Wenn der schwarze Hund sich an mich klammert und über mich legt, mich irgendwann vollständig bedeckt, dann dreht sich in mir alles auf die andere Seite. Es ist, als würde ein Schalter umgelegt. Dann ist alles dunkel, falsch, hoffnungslos. Dann zählt nichts mehr von dem, was ich am Tag vorher noch als richtig empfunden habe. Ich strenge mich auch nicht mehr an, wieder zurück zu gelangen, weil es ja doch sinnlos ist. Und das schlimmste dabei ist: ich glaube mir. Ich halte das für die Wahrheit. Irgendwo in einem hintersten Winkel meines Seins weiß ich zwar, dass es die Depression ist, die mir das alles einredet, aber dieses Wissen ist nicht mehr fassbar für mich.
Wenn es so weit gekommen ist, kann ich nur noch still halten und abwarten, bis die Dunkelheit sich verzieht - oder der richtige Mensch im richtigen Moment durch sie durch bis zu mir gelangt, so wie die Tochter am letzten Sonntag.
Heute ist es zwar noch grau und ich bin sehr müde, aber mein Denken geht wieder in die richtige Richtung. Ich bin wieder da.
Es hat zum Glück diesmal nicht lange gedauert, aber diese Episode zeigt mir deutlich, dass die Krankheit nicht vorbei ist und ich sie auch nicht immer im Griff habe. Die einzelnen Episoden sind sehr unterschiedlich in ihrer Form und Auswirkung und manchmal ist eben auch eine fiese, hinterhältige, bösartige Variante dabei. Igor ist eben doch kein Kuscheltier.
***
Der Titel dieses Beitrags hat zwei Bedeutungen.
Einerseits ist jeder Eintrag hier immer wieder auch eine Übung: mich im Schreiben zu finden und zu begreifen, dran zu bleiben an der geistigen Arbeit, genau die Wörter und Sätze zu finden, die ausdrücken, was ich fühle und am Ende damit auch gesehen zu werden.
Andererseits bezieht er sich auf etwas, das ich gestern bei Bee gefunden habe und was sie “Verse My Day” nennt. Es erinnert an die in verschiedenen Varianten verbreitete Achtsamkeitsübung mit den 3 guten Dingen des Tages, wird aber noch erweitert um “schreibe jeden Tag ein Gedicht”. Es geht nicht um großartige Literatur oder Lyrik, sondern mehr darum, “sich einen Moment Aufmerksamkeit zu gönnen und wirklich wahr zu nehmen, was der Tag gebracht hat”, wie sie mir schrieb.
Mehr dazu findet ihr in diesem Post auf Patreon oder auf ihrem Instagramaccount.
Ich möchte das gerne ausprobieren, eben quasi als Schreibübung, ich muss nur noch eine geeignete Form finden, wie und wo ich die Tagesgedichte aufschreibe.
Dies ist jedenfalls das Gedicht für heute, den 02.01.2023:
Still stehen bleiben aushalten bis die Dunkelheit ihre Macht verliert.
Genau das: Dein Gedicht, deine Zeilen. Du sprichst mir aus dem Herz. So sehr.
((( ❤️ )))