Jedesmal, wenn ich mit jemandem über mein Essproblem rede, bekomme ich Tipps zum abnehmen (als ob ich die nicht alle selbst kennen würde, aber das ist nochmal ein anderes Thema). So gut wie alle diese Tipps haben eins gemeinsam: sie beinhalten einen Verzicht.
Kleinere Teller benutzen, damit es nach mehr aussieht und ich früher satt bin. Abends kein Brot mehr. Überhaupt Brot! Kohlehydrate, iiih! Zwischendurch Gemüse als Snack. Margarine statt Butter. Ein Glas Wasser vor dem Essen. Nicht mehr dies und das auch nicht und schon gar keine Chips und Fertigessen ist eh böse und eigentlich sollte ich einfach komplett auf alles verzichten und dann die Frage, die alles übertrifft: “Hast du es schonmal mit fasten versucht?”
Das Ding ist: ich muss schon immer verzichten, auf Essen und so vieles andere, was der Mensch zum (über-)leben braucht. Verzichten hab ich von klein auf gelernt, das kann ich verdammt gut - ich kann dafür nicht gönnen. Anderen schon, aber nicht mir. Jedenfalls nicht, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.
- Ich kaufe dringend nötige Pullover und ein Paar Turnschuhe, weil meine alten total zerfetzt sind. Aber ich habe ein schlechtes Gewissen dabei: weil ich mir etwas gönne, obwohl doch noch ein Pullover im Schrank hängt und ich mir doch letztes Jahr erst eine Jacke gekauft habe (nach 20 Jahren das erste Mal).
- Ich bestelle mir eine Pizza, weil ich erledigt nach Hause komme und keine
EnergieLust mehr habe zum Kochen. Das schlechte Gewissen sitzt mir dabei im Nacken: weil der Kühlschrank doch erst halb leer ist, weil keine Lust zu haben nicht legitim ist, weil es zu viel Geld kostet. - Ich backe einen Kuchen, teile ihn in 8 Stücke und nehme mir jeden Tag eins zum Nachtisch: mit schlechtem Gewissen, weil Kuchen und Zucker und Fett und schlecht für die Gesundheit.
- (Beliebig fortzuführen)
Ich höre sie reden alle: “Aber ohne Verzicht wirst du nicht abnehmen!” Aber ich will nicht verzichten. Ich will endlich lernen, mir etwas zu gönnen, ohne schlechtes Gewissen. Ich meine damit nicht, jeden Tag eine Tüte Chips zu essen oder überall Sahne dran zu tun, weil es so gut schmeckt. Ich meine auch nicht, drei Stücke Kuchen zu essen oder Fast Food, wann immer ich keine Lust zum kochen habe. Wahl- und maßlos Dinge in mich rein zu stopfen, ungesund zu kochen und auf alles zu pfeifen.
Aber ich will nicht abnehmen, indem ich auf ganz vieles komplett verzichte und ich will auch nicht dauernd ein schlechtes Gewissen habe, wenn ich nicht verzichte. Und ich werde nicht anfangen, Sachen zu essen, die ich nicht mag, nur weil sie so gesund sind.
Es geht nicht darum, mein Essverhalten zu ändern, sondern mein Verhältnis zum Essen.
(Und ich wünschte, meine Gedanken würden nicht ständig um dieses Thema kreisen.)
Du bist auf einem guten Weg, glaube ich. 💕
Solange eine von uns dran glaubt! Du darfst mich dann gerne dran erinnern, falls ich es mal nicht sein sollte. 😘