01-10-2023 Gedanken über Gesundheit

Nor­ma­ler­weise ver­su­che ich, mei­nem Kör­per und sei­nen Zickig­kei­ten mög­lichst wenig Auf­merk­sam­keit zu schen­ken. Ich bin keine Hypo­chon­de­rin, die in jedem noch so klei­nen Sym­ptom irgend­was schlim­mes ver­mu­tet, son­dern gehe im Gegen­teil davon aus, dass alles ein­fach wie­der vor­bei geht, was mal stört. Selbst die Dia­be­tes hab ich am Anfang mehr oder weni­ger igno­riert. Es war ja nicht schlimm. Die rele­van­ten Werte waren zwar erhöht, aber nicht über­mä­ßig und nicht lebens­be­droh­lich. Dann nehm ich eben die Tablet­ten und gut ist.
Aber vom Igno­rie­ren geht eben nichts vorbei.

Seit län­ge­rer Zeit bin ich wie­der dau­ernd müde, abge­schla­gen, tief erschöpft. Nach so einem Aus­flug wie letzte Woche nach Flens­burg brau­che ich ewig, um die Ener­gie wie­der auf­zu­fül­len. Ich komme nicht aus dem Bett und das hat nur zur Hälfte mit der (eben doch latent vor­han­de­nen) Depres­sion zu tun.
Vor ein paar Tagen hab ich dann mal wie­der Tante Google gefragt, was denn die Sym­ptome von erhöh­tem Blut­zu­cker sind (ich sollte das eigent­lich wis­sen, aber: siehe oben. Der Kör­per wird am bes­ten igno­riert.). Die Expert*innen sind sich einig:

  • ver­mehr­tes Wasserlassen ✔
  • ver­stärk­tes Durstgefühl ✔
  • tro­ckene Haut und Juckreiz ✔
  • Müdig­keit, Kraft­lo­sig­keit, Erschöpfung ✔
  • Seh­stö­run­gen ✔
  • Mus­kel­krämpfe ✔
  • Ner­ven­er­kran­kun­gen ✔
  • Anfäl­lig­keit für Infektionen
  • schlechte Wund­hei­lung ✔
  • Bauch­schmer­zen, Übel­keit, Erbrechen
  • Appe­tit­lo­sig­keit und rascher Gewichts­ver­lust (dar­auf warte ich ja immer noch [/Sarkasmus Ende])

Ah ja. Sehr aufschlussreich.

Die Mes­sun­gen vom Blut­zu­cker ges­tern und heute bestä­ti­gen natür­lich, dass er zu hoch ist. Also wälze ich wie­der Unter­la­gen, on- und off­line. Wel­che Lebens­mit­tel sen­ken den BZ, wel­ches sind noch­mal die ganz schlech­ten (haha, als ob ich das nicht eh wüßte), was hilft über­haupt, die Werte in den Griff zu bekom­men. Und stelle dabei fest: so furcht­bar falsch ist das alles wirk­lich nicht, was ich mache. Ich esse echt rich­tig viel Gemüse, mit­tags und abends. Obst könnte mehr sein, aber das, was ich gerne mag, ist lei­der ent­we­der sai­so­nal kurz oder teuer. Koh­le­hy­drate (Brot, Pasta, Kar­tof­feln, Reis) sind gar nicht so gefähr­lich, aber da könnte ich sicher noch spar­sa­mer sein. Zucker und Süßes gibt es hier schon lange nur in ver­nünf­ti­gen Dosen und Fett hab ich inzwi­schen sehr redu­ziert. Meis­tens schaffe ich es beim Ein­kau­fen, am Chips-Flips-Regal vor­bei zu kom­men, ohne was mit­zu­neh­men. Ich trinke täg­lich wenigs­tens 1 Liter Was­ser und nur noch ein oder zwei Becher Kaf­fee, manch­mal sogar Tee.

Was vom Spei­se­plan ver­schwin­den muss, ist das TK-Fer­tig­es­sen, das ich mir eben doch manch­mal - nein: wenn ich ehr­lich bin zu oft mache, weil ich oft eben par­tout keine Lust auf kochen hab, weil ich müde bin, jetzt sofort was brau­che oder das Egal-Gefühl zu groß ist. Das Schlechte an die­sem Essen sind vor allem die über­flüs­si­gen Zuta­ten und dass die Por­tio­nen in der Regel zu groß für ein­mal, aber zu klein für zwei­mal sind. Und ich esse immer noch auf, was da ist, ich schaffe es immer noch nicht, kleine Reste zu entsorgen.

Und das ist der zweite und wich­tigste Punkt: ich darf nicht so viel essen. Manch­mal hilft es, wenn ich früh­zei­tig esse, bevor ich zu gro­ßen Hun­ger hab, aber auch dann ess ich fast immer zu viel. Außer­dem müsste ich die aller­letzte “Mahl­zeit” in der Nacht weg las­sen. Die­ses “ich mag noch nicht ins Bett gehen, weil ich mich so ein­sam fühle, aber ich bin allein und unglück­lich und hab des­we­gen ein Loch im Bauch und brau­che jetzt drin­gend noch irgend­was, das das füllt”.

Was zu allem fehlt, ist Bewe­gung. Es muss ja noch nicht­mal rich­ti­ger, ech­ter Sport sein - die ein oder andere regel­mä­ßige Sit­zung auf dem Ergo­me­ter wäre ja schon ein Anfang. “Jedes kleine biß­chen zählt”, sagte die Dia­be­tes­ärz­tin. Das Rad auf dem Weg vom Schreib­tisch in die Küche anzu­gu­cken, ist lei­der kein biß­chen, son­dern nichts. Ich muss da rauf. Egal wann, egal wie lang, egal wie oft - Haupt­sa­che bewe­gen. Und ich hasse es. Ich hasse es abgrund­tief. Ich sitze da drauf und flu­che. Es ist schwer, es ist anstren­gend, es lacht mich aus und am Ende wirkt es natür­lich nicht, weil es so nicht wir­ken kann. Ich hasse das Ding.

Diese letz­ten drei Punkte sind die, wes­we­gen ich die Reha bean­tragt habe. Die ich unter die Lupe neh­men und unter­su­chen muss auf das Woher und das Warum. Warum esse ich zu viel? Warum hab ich immer noch Angst, nicht genug zu bekom­men? Warum stopfe ich ein Ein­sam­keits­loch mit Essen, obwohl das doch so über­haupt nicht hilft und ich das doch weiß? Woher kommt diese vehe­mente Ableh­nung gegen den Gesund­heits­aspekt? Wie komme ich gegen das “ist doch eh alles egal”-Gefühl an? Woher kommt der Gedanke, dass ich es doch sowieso nicht wert bin? Und warum finde ich alles, was mit Sport zu tun hat, so schrecklich?

Ich brau­che keine radi­kale Ernäh­rungs­um­stel­lung wie es z.B. bei einer Unver­träg­lich­keit gegen Lak­tose oder Hist­amin der Fall wäre. Ich muss ledig­lich ein paar Schrau­ben dre­hen an ein paar schlech­ten Gewohn­hei­ten (weni­ger Fer­tig­fut­ter und Fett, mehr Voll­korn). Vor allem aber muss ich end­lich ler­nen, nur so viel zu essen, wie mein Kör­per - und meine Psy­che!! - brau­chen. Bewußt zu essen, jeden Bis­sen. Spü­ren, wie es mich nährt, wie ich (!) mich nähre. Ler­nen, dass das das Gute ist. Dass es bes­ser ist, mich 10 Minu­ten aufs Fahr­rad zu set­zen, als ein But­ter­brot zu essen. Dass ich das nicht als Ver­lust sehe, son­dern als Gewinn.

Nur: Selbst-Moti­va­tion oder “radi­kale Selbst­für­sorge”, wie Freun­din D. es nennt … das sind so Sachen, die kann ich eigent­lich nicht, die hab ich nie gelernt. Ich wünschte, mit dem Essen und dem Sport - also mit der Selbst­für­sorge - würde das noch ein­mal so gehen wie mit dem Rau­chen auf­zu­hö­ren. Das war so ziem­lich das ein­zige Mal, dass es funk­tio­niert hat. Dass ich was schaf­fen wollte, was mir extrem schwer fiel und das ich durch­ge­hal­ten hab. Da hatte ich den Enkel als Grund.
Und ich frag mich immer, warum ich selbst mir nicht rei­che als Grund, gut zu mir zu sein.

Ich muss ler­nen, dass “gesund” das glei­che ist wie “für mich”.

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