Heute Nacht hab ich geträumt, dass ich (in einem Klassenzimmer oder einem Gruppenraum in der Psychoklinik? Sowas in dieser Art) mit einer Gruppe Menschen zusammen saß, die mir sehr vertraut waren; mit einem davon war ich zusammen oder so, das ist nur noch vage im Kopf.
Was aber nach dem Aufwachen noch da war und den ganzen Tag im Gefühl blieb: wir haben uns im Traum immer wieder umarmt und ich dachte dabei (im Traum), dass ich das (in echt) am allermeisten vermisse in der #aktuellenSituation. Berührt zu werden, gehalten zu werden. Die ganz großen Umarmungen genauso wie die kleinen absichtlichen und zufälligen Berührungen. Haut an Haut. Die Verbindung zu einem Menschen nicht nur fühlen, sondern auch körperlich spüren. Es fehlt so, so sehr.
Ich versuche, psychisch wenigstens auf meiner Normalnull-Linie zu bleiben. Mich nicht allzu sehr von allem nach unten ziehen zu lassen, nicht zu lange traurig zu sein, mich nicht auf das Negative zu fokussieren. Ich gebe mir Mühe, freundlich und gut zu mir zu sein. Aber es wird nicht heller in mir.
Ich sehe die Fortschritte in der Therapie. Ich lerne, die neuesten Erkenntnisse anzuwenden und vieles anders zu denken. Das tut gut, weil damit der Selbsthass weniger wird. Aber es wird nicht heller in mir.
Ich dachte, ich könnte ohne die Stimme in meinem Kopf wieder stärker werden, selbstsicherer, zufriedener. Ich dachte, ich könnte jetzt endlich mit gutem Gefühl tun, was ich mag, was mich ausfüllt. Aber ich hab nicht plötzlich wieder mehr Kraft und es wird nicht heller in mir.
Da, wo die Stimme bisher so überlaut über allem stand, entsteht grade ein großes Loch. Die Stimme wird leiser, die Zweifel weniger, die Wut lässt langsam nach — aber da kommt nichts anderes statt dessen. Da ist trotzdem nicht auf einmal alles gut. Ich weiß nicht, ob ich das erwartet hatte, aber es wird mir grade bewußt. Es ist, als wäre ich zwar eine etwas bessere Version von mir, aber in farblosem Grau.
Und plötzlich vermisse ich Igor. Weil ich, wenn er da war, wenigstens etwas gefühlt habe. Weil die Angst, der Zweifel, der Selbsthass stark waren, Kraft hatten, auch wenn sie mich damit nach unten gedrückt haben. Weil da Tiefe war, bis in den dunkelsten Abgrund. Und weil ich immer das Gefühl hatte, dass diese Tiefe mich zu einem Teil ausmacht. Weil in dem Schwarz und dem Weiß - das es ja auch immer wieder gab - ein ungeheurer Kontrast war, während das jetzige Grau einfach nur verwaschen und konturlos ist.
Und ganz nebenbei: weil ich in diesen Zeiten Gedichte schreiben konnte, wie sie auf meiner anderen Seite zu lesen sind. Auch das vermisse ich sehr.
Denn jetzt ist da ein Loch, aber noch nichts, womit ich es füllen kann.
Out in this no man’s land I’m trying to be me
HAEVN - No Mans Land
Out in this no man’s land I’m dying to be free
If only I could change
Das, was du da schreibst, kenne ich genau so oder sehr ähnlich vom Trauerprozess. Ein Loch ohne Hoffnung auf etwas, das es füllen könnte. Danke, dass du das so klar formulieren konntest. Das ist sehr hilfreich, denke ich grad, für dich, für mich.
Ich danke DIR! <3