23-01-2025 Felsen, die von Herzen fallen

Alle, die ihre Dau­men für mich gedrückt haben, kön­nen jetzt los las­sen.
ICH HAB DIE ZUSAGE VON MALENTE! Und zwar tat­säch­lich für ein Ein­zel­zim­mer ohne Zuzah­lung. Es gibt zwar eine War­te­zeit von bis zu einem hal­ben Jahr, aber das ist viel­leicht gar nicht so schlecht, denn so kann ich ohne Stress alles erle­di­gen und vorbereiten.

Letzte Nacht hab ich natür­lich mise­ra­bel geschla­fen und völ­li­gen Blöd­sinn geträumt, vor lau­ter Anspan­nung tat sogar der Kie­fer weh. Am Vor­mit­tag hab ich dann mit Herz­klop­fen (und dem vir­tu­el­len Bei­stand von vie­len lie­ben Men­schen auf mei­nem Sozia­len Medium) in Malente ange­ru­fen, direkt bei der Auf­nah­me­pla­nung. Die gute Frau dort war im Stress, hatte mich über­haupt nicht auf dem Plan oder im Sys­tem und die Frage, ob das mit dem EZ klappt, konnte sie schon gar nicht beant­wor­ten, meinte aber, dass das eher unwahr­schein­lich sei. Sie wollte aber gerne nach­fra­gen und mich wie­der anru­fen, heute oder morgen.

Und das tat sie dann, schon nach 2 Stun­den. Bat mich um Ent­schul­di­gung für das Durch­ein­an­der und bestä­tigte, dass ich kom­men kann, dass ich das Ein­zel­zim­mer bekomme, dass ich nichts zuzah­len muss. Auf meine Frage, ob sie mir das viel­leicht per Mail oder so bestä­ti­gen würde, meinte sie, das sei nicht nötig, ich könnte mich drauf ver­las­sen. Ich bekomme dann recht­zei­tig eine Nach­richt, wenn es soweit ist.

Kann sein, dass ich sie dann etwas in Ver­le­gen­heit gebracht hab, weil mir die Trä­nen kamen und ich ihr sagte, dass sie mei­nen Tag geret­tet hat und sich bitte gedrückt füh­len soll und dass ich ein­fach nur froh bin. Sie nahm es aber mit freund­li­chem Lachen und wünschte mir alles Gute bis dahin.

Und jetzt sitze ich hier und lache und weine und ver­su­che los zu las­sen und zu begrei­fen, dass da grade was Gutes pas­siert ist. Klar, ein hal­bes Jahr ist lang, aber lie­ber lang als gar nicht. Und viel­leicht wird ja schon frü­her was frei.

Uff.

22-01-2025 Please hold the line

Ges­tern Abend hab ich ein wei­te­res Mal nach Kli­ni­ken gesucht, nur so für den Fall. Eigent­lich kann ich mir das auch spa­ren, denn das Ergeb­nis ist immer das glei­che: meine Kom­bi­na­tion “psy­cho­so­ma­tisch + Adi­po­si­tas + Akut­kli­nik + Ein­zel­zim­mer” gibt es nicht, auch wenn ich den Such­ra­dius bis ins All­gäu erwei­tere. Zwei bis drei Merk­male fin­den sich zuhauf, aber nie alle vier zusam­men. Wenn Akut, dann kein Ein­zel­zim­mer. Wenn Ein­zel­zim­mer, dann nur über RV oder als Pri­vat­pa­ti­en­tin. Und die bis­her ein­zige Kli­nik, die angeb­lich Ein­zel­zim­mer für alle anbie­tet (Mediclin in Bad Boden­teich), hat es mir ja letz­tes Jahr im Tele­fon­ge­spräch ver­wei­gert. Würde ich das EZ als Zusatz­leis­tung auf eigene Kos­ten buchen, wäre ich über­all will­kom­men. Dann wäre es ver­mut­lich keine Frage, _ob_ sie mich auf­neh­men, son­dern nur wann. Es ist zum ver­zwei­feln.
Dabei kommt mir natür­lich ganz schnell die Ableh­nung der RV wie­der in den Sinn: wer zu krank zum arbei­ten ist, hat kei­nen Anspruch auf Hilfe zum gesund wer­den. Das ist Lieb­lings­fut­ter für Igor. Wieso sollte mir jemand ein wirt­schaft­lich arbei­ten­des Unter­neh­men - was so eine Kli­nik letz­ten Endes ja ist - ein­fach so einen Raum für mich allein geben? Warum hab ich nicht bes­ser auf­ge­passt auf mich? Warum hab ich mich krank geschuf­tet? Warum hab ich nicht die Zähne zusam­men gebis­sen und wei­ter gemacht? Warum bin ich hier gelan­det in Arbeits­un­fä­hig­keit und Armut? (So war das nicht geplant.)

***

Und dann hol ich heute die Post aus dem Kas­ten und da ist ein Brief von Malente dabei. Das Gute: ich stehe auf der War­te­liste. Das Schlechte: kein Wort wegen des Ein­zel­zim­mers.
Es ist wie schon beim letz­ten Mal: es wird ein­fach nicht voll­stän­dig kom­mu­ni­ziert. Damals musste ich nach län­ge­rer War­te­zeit anru­fen, um zu erfah­ren, dass ich selbst­ver­ständ­lich kom­men kann und sie mir dem­nächst mit­tei­len, wann das sein wird. Jetzt muss ich anru­fen und fra­gen, ob das EZ geneh­migt wurde, ohne Zuzah­lung. Und ob sie mir das bitte schrift­lich bestä­ti­gen kön­nen.
Ist den Mitarbeiter:innen denn immer noch nicht klar, dass sie es mit psy­chisch kran­ken oder zumin­dest labi­len Men­schen zu tun haben? Fällt denen wirk­lich nicht ein, dass es Leute gibt, die nicht tele­fo­nie­ren kön­nen? Dass jeder die­ser Schritte eine rie­sige Über­win­dung und sehr viel Kraft braucht? Ich möchte die wirk­lich durch­schüt­teln und es sie hun­dert­mil­lio­nen­mal an eine Tafel schrei­ben lassen. 

Mor­gen vor­mit­tag ruf ich also da an. Mein Herz klopft wie ver­rückt. Am bes­ten gehe ich vom nega­tivs­ten Ergeb­nis aus, dann ist es viel­leicht nicht ganz so schlimm. Gedrückte Dau­men nehm ich natür­lich gerne an.
(Liebe D., deine sind schon fest in mei­nem Her­zen gespei­chert! <34567)

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Die wirk­lich gute Nach­richt der Woche: ich hab ges­tern den Nach­barn getrof­fen und gleich gefragt, ob er mir mein Fahr­rad rich­ten kann, damit ich es im Fall eines posi­ti­ven Bescheids mit nach Malente neh­men kann. Er sagt, er könnte das machen - oder er könnte mir auch eines der vie­len Räder geben, die bei ihm in der Werk­statt ste­hen und ich bräuchte nichts dafür zu zah­len. So ein guter Mensch! Er bekommt natür­lich trotz­dem was, aber allein die Geste rührt und freut mich sehr.

Und jetzt: war­ten. Ablen­ken. Nach­her ver­su­chen zu schla­fen. Warten.

20-01-2025 Besuch

Da steht ein klei­ner schwar­zer Hund in der Tür. Hat sich irgend­wie rein gemo­gelt. Hat einen Kof­fer dabei, scheint, als würde er eine Weile blei­ben wol­len. Ich lass ihn, dann bin ich wenigs­tens nicht alleine. Und viel­leicht bleib ich ein­fach mit ihm zusam­men zuhause, dann muss ich auch mit nie­man­dem anders reden.

18-01-2025 Nerven(des)

Die Ner­ven I

Am Diens­tag hab ich den Brief an der Post­stelle abge­ge­ben, dann wurde er am Abend wohl noch abge­holt und am Mitt­woch auf die Reise gegan­gen sein. Es ist also gut mög­lich, dass er am Don­ners­tag in Malente ankam. Da liegt er jetzt unten im Büro der Bet­ten­dis­po­si­tion und war­tet dar­auf, gele­sen und bespro­chen zu wer­den. Eigent­lich kann ich also frü­hes­tens irgend­wann nächste Woche mit einem Anruf rech­nen. Eigent­lich könnte ich die Zeit bis dahin ent­spannt ver­brin­gen, weil ja sowieso nichts pas­sie­ren wird. Meine Ner­ven sind natür­lich trotz­dem ange­spannt. Und ehr­lich gesagt rechne ich mit einer Absage, ich könnte also erst recht los las­sen. Aber sag das mal dem Kopf, damit der das dem Bauch sagt.

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Die Ner­ven II

Dank der Dia­be­tes hab ich ja schon seit ein paar Jah­ren die­ses Krib­beln bzw. ein tau­bes Gefühl in den Füßen, das inzwi­schen unter­halb der Knie ange­kom­men ist. Da sind ein­fach die Ner­ven kaputt gegan­gen und sen­den fal­sche Signale. Die meiste Zeit kann ich damit leben und vor allem ja trotz­dem lau­fen und alles (dass das oft nicht und nie lange geht, hat andere Gründe). Letz­ten Som­mer wurde es unan­ge­nehm, weil ich bei Hitze auch Was­ser in den Bei­nen hab, was sie anschwel­len lässt und die dadurch gespannte Haut diese Miss­emp­fin­dun­gen stär­ker über­trägt.
Seit zwei Jah­ren nehme ich des­we­gen Vit­amin B, in der Hoff­nung, es zwar nicht zu hei­len, aber doch wenigs­tens auf­zu­hal­ten oder raus zu zögern. Ich weiß nicht, ob es hilft.

Letzte Woche hatte ich eine kleine schmerz­hafte Beule am Kopf hin­ter dem Ohr, ver­mut­lich war da eine Drüse irgend­wie ent­zün­det. Das ist inzwi­schen wie­der weg, aber seit­dem krib­belt die Kopf­haut an der Stelle. Nicht unun­ter­bro­chen und wenn ich sehr ver­tieft bin in eine Beschäf­ti­gung, ver­gesse ich es auch mal eine Weile, aber es wird doch mehr und stört zuneh­mend. Alle paar Minu­ten hab ich das Gefühl, als wären da auf einer Stelle von viel­leicht 2 cm Durch­mes­ser kleine Tier­chen, die durch die Haare krab­beln oder als ob etwas von innen gegen die Kopf­haut - ich weiß gar nicht, wie ich es beschrei­ben kann: vibriert? krib­belt? Wie so leichte elek­tri­sche Reize. Es tut nie weh, es nervt nur ein­fach so sehr. Es ist, als ob mich die ganze Zeit immer wie­der jemand anfasst und ganz leicht strei­chelt und ich schlage die Hand weg. aber sie kommt immer wie­der und hört ein­fach nicht auf. Die Folge ist natür­lich auch, dass ich inner­lich total ange­spannt bin und dau­ernd dort­hin fühle, das macht es nur nicht besser.

Ich hab dann heute mal Tante Google um ärzt­li­chen Rat gefragt und neben dem Begriff “Poly­neu­ro­pa­thien” auch “Kopf­haut­dy­s­äs­the­sie” gefun­den. Und ach guck, immer wie­der tau­chen als Ursa­chen die glei­chen Dinge auf: Über­ge­wicht, Dia­be­tes, Depres­sion, Frau. Es ist zum ver­rückt wer­den. Zum Haare rau­fen, haha.

Tante Google hat mir auch die Adresse von einer Pra­xis mit meh­re­ren Neu­ro­lo­gin­nen (ja, nur und aus­schließ­lich Frauen) in mei­ner Nähe gesagt und dann werd ich da wohl am Mon­tag mal anru­fen. (Hab ich eigent­lich mal erwähnt, dass ich wahn­sin­nig ungerne zu Ärzt:innen gehe?)

***

Dabei würde ich so gerne schöne Dinge tun. Zum Bei­spiel meine Fotos noch­mal ganz neu auf ihre Taug­lich­keit zur Umwand­lung in schwarz-weiß durch­gu­cken, weil mich das seit eini­ger Zeit so sehr fas­zi­niert, wie sich ein Bild ver­än­dert, wenn ihm die Farbe ent­zo­gen wird. So gerne würde ich diverse Stel­len in Ham­burg auf­su­chen, wo ich Motive extra für sol­che Fotos finde. Und ich möchte mich end­lich mal mit Ligh­t­room beschäf­ti­gen und raus­fin­den, was ich damit eigent­lich anstel­len kann. Meine Foto­seite über­ar­bei­ten und den Blog hier viel­leicht auch noch­mal und sowieso end­lich wie­der mehr schrei­ben. Ach, und Gedichte suchen, die von der Toch­ter dann illus­triert wer­den kön­nen und das dann dru­cken und in die Welt brin­gen.
Ich würde so gerne bewußt genie­ßen, dass die Depres­sion end­lich nicht mehr mein stän­di­ger Beglei­ter ist, der mich dau­ernd zurück und klein hält. Oder tut sie das doch immer noch? Ich kann die schö­nen Dinge doch auch mit krib­beln­der Kopf­haut machen, viel­leicht tun sie mir sogar rich­tig gut. Aber ich bin doch wie­der nur genervt und schlecht gelaunt und finde alles blöd und anstren­gend. Ich muss raus aus dem Karussell. 

14-01-2025 Warten auf Antwort

End­lich erle­digt: der Brief an die Kli­nik in Malente ist weg. Jetzt muss ich war­ten, ob sie ein Ein­se­hen haben und mir ohne Zusatz­kos­ten das Ein­zel­zim­mer geben.

Ob ich noch dazu schrei­ben hätte sol­len, dass ich auch das kleinste da hin­ten neben der Treppe nehme? Das nur einen 2 cm schma­len Blick auf den See hat und neben dem die Lüf­tung vom Schwimm­bad per­ma­nent rauscht, aber Haupt­sa­che, ich hab eins für mich allein. Ob ich das hätte sagen sol­len oder wird es rei­chen, ein­fach nor­mal komisch zu sein?

Wäh­rend ich warte, kann ich ja schon­mal die Liste schrei­ben, was ich noch alles vor­her erle­di­gen und was ich ein­pa­cken muss. So rein vor­sichts­hal­ber, falls alles klappt und womög­lich schnell geht.

(Fahr­rad über­ho­len las­sen, Woh­nungs­schlüs­sel nach­ma­chen und dem Nach­barn geben, Kla­vier­no­ten raus­su­chen, ob ich mir ein gebrauch­tes Note­book gön­nen sollte für unter­wegs?, Strick­zeug dies­mal nicht ver­ges­sen, Tage­buch und Stifte, gute Kopf­hö­rer wären toll, aber es sind ja nur 6 Wochen …)

Drückt ihr mir die Dau­men, bitte?

03-01-2025 Überwindung der Angst

Zitat aus dem Jahresrückblicksbeitrag:

Aber wie sagt Frau R. immer: “Ein Nein haben Sie schon, wenn Sie jetzt nichts tun. Viel­leicht gibt es ein Ja, aber das wer­den Sie nur wis­sen, wenn Sie es ver­su­chen.“
Die Nr. 1 auf mei­ner Zu-Tun-Liste ist also, das Schrei­ben fer­tig zu stel­len und end­lich abzuschicken.

Das Schrei­ben ist fer­tig, seit grade eben. Eigent­lich wollte ich was ganz ande­res machen und mich wie­der davor drü­cken, aber jetzt ist es erle­digt. Es fehlt nur noch die Ein­wei­sung von der Haus­ärz­tin, dann kann ich alles los schi­cken. Und dann kommt das bange War­ten. Gibt es einen Platz, wenn ja, wann und vor allem: wer­den sie meine Bitte ums Ein­zel­zim­mer erfüllen?

Ich hab Angst. Dass sie nein sagen zum EZ. Aber auch, dass sie ja sagen, denn dann muss ich ran an die (ver­mut­lich) letzte große Kiste in mei­nem Kind­heits-Kel­ler. Dann muss ich an meine letz­ten Ängste, an die Schutz­mau­ern, an die inne­ren Wider­stände. Im All­tag kann ich die mehr oder weni­ger weg­drü­cken, igno­rie­ren, aber wenn ich extra dafür in die Kli­nik gehe, dann muss ich auch ran an den Scheiss und das macht wirk­lich Angst.

Und was mach ich, wenn das mit dem Ein­zel­zim­mer nichts wird? Doch nach einer Tages­kli­nik gucken?

(Ich will, ich will nicht, ich muss, ich hab Angst.)

31-12-2024 Haken dran

15 Fragen zum Jahresende

(Dis­clai­mer: Die Fra­gen sind teil­weise durch die bekann­ten Fra­ge­bö­gen von Max Frisch und Mar­cel Proust inspiriert.)

  1. Wofür bist du dankbar?

Dass die Welt noch nicht unter­ge­gan­gen ist. Dass meine Füße mich immer noch ein Stück tra­gen, auch wenn das Stück viel klei­ner gewor­den ist und ich immer öfter eine Pau­sen­bank brau­che. Dass ich meine Mut­ter an Jah­ren über­holt habe. Dass ich gute Men­schen an mei­ner Seite habe. Dass Igor zwar wie­der prä­sen­ter war, ich aber in der Regel mit ihm zurecht komme.

  1. Was war in die­sem Jahr deine Lieblingsbeschäftigung?

Ein paar Dinge ändern sich nicht: alte und neue Musik hören, stö­bern im Inter­net (Soziale Medien, Blogs, Nach­rich­ten, Foto­sei­ten, Lyrik und Lite­ra­tur …), Filme und Serien gucken, unter­wegs sein und das mög­lichst mit der Kamera, mich immer wie­der auf Neues einlassen.

Neu hin­zu­ge­kom­men ist der “Foto­Vor­schlag” auf Mast­o­don, mei­nem neuen sozia­len Netz­werk. Dort gibt es jeden Tag ein neues Stich­wort, zu dem Fotos gepos­tet wer­den kön­nen. Das müs­sen keine aktu­el­len oder neuen Fotos sein, die Haupt­sa­che ist, dass sie zum Thema pas­sen. Mir ist es aller­dings wich­tig, dass meine Bil­der auch einen foto­gra­fi­schen Wert haben und nicht nur ein­fach so dahin geknipst sind. Außer­dem gibt es auf Mast­o­don auch noch ver­schie­dene The­men­tage wie den Silent Sun­day, den Meer­Mitt­woch oder den Fens­ter­Frei­tag, an denen ich mich ab und zu betei­lige. Der Aus­tausch unter­ein­an­der ist noch etwas zäh, trotz­dem fühle ich mich in die­ser “Bubble” wohl und inzwi­schen auch gese­hen.
Meine Fotos sind über den Hash­tag #foto­gra­fiafra­gile zu fin­den, falls wer gucken mag.

  1. Was war dein größ­ter Fehler?

Im Nach­in­ein gese­hen war es rich­tig blöd, dass ich gegen die Ableh­nung mei­nes Reha-Antrags im Herbst 2023 kei­nen Wider­spruch ein­ge­legt hab und bei der Kli­nik, in der ich Anfang 2024 einen Platz gehabt hätte, nicht vehe­ment um ein Ein­zel­zim­mer gekämpft habe.
(In einer von der RV bezahl­ten Reha ist es völ­lig nor­mal, dass es Ein­zel­zim­mer gibt, was für mich als HSP abso­lut not­wen­dig ist. Bei einer Ein­wei­sung mit Kos­ten­über­nahme der Kran­ken­kasse wird man dage­gen fast immer in Zwei­er­zim­mern unter­ge­bracht.)
So sitze ich jetzt seit einem Jahr (mit län­ge­rer Unter­bre­chung wegen der Augen-OPs) daran, ein Anschrei­ben für Kli­ni­ken zu for­mu­lie­ren, um aus the­ra­peu­ti­schen Grün­den ein Ein­zel­zim­mer zu bekom­men. Wenn ich dafür zah­len könnte, wäre es kein Pro­blem: Zusatz­leis­tun­gen gehen ja immer. Ich kann das aber natür­lich nicht zah­len. Ich fühl mich aber auch total blöd dabei und will das eigent­lich gar nicht durch­kämp­fen müs­sen, darum zieht sich wie­der­mal alles end­los hin, obwohl es wirk­lich drin­gend wäre, Unter­stüt­zung bei mei­nem Ess- bzw. Gewichts­pro­blem zu bekom­men.
Aber wie sagt Frau R. immer: “Ein Nein haben Sie schon, wenn Sie jetzt nichts tun. Viel­leicht gibt es ein Ja, aber das wer­den Sie nur wis­sen, wenn Sie es ver­su­chen.“
Die Nr. 1 auf mei­ner Zu-Tun-Liste ist also, das Schrei­ben fer­tig zu stel­len und end­lich abzuschicken.

  1. Wann warst du glücklich?

Die Stim­mungs-App sagt, dass der Mitt­woch mein bes­ter Tag ist: weil sich da die Keks­gruppe vom Hilfe-Dings trifft und die tut ein­fach immer noch und immer wie­der gut.
Lei­der hab ich die­ses Jahr in der App nur ins­ge­samt 3 Tage mit der Best­note “super” mar­kiert. Mit 80 “guten” Tagen gab es aber immer­hin 2 mehr als sol­che, die ich mit “schlecht” bewer­tete.
Glück­lich machen mich Tref­fen und Tele­fo­nate mit der Toch­ter und dem Enkel, Aus­flüge inner­halb und raus aus der Stadt, wenn dabei auch noch schöne Fotos ent­ste­hen, die Chats mit Freun­din D., neue Musik zu entdecken.

  1. Warum hast du das nicht öfter gemacht?

Ich tu, was ich kann.

  1. Was hat sich verändert?

Meine Gesund­heit hat lei­der einen gro­ßen Schritt abwärts gemacht; davon ist ja an diver­sen Stel­len in die­sem Blog zu lesen. Eben­falls abwärts ging es mit den Diop­trin­zah­len mei­ner Augen, was in die­sem Fall aber posi­tiv ist. Blöd ist dann aber wie­der, dass ich jetzt mit zwei Bril­len han­tie­ren muss.

  1. Wor­auf bist du stolz?

Dass ich die Angst vor der Augen-OP über­wun­den habe. Dass ich immer wie­der für mich und meine Bedürf­nisse einstehe.

  1. Wer waren in die­sem Jahr die 3 wich­tigs­ten Men­schen für dich?

Wie immer: Die Toch­ter, Freun­din D., die Seelenfrauen.

  1. Wis­sen diese Men­schen das?

Ja.

  1. Mit wem hät­test du gern mehr Zeit verbracht?

Ohne ihr damit ein schlech­tes Gewis­sen machen zu wol­len: mit der Toch­ter. Weil sie meine Ener­gie­quelle ist, weil sie mich leben­dig macht und stolz. Weil sie inspi­rie­rend ist und es wahn­sin­nig schön ist, sie in ihrem Leben und Arbei­ten zu beglei­ten. Weil ich sie liebe von hier bis zum Mond und noch viel mehr.

  1. Und mit wem weniger?

Zum Glück hab ich ja kei­nen per­sön­li­chen Kon­takt zu denen, aber so manch einen Poli­ti­ker (und ein paar -innen) hätte gerne ins Nir­gendwo ver­frach­tet, damit sie hier nicht noch mehr Scha­den anrich­ten. Wenn ich kurz nach­denke, fal­len mir da noch ein paar Leute ein, die sie gleich mit­neh­men können.

  1. Was hast du zum ers­ten Mal gemacht?

Ich bin einer Par­tei bei­getre­ten. Nach­dem ich seit sozu­sa­gen schon immer die Grü­nen wähle, fand ich es ange­sichts der aktu­el­len poli­ti­schen Lage an der Zeit, auch in die­ser Form dazu zu ste­hen. Wie sich das auf meine Akti­vi­tä­ten aus­wirkt, muss ich noch raus finden.

  1. Magst du dein Leben?

Manch­mal.

  1. Was sind die drei wich­tigs­ten Dinge, die du in die­sem Jahr gelernt hast?

Ich hab mei­nen Igor unter Kon­trolle.
Ärzte sind meis­tens blöd.
Ehe­ma­lige Freund­schaf­ten soll­ten lie­ber nicht auf­ge­wärmt wer­den. Es gab damals wohl Gründe, wes­halb sich die Wege getrennt haben und oft genug hat sich an denen nichts geändert.

  1. Mit wel­chem Satz lässt sich dein Jahr zusammenfassen?

Das hatte ich mir anders vorgestellt.

***

Ände­run­gen gesche­hen nicht wegen einer Jah­res­zahl, son­dern weil und auch erst wenn wir bereit dafür sind.

15-11-2024 Diabeteszeug

Ende Sep­tem­ber hatte ich den übli­chen vier­tel­jähr­li­chen Ter­min in mei­ner Dia­be­tes­pra­xis. Da war der Blut­zu­cker so hoch, dass sie mir zusätz­lich zu dem übli­chen Medi­ka­ment auch noch Insu­lin ver­ord­net hat, das ich nun jeden Abend spritze. So wie ich es ver­stan­den hab, pro­du­ziert mein Kör­per zwar Insu­lin, ver­wer­tet es aber nicht ver­nünf­tig - “die Bauch­spei­chel­drüse ist im Burn­out”, sagte jemand. Des­halb gibt es jetzt halt einen Schub von außen dazu.

Ange­fan­gen hab ich mit 10 Ein­hei­ten, drei Wochen spä­ter sollte ich auf 20 Ein­hei­ten erhö­hen, danach noch­mal auf 26. Ich ver­trag das Zeug gut, die Sprit­zen stö­ren mich auch nicht wirk­lich, auch wenn die Vor­stel­lung, das jetzt abso­lut jeden Abend machen zu müs­sen, im Moment noch befremd­lich ist. Aber die Tablet­ten schlu­cke ich ja auch seit über 9 Jah­ren zwei­mal täglich.

Ges­tern hab ich wie­der mit dem Dia­be­tes-Doc tele­fo­niert, um die letz­ten BZ-Werte von der täg­li­chen Mes­sung durch­zu­ge­ben. Das ist alles ein­fach nicht wirk­lich gut. Es schwankt zwi­schen viel zu hoch und “naja, immer­hin stimmt die Rich­tung”, aber ich seh auch noch kein Mus­ter, wie ich die Werte kon­se­quent beein­flus­sen kann. Mal macht sich ein abend­li­cher Freß­an­fall (den es nicht so oft, aber lei­der eben doch manch­mal gibt) deut­lich bemerk­bar, mal nicht. Letzte Woche war ich nach der Dop­pel­imp­fung ein­ein­halb Tage krank und hab so gut wie nichts geges­sen, aber aus­ge­rech­net danach schoß der BZ nach oben wie nix gutes. Nicht zu essen bringt also auch nichts (außer einem Kilo weni­ger auf der Waage).
In der nächs­ten Zeit soll ich jetzt die Insu­lin­ein­hei­ten wei­ter schritt­weise erhö­hen (bis max. 50 Ein­hei­ten) und gucken, ob es bes­ser wird. Anfang Dezem­ber hab ich wie­der Ter­min in der Pra­xis, da sehen wir dann weiter.

***

In letz­ter Zeit denke ich oft: ich hätte die Krank­heit viel erns­ter neh­men und viel frü­her das Ding mit Ernäh­rung und Bewe­gung ange­hen sol­len. Aber da waren immer die Depres­sion und all die ande­ren Kis­ten aus der Ver­gan­gen­heit, an denen ich noch zuerst zu arbei­ten hatte und die Blut­zu­cker­werte waren ja am Anfang auch gar nicht soo schlimm. Ich dachte immer, solange ich nicht zunehme, ist es schon irgend­wie okay, aber das war halt ein Trug­schluss. Ich hab zwar nicht zu-, son­dern sogar abge­nom­men seit­dem (wenn auch lange nicht genug), aber die Dia­be­tes ist ja nicht weg gegan­gen des­we­gen. Jetzt ist es eben noch schwe­rer, dage­gen anzu­ge­hen, weil die Werte inzwi­schen so viel höher sind und sich bereits Aus­wir­kun­gen an ande­ren Stel­len zeigen. 

Aber das “wäre - wenn” nützt ja auch nix. Ist jetzt eben so. Ich wünschte nur, es würde nicht so sehr mei­nen All­tag, mein Leben bestim­men, wie es das grade tut. Denn, ja, ich hab Angst, dass meine Zeit abseh­bar ist, wenn sich nichts ändert. Dass der Kör­per das irgend­wann (bald?) nicht mehr mit­macht.
Die Ner­ven in den Füßen und Bei­nen sind ja schon kaputt und stö­ren nicht nur, son­dern sind zum Teil auch schmerz­haft. Ich weiß nicht, wie sich das wei­ter ent­wi­ckelt und was das noch für Fol­gen hat. Das große Damo­kles­schwert mit der Ampu­ta­tion wird ja immer gerne geschwun­gen, aber eher im Zusam­men­hang mit offe­nen Wun­den, die man nicht spürt, weil die Ner­ven kaputt sind und die dann zur Sep­sis füh­ren. Das muss nicht sein, aber so eine blöde Angst ist eben doch da. Genauso die Angst vor Schlag­an­fall oder Herz­in­farkt. Ein­fach mit­ten im All­tag umzu­kip­pen und nie­mand merkt es. Natür­lich hab ich meine Mut­ter vor Augen, der genau das pas­siert ist und die drei Monate spä­ter gestor­ben ist. Ich will das nicht. Jetzt, wo ich die Depres­sion end­lich im Griff hab, will ich nicht gehen.

Und dann muss ich mich fra­gen, warum ich nicht hier sitze und Fra­ge­bö­gen aus­fülle und Ter­mine mache, damit ich Hilfe bekomme beim Kampf mit der Krank­heit. Warum ver­dammt ich nicht schon längst in der Kli­nik bin. Warum boy­kot­tiere ich mich immer wie­der selbst? Wenn das Essen Selbst­für­sorge war und ist, warum ist dann das rich­tig essen nicht auch genau das, wenn es doch bes­ser ist für mich? Warum wehre ich mich so sehr gegen alles, was mir gut tun würde?
Ich finde die Ant­wort nicht. Ich sehe den Sinn nicht, den es anschei­nend irgendwo in einer merk­wür­di­gen Ecke in mir ergibt. Ich weiß, dass ich gerne hätte, dass jemand anders das für mich macht. So ein Kin­der­ge­danke, weil ich es nicht schaffe. Aber da ist nie­mand mehr, da war auch nie wirk­lich jemand. Noch wei­ter mit den Füßen zu stram­peln, aus Trotz und Trauer dar­über, dass ich es alleine schaf­fen muss, mich aus dem Sumpf zu zie­hen, bringt mich nur noch mehr rein, aber nie­mals raus. Und da unten sieht und hört mich dann erst recht nie­mand. Warum also tu ich es nicht, wenn ich doch leben will?

06-11-2024 Was für ein Tag …

Ich muss hier mal eben poli­tisch werden.

Heute Mor­gen wurde das Ergeb­nis der Prä­si­dent­schafts­wahl in den USA bekannt, das sich mit gro­ßer Wahr­schein­lich­keit in vie­ler­lei Hin­sicht auch auf Europa aus­wir­ken wird. Gewon­nen hat also ein mehr­fach ver­ur­teil­ter Straf­tä­ter, bekannt für Lügen, Steu­er­hin­ter­zie­hung, Frau­en­feind­lich­keit, Belei­di­gun­gen, Ras­sis­mus, Kli­ma­wan­del­leug­nung und Ver­schwö­rungs­theo­rien, der unter­stützt wurde u.a. von einem rechts­ra­di­ka­len Mul­ti­mil­li­ar­där. Lie­ber so Einer als eine kom­pe­tente Schwarze Frau, fan­den die Amerikaner:innen. Ja, auch viele Frauen.

Und wäh­rend in mei­nem sozia­len Netz­werk noch um um Fas­sung gerun­gen wird, kommt am Abend der nächste Knall: Bun­des­kanz­ler Scholz ent­lässt Finanz­mi­nis­ter Lind­ner, die Ampel ist kaputt, im Januar wird ein Miß­trau­ens­vo­tum gestellt und im Früh­jahr wird vor­zei­tig neu gewählt.

Bei aller Sorge, was dann kommt (Scholz sprach bereits davon, sich ernst­haft mit Merz zusam­men zu set­zen), bin ich für jetzt grade ein­mal froh. Es gab sel­ten einen Poli­ti­ker, der uns Arme so offen und scham­los hasst und der so wenig mit den Bürger:innen am Hut hat und statt des­sen alles nur für sich und seine Par­tei macht wie Lind­ner. Und der wurde ent­las­sen von sei­nem Chef. Er hat zwar schon kurz danach in der Pres­se­kon­fe­renz belei­digt mit Sand­kas­ten­förm­chen geschmis­sen, was natür­lich abzu­se­hen war, aber die Tat­sa­che bleibt: er durfte nicht selbst gehen, er wurde gefeu­ert. Und das feier ich heute sehr.
Scholz ist (Him­mel, wie drück ich das jetzt eini­ger­ma­ßen anstän­dig aus?), wenn er über­haupt mal was sagt, eine Luft­blase. Ich halte echt nichts von ihm, schon als Bür­ger­meis­ter von HH war er höchst unan­ge­nehm. Aber wie er Lind­ner in sei­nem State­ment heute in aller Öffent­lich­keit vor­ge­führt und zer­legt hat, war Bal­sam in mei­nen Ohren. “Klein­ka­riert” war noch das net­teste. End­lich kriegt CL so rich­tig eine rein. Das hätte schon längst pas­sie­ren müssen.

Ich hab keine Ahnung, nur diverse Vor­stel­lun­gen, was jetzt wird. Beim Blick in die Welt befürchte ich Schlimmes.

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Infos zur Ampel: https://www.spiegel.de/politik/ampelkoalition-krise-news-scholz-erklaert-die-entlassung-von-lindner-a-6b511cea-1657-4315-a747-7626cc08cc79

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Mein Zitat des Tages:

When a clown moves into a palace, he does­n’t become a king. The palace beco­mes a cir­cus.
(Tür­ki­sches Sprichwort)

31-10-2024 Vierfünftel ungefähr

Wenn ich ein­fach mal rechne - und alle Umstände, die dage­gen spre­chen, bei­seite lasse -, dass ich 80 Jahre alt werde, dann hab ich jetzt etwa 4/5 davon hin­ter mich gebracht. Oder über­stan­den? Erlebt, denke ich die­ser Tage.

In so man­chen Gesprä­chen der letz­ten Zeit ist mir wie­der ein­mal deut­lich gewor­den, wer und wie ich bin. Und inzwi­schen kann ich das, naja, so etwa zur Hälfte oder auch mehr akzep­tie­ren. Kann anneh­men, dass ich _so_ bin und mich nicht mehr ändern werde.
So ist: ich bin keine, die Pläne macht und dann ziel­stre­big drauf zu geht und daran fest hält, egal was kommt - das wird immer deut­li­cher. Ich habe Wün­sche und Träume, Vor­stel­lun­gen, das ja. Aber ich brau­che Zeit, viel Zeit, zum nach­den­ken, abwä­gen, über­le­gen, los gehen. Und wenn ich doch nicht errei­che, was ich mir wün­sche, wenn da mehr­mals was dazwi­schen kommt, dann geb ich auf. Dann geh ich eben anders wei­ter.
Ich lass mich viel eher trei­ben mit dem Fluß, schlän­gel mich durch die Land­schaf­ten mei­nes Lebens, ver­weile hier und da, mach mich breit und mir ein gemüt­li­ches Bett, ich hab keine Eile. Wenn dann doch mal eine enge Stelle kommt, die sich womög­lich zur Strom­schnelle oder gar zum Was­ser­fall ent­wi­ckelt, dann wird es schwie­rig, dafür bin ich nicht gemacht, da schlägt mir auch mal das Was­ser überm Kopf zusam­men. Aber bis jetzt bin ich immer noch jedes­mal wie­der auf­ge­taucht. Mit den Bles­su­ren hab ich zu leben gelernt.
Ich hab auch kei­nen über­trie­be­nen Ehr­geiz und Wett­be­werbe sind nicht mein Ding. In etwas rich­tig gut zu sein, ist toll, dafür Aner­ken­nung zu bekom­men auch, aber ich mag mich nicht mehr dafür über­trie­ben anstren­gen, das ging nicht nur ein­mal schief. Mit man­chen Ereig­nis­sen hab ich lange geha­dert, mich gefragt, ob ich etwas hätte tun oder anders tun kön­nen. Aber ein Fluß kann nicht stop­pen und umdre­hen und zurück flie­ßen an eine frü­here Stelle. Und so man­ches stellt sich im Nach­hin­ein als genau rich­tig her­aus.
Wenn ich dies gemacht hätte und das nicht, wäre das nicht pas­siert, hätte ich jeman­den nicht getrof­fen, einen Sei­ten­weg nicht gefun­den, wäre ganz woan­ders gelan­det. Wäre ich in der Schule nicht gewe­sen, was die Lehrer:innen faul nann­ten, dann hätte ich Abi gemacht und was ganz ande­res stu­diert. Dann wäre ich nicht nach Ham­burg gekom­men, hätte nicht Musik gemacht, kei­nen neuen Beruf, andere Län­der, neue Lei­den­schaf­ten gefun­den und hätte vor allem genau die­ses Kind nicht bekom­men und das wäre wirk­lich unend­lich schade gewe­sen. Denn genau diese Toch­ter ist für andere Men­schen genau rich­tig und alleine dafür bin ich froh, dass alles so war. Selbst der Eine, der mit dem ich so gerne alt gewor­den wäre und der mit sei­nem Weg­gang diese so tiefe Narbe auf mei­ner Seele hin­ter­ließ, selbst die­sen Abschnitt kann ich heute ein­fach sehen als etwas, das unge­heuer wich­tig für mich war, das mich geprägt hat auf vie­ler­lei Weise. Ich bin dank­bar, dass ich diese Zeit hatte.

So zu sein heißt (lei­der) auch, trotz­dem nur ganz schwer los­las­sen zu kön­nen, am liebs­ten alles zu las­sen wie es ist, auch wenn es nicht gut ist, mei­nen Bal­last so lange im Fluß zu behal­ten, bis er den Weg ver­stopft und ich nicht wei­ter komme.
So zu sein heißt auch, nicht beson­ders mutig zu sein, unan­ge­neh­mes weg zu drü­cken, eigent­lich ein­fa­ches nicht zu kön­nen.
So zu sein heißt, höchst emo­tio­nal, sen­ti­men­tal, hoch­sen­si­bel, fröh­lich, trau­rig, melan­cho­lisch, albern, müde, vor­laut, nach­tra­gend, wit­zig, iro­nisch, tief­sin­nig, spie­le­risch, krea­tiv, nah am Was­ser und oft lebens­lus­tig zu sein. Ach, und hab ich schon emo­tio­nal erwähnt? Ich bin oben und unten, hier und da, warm und kalt, aber immer im Fluß. Und wenn der Fluß irgend­wann ins Meer fließt, bin ich glücklich.

Ich nehme es jetzt an, dass alles fließt, dass alles sein soll und einen Sinn hat. Ich mag mein letz­tes Fünf­tel nicht mehr mit Kampf ver­brin­gen, son­dern mit leben und sein.

(Erin­nert mich gege­be­nen­falls daran.)

Salute. Auf die 65.

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