt­sa­che. Solange ich wach bin und inter­es­siert und mich nicht abstump­fen lasse, ist doch eigent­lich alles gut.
- Ich sollte trotz­dem ver­su­chen, Sport zu machen den Ver­fall etwas auf­zu­hal­ten.
- Ist ja gut, ich hab es verstanden.

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Bestands­auf­nahme, von unten nach oben:

Rech­ter Fuß: chro­ni­sche Seh­nen­schei­den­ent­zün­dung (seit Februar 2013)
Beide Füße: per­ma­nen­tes Krib­beln (links seit ca. 2021 oder 2022, rechts seit 2023)
Lin­kes Knie: ange­ris­se­ner Menis­kus nach Fahr­rad­un­fall (Juli 2020), even­tu­ell inzwi­schen ver­heilt
Beide Knie: Leichte Arthrose
Linke Hand: per­ma­nente leichte Taub­heit im klei­nen und im Ring­fin­ger
Unte­rer Rücken: Schmer­zen beim Ste­hen und Gehen
Wir­bel­säule: 2-fache Sko­liose seit Jugend (herz­li­chen Dank an meine erste Flö­ten­leh­re­rin, die nie meine schiefe Hal­tung kor­ri­giert hat)
Schul­tern und Nacken: ver­spannt bis in alle Ewig­keit (gefühlt schon immer)
Kopf: in letz­ter Zeit wie­der häu­fi­ger Kopf­schmer­zen, meis­tens nur auf der lin­ken Seite; Dreh­schwin­del
Augen, beide: “Mou­ches volan­tes” oder auch Glas­kör­per­trü­bung (seit mind. 10 Jah­ren)
Ohren: per­ma­nen­ter Tin­ni­tus (seit ca. 2008)
Über­ge­wicht: ja
Dia­be­tes Typ II (seit 2015), erhöhte Cholesterinwerte

Man­ches ist nicht stän­dig spür­bar, die Schmer­zen in den Knien und im Rücken vor allem beim Gehen und Trep­pen­stei­gen; vie­les andere dage­gen ist eben immer vor­han­den. Ich drü­cke weg, so gut es geht, aber wenn der Schmerz mal wie­der plötz­lich in irgend­wel­che Glied­ma­ßen fährt oder der Tin­ni­tus extrem laut brüllt und der Kopf sticht, dann wünsch ich mir ganz drin­gend ein “Repair Cen­ter” für Kör­per­teile. Und dass ich mich frü­her um mich hätte küm­mern kön­nen, aber das ist ja müßig.

Wenn ich die Liste angu­cke, ver­steh ich, warum ich mich manch­mal furcht­bar alt fühle. Aber immer­hin bin ich noch da - meine Mut­ter hat ihren 63sten Geburts­tag nicht mehr erlebt.

07-08-2023 Hundewetter, Ausgabe “Igor”

Ange­sichts der welt­wei­ten Kli­ma­lage trau ich mich eigent­lich nicht, über das Wet­ter zu jam­mern, aber das jetzt grade ist echt Mist. Zwei- oder drei­mal gab es seit Som­mer­an­fang ein paar Tage, so extrem heiß, dass es kaum aus­zu­hal­ten war. In der rest­li­chen Zeit aber Schwei­zer-Woll­so­cken-Kälte, Dau­er­re­gen, Sturm, wenig Sonne. Es ist nicht wirk­lich kalt, zum Glück, aber Som­mer­ge­fühle kom­men nicht auf. Dabei hätte ich die nach dem lan­gen Win­ter wirk­lich gebraucht. (Ja, das ist ego­is­tisch, ich weiß.)

Mein wil­der Bal­kon ist inzwi­schen vom Wind zer­fled­dert und nicht mehr wirk­lich schön. Die vier anfangs so gut wach­sen­den Toma­ten haben ins­ge­samt weni­ger als 20 Früchte, von denen grade mal zwei ganz lang­sam rot wer­den. Dafür ste­hen die bei­den gro­ßen Töpfe ganz schön im Weg. Der Ole­an­der blüht noch toll, wirft aber nach und nach alle Blät­ter ab. Selbst wenn mal die Sonne für einen Moment scheint und es drau­ßen viel­leicht sogar halb­wegs ruhig ist, mag ich da nicht gerne sit­zen. Das hatte ich mir im Früh­jahr auch anders vorgestellt.

Kann sein, dass ich zim­per­lich bin, aber wenn für den gan­zen Tag Schiet­wet­ter ange­sagt ist, mag ich nicht wirk­lich was unter­neh­men und schon gar nicht wei­ter weg. Für die Regen­ja­cke ist es zu warm, mit Schirm fehlt mir eine Hand zum foto­gra­fie­ren, patsch­nass mag ich auch nicht wer­den und irgend­wel­che Museen oder Aus­stel­lun­gen, nur um raus zu kom­men, sind ein­fach nicht meins. Wenn ich es nicht sowieso für die wöchent­li­chen Fahr­ten bräuchte, wäre es fast schade um das Deutsch­land­ti­cket und den Ärger, den ich des­we­gen mit dem HVV hatte.
Lei­der hab ich z.Zt. auch keine Ter­mine von außen, die mich zwin­gen wür­den, raus zu gehen. Meine Bezugs­frau beim Hilfe-Dings hat vier Wochen Urlaub, die Mitt­wochs­gruppe fiel zwi­schen­durch aus, The­ra­pie ist ja eh nur ein­mal im Monat … 

So eine ter­min­freie Zeit ist zwi­schen­durch durch­aus gut, aber sie darf für mich nicht zu lange dau­ern, sonst zieh ich mich zu sehr ins Schne­cken­haus zurück. Dann rede ich nicht mehr, mag nicht mehr schrei­ben / for­mu­lie­ren und höre auch auf zu den­ken, weil alles ins Leere geht. Ich schlafe viel zu spät und viel zu lang, bin dau­er­müde und völ­lig lustlos. 

Und dann sitz ich hier und fang wie­der an zu träu­men. Gucke Woh­nungs­an­zei­gen durch, die Google Map immer dane­ben, stelle mir vor, wie es wohl woan­ders wäre. Ob ich in einer ande­ren Stadt mehr raus gehen würde als hier? Oder viel­leicht auch nur am Anfang, bis es ver­traut ist? Ich sehne mich nach gemüt­li­chem Gehen, Schauen, Ent­de­cken. Ich bin schon viel zu lange hier, in mei­nem ewig glei­chen Sumpf. Es ist bequem, aber auch lang­wei­lig und ich hab nicht genug Lebens­en­er­gie, um alles alleine und nur aus mir selbst zu holen.

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Mein schwar­zer Hund Igor fin­det das dage­gen übri­gens rich­tig gut. Für ihn sind das beste Vor­aus­set­zun­gen, damit er aus sei­ner Ecke gekro­chen kommt und es sich neben mir gemüt­lich macht. Ich muss grade ziem­lich auf­pas­sen, dass es nicht in die fal­sche Rich­tung kippt. Zum Glück hab ich mor­gen The­ra­pie und über­mor­gen macht das Hilfe-Ding einen Aus­flug in den Wild­park und nein, Igor, du darfst wirk­lich nicht mit.

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5 Wochen seit ich den Reha-Antrag abge­schickt hab. Wie lange das wohl dau­ert, bis ich Nach­richt bekomme?

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Ach, und was ich beim träu­men und stö­bern sah: die untere Woh­nung in dem blauen Haus in FL kann man:frau sogar mie­ten. *hach*

02-08-2023 Balkonbesuch

(Pos­ting zur anhal­ten­den Erin­ne­rung von Mast­o­don hier­her geholt und um einige Zei­chen ergänzt.)

Als Eine, die in der zumeist asphal­tier­ten Groß­stadt lebt, bin ich froh um die Natur, die ich hier von mei­nem Arbeits­zim­mer aus sehe. Die bald 50-jäh­rige Pla­tane vor unse­rem Haus ist gesund und ver­deckt mit ihrem kräf­ti­gen Grün den gan­zen Som­mer über bis in den Herbst hin­ein das Haus gegen­über. Nicht so oft, aber immer mal wie­der sehe und höre ich Vögel, die darin sit­zen. Die Wild­blu­men, die Kräu­ter und die Was­ser­schale auf mei­nem Mini-Bal­kon locken jedes Jahr viele Insek­ten an.
Im Hin­ter­hof ist natür­lich mehr los, aber ich freu mich, dass das auch an der Stras­sen­seite mög­lich ist.

Ges­tern Abend war ich ganz beson­ders glück­lich über einen über­aus sel­te­nen Besuch.
Bei weit offe­ner Bal­kon­tür hörte ich ziem­lich nah etwas zwit­schern. Als ich auf­blickte, sah ich ein Dom­pfaff-Männ­chen, das auf mei­nem Bal­kon erst am Bam­bus­stab der Toma­ten rum­klet­terte, von da direkt in den fast ver­blüh­ten Laven­del hüpfte, der auf dem Tisch steht, und sofort anfing zu knab­bern. Wie froh war ich, dass ich erst kürz­lich aus einem spon­ta­nen Gedan­ken her­aus die Kamera griff­be­reit neben mich gelegt hatte!

Das kleine Kerl­chen ließ sich über­haupt nicht stö­ren, nicht mal, als ich auf­stand und immer näher kam. Er guckte mich an mit sei­nen Knopf­au­gen, pickte dann wie­der an den Blü­ten, guckte, drehte sich hin und her, turnte an dem Minz­zweig, der sich in den Laven­del ver­irrt hat, und genoß sicht­lich sein Abend­essen. Und dann kam auch noch seine Gefähr­tin dazu, setzte sich neben ihn und war genauso wenig scheu wie er. Ich durfte sogar mit auf den Bal­kon kom­men und sie ganz nah sehen.
Das ganze dau­erte über 20 Minu­ten. Ich schaute, foto­gra­fierte, ging einen Schritt wei­ter, schaute, foto­gra­fierte, ging noch näher, schaute … und hielt wahr­schein­lich die meiste Zeit die Luft an. Ich bewegte mich so vor­sich­tig wie mög­lich, aber die Laven­del­blü­ten schie­nen ihnen viel wich­ti­ger zu sein als ich. Die Luft roch schwer danach - ob sie womög­lich ein wenig berauscht waren davon?
Irgend­eine Bewe­gung von mir war dann aber doch zu viel und erst flog er, dann sie in die Pla­tane. Dort saßen sie noch eine Weile, bevor sie ganz ver­schwan­den. Und ich hatte den Rest des Tages ein glück­li­ches Grin­sen im Gesicht.

Die Fotos sind nur schnell aus der Hand gemacht, mit Tele­ob­jek­tiv, aber ohne Sta­tiv oder irgend­wel­che Hilfs­mit­tel. Darum und weil es schon däm­merte, sind sie nicht 100% scharf (Pho­to­shop hat ein biß­chen nach­ge­bes­sert), aber in die­sem Fall stört mich das nicht. Irgend­wann guck ich sie wie­der an und freu mich über die­sen wun­der­schö­nen Moment, der mei­ner Seele so gut getan hat.

30-07-2023 Neulich in Flensburg

Anfang Juli waren wir mit der Mitt­wochs­gruppe im Spei­cher­stadt­mu­seum und anschlie­ßend gemüt­lich Kaf­fee trin­ken. Weil das län­ger dau­erte als eine nor­male Runde, fiel die Gruppe in der Woche dar­auf aus. Ziem­lich spon­tan haben wir uns zu dritt zusam­men getan und sind statt des­sen ein­fach mal eben nach Flens­burg gefah­ren - mit Deutsch­land- und Län­der­ti­cket kein Pro­blem. Ich wollte da ja sowieso schon ganz lange mal hin: zum gucken, aber auch ein biß­chen mit der Frage im Hin­ter­kopf, ob es sich da leben las­sen könnte alter­na­tiv zu Hamburg.

So tra­fen wir - C., G. und ich - uns also am Mitt­woch, den 12.07. um vier­tel vor zehn im Zug. Der Plan war, in Flens­burg vom Bahn­hof aus mit dem Bus zum ZOB zu fah­ren und ab da zu Fuß die Innen­stadt zu erkun­den: erst ein gan­zes Stück am Was­ser ent­lang bis zum Muse­ums­ha­fen, dann quer bis zum alten Stadt­tor und dort durch die Fuß­gän­ger­zone zurück bis zum Bahn­hof. Als wir aus dem Bahn­hof kamen, stand da grade ein Bus, der wollte auch zum ZOB, akzep­tierte aber das Schles­wig-Hol­stein-Ticket von C. nicht und wollte auch drin­gend jetzt los. Wir schau­ten uns nur kurz an, lie­ßen ihn fah­ren und mach­ten uns zu Fuß auf den Weg. (Ich liebe es, wenn Kom­mu­ni­ka­tion so ein­fach funktioniert!)

Dadurch kehrte sich aller­dings die Rei­hen­folge unse­rer Tour um, was sich im Nach­hin­ein aber als gold­rich­tig her­aus stellte. C. und G. woll­ten sowieso am aller­liebs­ten Schau­fens­ter gucken und waren damit mehr als glück­lich und beschäf­tigt. Ich hab es ja nicht so mit Kon­sum und Ein­kau­fen und so, darum hab ich mich auf unge­fähr ein Drit­tel der Läden beschränkt mit dem Gucken (Bücher, Schreib­wa­ren, Geschirr und sowas darf dann schon sein) und in der rest­li­chen Zeit foto­gra­fiert. Zwi­schen­durch gab es kleine und grö­ßere Pau­sen auf Bän­ken, auf ande­ren Bän­ken und eine in einem Café mit lecke­rem Kaf­fee & Kuchen (und einem Klo).
Erstaun­li­cher­weise war ich abso­lut nicht genervt davon, dass ich oft auf die Bei­den gewar­tet hab, was sonst eigent­lich schnell der Fall ist. Die Stim­mung war ein­fach so gut, das Wet­ter ent­ge­gen aller Vor­aus­sa­gen mit fast durch­gän­gig Sonne und nur ganz kur­zen Tröp­fel­ein­hei­ten per­fekt, das Lauf­tempo auf unser aller Bedürf­nisse - sprich: auf gemüt­li­che Lang­sam­keit redu­ziert und natür­lich sind wir uns inzwi­schen so ver­traut, dass wir total ent­spannt mit­ein­an­der sein können.

Vom Bahn­hof aus sind wir also zuerst ein gan­zes Stück an gro­ßen Stra­ßen längs gelau­fen, bis wir end­lich am Süd­er­markt anka­men. Da war tat­säch­lich grade Markt, nicht sehr groß, aber bunt und mit vie­len regio­na­len Stän­den - und zu C.’s gro­ßer Freude auch einer mit Fisch­bröt­chen. Wir saßen eine ganze Weile am Rand im Schat­ten und schau­ten dem bun­ten Trei­ben zu.

Ab hier ging es dann fast schnur­ge­rade den Holm ent­lang — wobei das mit dem “grade” eigent­lich nicht stimmt, denn es war eher ein Zick-Zack-Weg von einem Geschäft zum nächs­ten bzw. einer Haus­fas­sade zur ande­ren, immer hin und her von rechts nach links nach rechts. Dazwi­schen gab es idyl­li­sche sog. “Kauf­manns­höfe” zu gucken, man­che breit und öffent­lich, z.T. mit Cafés, andere ganz schmal und intim. 

Die his­to­ri­schen Häu­ser am Holm, in der Gro­ßen Straße und der Nor­der­straße sind ein­fach wun­der­schön. Lie­be­voll restau­rierte und instand gehal­tene Kapi­täns- und Kauf­manns­häu­ser säu­men den Weg vom Süder- bis zum Nor­der­markt. Den Anfang mar­kiert die St. Niko­lai­kir­che, das Ende die St. Mari­en­kir­che, beide mit den hohen Tür­men weit zu sehen, dazwi­schen steht auf hal­bem Weg die däni­sche Hei­lig­geist­kir­che.
Die Stra­ßen sind breit genug, so dass man nicht dau­ernd über fremde Füße stol­pert (in der Hoch­sai­son wird sich das aber ver­mut­lich ändern), an der schat­ti­gen Seite ste­hen viele Bänke und es gibt reich­lich Cafés und Restau­rants. Fahr­rad fah­ren ist in der Fuß­gän­ger­zone übri­gens nur von 22:00 bis 10:00 erlaubt! Bei den weni­gen, die sich nicht daran hal­ten, merkt man auch schnell, dass das sinn­voll ist.
In fast jedem Haus sind Shops, natür­lich über­wie­gend von den übli­chen Ket­ten, die man in jeder Stadt fin­det. Es gibt aber auch kleine, inha­ber­ge­führte und beson­dere Läden mit Din­gen, die in Flens­burg oder in der Region her­ge­stellt wer­den. Auch wenn das Ange­bot rie­sig ist und fast über­wäl­tigt, hat eine zen­trale Ein­kaufs­straße natür­lich den Vor­teil, dass man eben wirk­lich alles dort ein­kau­fen kann und nicht in diverse Stadt­teile fah­ren muss. 

Unsere gute Stim­mung wurde mit Sicher­heit auch von der all­ge­mei­nen Atmo­sphäre in Flens­burg beein­flußt. Ich hab in Deutsch­land sel­ten eine Stadt erlebt, in der man als Fremde nett ange­lä­chelt wird und zwar nicht nur ein­mal, son­dern immer wie­der, schein­bar völ­lig grund­los. Naja, viel­leicht waren wir drei “Gra­zien” auch ein lus­ti­ger Anblick und strahl­ten unsere gute Laune nach außen, aber die Freund­lich­keit der Men­schen auf der Straße war wirk­lich beson­ders. Es wird gesagt, dass das auch daran liegt, dass Flens­burg ganz nah an Däne­mark liegt und sogar eine eigene däni­sche Gemeinde hat. Und wer das Wort “hyg­ge­lig” kennt, kann sich viel­leicht vor­stel­len, wel­che Wir­kung das auf eine Stadt und ihre Bewohner:innen haben kann.

Ursprüng­lich hat­ten wir über­legt, auf der Nor­der­straße bis zum Ende am Nor­der­tor zu gehen, aber auf dem letz­ten Stück war so gut wie nichts mehr los. Vor allem wurde uns bewußt, dass wir mitt­ler­weile schon seit vier Stun­den unter­wegs waren (plus eine Stunde Kaf­fee­pause) und den gan­zen Weg ja auch irgend­wie wie­der zurück müs­sen, aber auf jeden Fall auch noch ans Was­ser wol­len. Die nächste Quer­straße führte uns also nach rechts und direkt zum klei­nen Muse­ums­ha­fen.
Dort ste­hend geht der Blick erst über die Förde auf das gegen­über­lie­gende Ufer mit den vie­len Segel­boo­ten, die dort im Hafen lie­gen und auf den Stadt­teil Jür­gensby, dann nach rechts zur Hafen­spitze und auf die Alt­stadt. Das alles ist so hübsch wie auf Post­kar­ten, nur in echt. Ein biß­chen wie Ham­burg, nur kleiner. 

Nach einer letz­ten Pause gin­gen wir am Was­ser ent­lang zurück, geno­ßen die letzte Sonne und die milde Wärme. Die Füße waren müde gelau­fen und wir beschlo­ßen darum, von hier mit dem Bus zum Bahn­hof zu fah­ren. Den Zug um 18:15 wür­den wir nicht mehr schaf­fen, der nächste fuhr eine Stunde spä­ter; also über­brück­ten wir die War­te­zeit in einem Café und waren dann recht­zei­tig um kurz vor sie­ben am Bahn­hof. Bevor wir zum Gleis hoch gin­gen, wollte G. noch schnell eine rau­chen - ist ja genug Zeit, dach­ten wir. Dass die Bahn mal eben den Fahr­plan geän­dert hat und der Zug nach Ham­burg schon um 19:06 abfuhr, merk­ten wir lei­der erst beim Blick auf des­sen Rück­lich­ter.
Tja, da stan­den wir nun und muss­ten eine wei­tere Stunde irgend­wie rum­brin­gen. In die Stadt zurück lohnte sich nicht, am Bahn­hof gibt es nichts außer den Bän­ken am Gleis. Aber jam­mern und meckern hilft ja auch nicht, also lies­sen wir uns unsere gute Laune nicht ver­der­ben und quatsch­ten ein­fach wei­ter. Der nächste Zug war dann auch schon 20 Minu­ten vor der Abfahrt bereit, so dass wir in aller Ruhe einen Platz suchen konn­ten. Die Rück­fahrt war ent­spannt wie alles an die­sem Tag, die Sonne ging nor­disch-gemäch­lich unter, wir waren glück­lich, müde und albern und gute zwei Stun­den spä­ter end­lich zu Hause.
Ein schö­nes Erleb­nis gab es noch an der U-Bahn, die grade los­fah­ren wollte, als ich die Treppe run­ter kam: ich dachte, ich hätte sie jetzt eh ver­passt und ging in aller Ruhe wei­ter, da öff­nete sich neben mir die Tür und ich konnte noch schnell ein­stei­gen. Herz­li­chen Dank an den Fah­rer, der mich gese­hen hatte!

Auf die­ser Karte kann, wer mag, unsere kleine Tour ansehen.

Und ich muss jetzt nach­den­ken. Ob das wohl eine Stadt zum woh­nen und leben wäre für den Rest mei­ner Zeit? Dazu aber irgend­wann mehr in einem extra Text.

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