Später Nachmittag. Die Balkontür steht offen, mildes Sonnenlicht bricht durch die sattgrünen Blätter der Platane, leise Geräusche von draußen: Kinderrufe, Fahrradklingeln, Würfel in einem Becher bei dem Päärchen vom Balkon im Haus nebenan. (Sie sind in meinem Alter, vielleicht etwas jünger, und sitzen an jedem Schönwettertag nachmittags ein, zwei Stunden draußen. Nach über 20 Jahren Nachbarschaft fingen wir im letzten Sommer an, uns freundlich zuzunicken, wenn wir uns sehen.)
Vorsichtige Blicke aus dem Schneckenhaus.
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Ich mag Montage. Sie bedeuten, dass wieder eine Woche hinter mir liegt, die ich (irgendwie) überstanden habe. Alles ist frisch und neu, alles kann sein, alles ist möglich. Wie jeder Morgen, an dem ein neuer Tag mit neuen Chancen beginnt, nur in groß.
Vor allem aber sind Montage so viel leiser als alle anderen Wochentage. Die meisten Menschen sind bei ihrer Arbeit und nicht draußen unterwegs. Es ist viel weniger Verkehr auf den Straßen. Und zwei der vielen Restaurants haben Ruhetag, darum müssen die Gäste in den anderen Kneipen auch weniger laut brüllen.
Montage sind wirklich gut.
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Ich hab immer noch ein paar Dinge im Kopf, mit denen ich mich beschäftigen könnte, jetzt wo Igor sich nach knapp zwei Wochen Belagerung endlich wieder Richtung Körbchen aufmacht. Dieses sinnlose In-den-Tag-leben bekommt mir nicht, da fühle ich mich schnell selbst völlig sinnlos und überflüssig. Ich brauche etwas zu tun - ich brauche einen Grund, überhaupt aufzustehen. Und wenn der nicht von außen kommt, muss ich ihn eben wieder selbst machen, auch wenn es manchmal unendlich mühsam ist.
Morgen treffe ich mich mit A. (meiner “Sponsorin”) in Planten & Blomen zum Gehen, Sitzen, Zeichnen, Fotografieren, Schnacken. Das passt genau, denn alle Fotos aus den letzten Wochen sind verarbeitet und ich brauche dringend Nachschub. Außerdem will ich neue Postkarten daraus machen - vielleicht mal nicht nur digital, sondern irgendwann auch drucken lassen, einzeln oder als Kalender. Im Moment fehlt es am Geld für den Druck, aber das muss ja nicht sofort sein.
Mein eigenes Logo (das ich u.a. auch für die Karten brauchen kann) liegt immer noch halb fertig im Ordner und wartet auf eine zündende Idee. Letztens fiel mir ein, ich könnte mir ja eines der Wanna-Do’s von der Tochter nehmen — oder sie einfach gleich für mich zeichnen lassen. Jedenfalls will ich das wirklich gerne mal fertig haben.
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Auf dem heutigen Plan steht die übliche Ergometertour, aber ich prokrastiniere das noch etwas und koche mir einen kleinen Espresso mit dem neuen “Maschinchen”. Nach ewigen Zeiten des Vermissens hab ich mir neulich endlich mal wieder so eine kleine silberne Kanne gekauft, für den schnellen Kaffee zwischendurch oder am Abend. Dazu den echten Espresso von Lavazza, den ganz fein gemahlenen, während ich sonst ja die ganzen Bohnen kaufe, aber der passt da einfach besser und ja, ich schiebe die Radfahrpflicht ganz schön vor mir her, während ich hier tippe, was mir so grade in den Sinn kommt.
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Kurios:
Vor einiger Zeit hab ich zufällig bemerkt, dass sich, wenn ich auf der Seite liege, mein Ohrläppchen nach innen umklappt. Ich fand schon immer, dass es bescheuert aussieht, aber seitdem guck ich da ständig hin im Spiegel und es stört echt. Ich klappe es darum jetzt immer wieder zurück, sobald ich liege, aber ich fürchte, meine restliche Zeit wird nicht reichen, bis es wieder normal aussieht. Ich werde damit leben müssen.
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Link des Tages:
“Eine Gruppe von 30 Menschen kann in 3 Stunden einen nennenswerten Unterschied machen, das kann man so festhalten. Wenn Sie jetzt also mit dreißig Menschen bei Ihnen vor der Haustür anfangen würden - gleich würde es dort besser aussehen, das gehört auch dazu. Warum machen Sie es dann nicht, warum machen wir alle es nicht, es ist doch notwendig?”
“Der Mensch an sich hat einige Eigenschaften, die sind gar nicht so unsympathisch. Er hat nur dummerweise auch noch andere, die sich viel leichter beobachten lassen.“
Maximilian Buddenbohm über Gemeinschaftsarbeit, die auch ohne Anführer:in funktioniert.
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Der Espresso ist ausgetrunken und ich will endlich unter die Dusche, was ich aber erst “darf”, wenn ich meine 20 Minuten Training geschafft habe. Also los.
PS: 24 Minuten, 10 km, SchweineHundÜberwindungsLevel 8/10
☺️👍🏼