Um kurz nach eins heute Nacht, während ich grade gemütlich noch eine Serienfolge auf Netflix guckte, verabschiedete sich das Internet und verweigerte hartnäckig den Dienst. Ich nahm das als Zeichen, mal etwas früher ins Bett zu gehen und konnte tatsächlich auch gut und schnell einschlafen. Träume: siehe die letzten beiden Nächte.
Und dann hab ich ausgenutzt, dass heute schon wieder nichts auf dem Plan stand und hab mich nach dem kurzen Klo-Wach gegen halb acht gemütlich wieder in mein Bett gekuschelt und nach dem zweiten gegen elf auch nochmal und am Ende geschlafen bis zwanzig nach zwölf.
Als hätte er es geahnt, klingelte 5 Minuten, nachdem ich aufgestanden (aber noch nicht angezogen) war, mein Lieblingspaketbote von Hermes - ich konnte mich grade noch in Leggins und Shirt schmeißen - und brachte die bestellten vier Sommershirts, die *juhu* tatsächlich alle gefallen und passen und so hab ich jetzt endlich wieder mehr als zwei Shirts zum Anziehen für wenn ich raus gehe. Ich bin ja nunmal kein modischer Mensch und Klamotten sind mir relativ egal, darum trag ich die wenigen so lange, bis sie echt auseinander fallen, weil sie halt dauernd gewaschen werden.
Danach kam der beste Teil des Tages: Balkontür auf, Kaffee und aufgebackene Croissants, barfuß, Vogelgezwitscher, das Internet war wieder da und ich hatte bewußt frei, so wie ich es mir gestern vorgenommen hab.
Der Unterschied zu “ich hab so viel zu tun, aber keine Kraft für nichts und mach darum auch nichts” bzw. “ich hab nichts zu tun, dabei müsste ich doch eigentlich, aber mir fehlt die Motivation” ist der, dass ich mir an den als “frei” erklärten Tagen wirklich erlaube, nur das zu tun, wozu ich Lust habe. An solchen Tagen geht es mir gut, bin ich im Reinen, kann es genießen - und bin trotzdem oft nicht unbedingt unproduktiv.
Ich lerne also daraus: wenn ich mich unter Druck setze, schaff ich selten was, wenn ich aber gut zu mir bin und es laufen lasse, gelingt mir viel mehr und es geht mir besser. Da mal drüber nachdenken.
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Heute Abend sind das erste Mal in diesem Jahr mehrere Tische vor dem Hipsterrestaurant schräg gegenüber und auch in der Burgerkneipe besetzt; dazu saß vorhin an der Ecke vor dem Klamottenladen eine fröhliche Runde und 3 der jungen Leute aus der Metal-WG gegenüber hatten Stühle vor die Tür gestellt. Alles zusammen ergab das für eine ganze Weile einen relativ lauten Stimm- und Klangteppich und auch jetzt ist immer wieder lautes Reden und Lachen zu hören.
Die Menschen sitzen wieder draußen und ich bekomme eine Vorahnung, wie es werden könnte über den Sommer. Vielleicht wird es nicht so schlimm wie im letzten Jahr: weil es wieder normal(er) ist, in Kneipen und Restaurants zu gehen und darum nicht mehr so exzessiv genutzt werden muss. Und weil man wieder reisen kann, was letztes Jahr ja nicht einfach möglich war. Vielleicht entzerrt sich dieses Jahr alles ein bißchen. Ich kann es nur hoffen - auch wenn das Projekt #Lärmschutz langsam wächst.

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Nach über 2 Jahren Pandemie spüre auch ich ganz langsam wieder das Bedürfnis nach “Normalität”. Nicht nach Leichtsinn und maskenlosem Einkauf, aber danach, dass mich mehr oder sogar viele Menschen auf einem Haufen nicht mehr so stören. Ich hab auch mal wieder Lust, irgendwo draußen zu essen, abends durch sonnenwarme Straßen zu schlendern, am Wasser zu sitzen - egal, wer da sonst noch so ist. Die Vorsicht verbietet mir das alles noch, aber die Sehnsucht danach macht sich leise bemerkbar.
Das Verrückte ist, dass ich noch nie so oft eine Warnmeldung in der Corona App hatte wie in den letzten paar Wochen. Mal grün, mal rot, aber schon fast durchgängig. Darum bleibt meine Maske selbstverständlich auf, wo immer ich mit Fremden in Kontakt oder Reichweite bin. Die stört mich auch gar nicht weiter, daran hab ich mich total gewöhnt. Es ist vor allem das Bedürfnis, keine Angst mehr zu haben. Nicht immer voller Anspannung in Bus & Bahn zu sitzen oder anderen Menschen auszuweichen. Ich möchte gerne wieder entspannt irgendwo sein, in eine Kneipe gehen oder ins Konzert, durch Ikea latschen und da auch einen Kaffee trinken … Sowas eben.
Es wird nicht wieder normal wie früher, dazu hat sich in zu vielen Bereichen der Gesellschaft zuviel verändert, aber wir können eine neue Normalität bauen, in der wir geschützt miteinander leben können. Das wäre wirklich schön, auch und grade für so Einsiedler*innen und HSP wie mich. Ich hoffe weiter.
Ich hoffe mit (wenn auch ein wenig ungläubig, ob es möglich sein kann).
Hab es fein heute!