12-09-2020 Twittersperre oder: Ich war in diesem Draußen

Seit Mon­tag trage ich wie­der­mal so eine dumme Erkäl­tung mit mir rum, die eigent­lich nicht wirk­lich schlimm ist, dank Schnup­fen­nase aber Matsch im Kopf macht. Keine Ener­gie für gar nix, dau­ernd müde, nicht den­ken, lesen oder gar schrei­ben mögen. Ich kann inzwi­schen ganz gut umge­hen mit Tagen, die ich mit “Unpro­duk­ti­vem” ver­bringe oder sol­chen, an denen ich halt ein­fach keine Kraft mehr habe, aber die­ser Zustand zwi­schen krank und gesund ist noch­mal anders: wenn ich eigent­lich will, aber nicht kann. Dann werd ich schnell genervt von allem und bring erst recht nichts hin.

Ziem­lich blöd ist es auch, wenn ich auf­grund der spe­zi­el­len Zei­ten dann lie­ber das Hilfe-Dings und die The­ra­pie absage, um einer­seits meine – was sind das? Bazil­len? Viren? – nicht wei­ter zu geben (man:frau weiß ja nie …), ande­rer­seits aber auch nicht mit all den idio­ti­schen Nasen­pim­meln und MNS-Verweiger:innen zusam­men in Bahn & Bus zu sit­zen. Auch wenn die The­ra­pie­stun­den grade sehr anstren­gend sind, brin­gen sie mich doch jedes­mal wei­ter und tun mir ein­fach gut. Dar­auf zu ver­zich­ten, ist Mist und trägt nicht zur Bes­se­rung der Stim­mung bei.


Am Don­ners­tag war ich dann statt zur The­ra­pie nur schnell zum Ein­kau­fen, dies­mal mit der Bahn und zu Fuß statt mit dem Rad, weil das mit dem Knie eben immer noch nicht geht. Dafür mag der Rücken nicht, dass ich die schwe­ren Taschen dann nach Hause schleppe. Irgend­was ist ja immer. Aber wenigs­tens war ich mal eine Weile weg.


Ges­tern vor­mit­tag geh ich dann wie immer mit dem ers­ten Kaf­fee auf Twit­ter, will was liken und kriege statt des­sen eine Nach­richt: mein Account ist gesperrt. Zeit­gleich eine Mail im Postfach:

“Hallo Ulrike E.,
dein Account, @fantasiafragile, wurde wegen eines Ver­sto­ßes gegen die Twit­ter Regeln gesperrt. Ins­be­son­dere wegen Ver­stoß gegen unsere Regeln über Miss­brauch und Beläs­ti­gung.
Du darfst dich nicht an der ziel­ge­rich­te­ten Beläs­ti­gung von Nut­zern betei­li­gen oder andere dazu ermu­ti­gen. Jemand ande­rem kör­per­li­chen Scha­den zu wün­schen oder Hoff­nun­gen in die­ser Rich­tung zu äußern, zäh­len zu einem sol­chen Ver­hal­ten dazu.”

Das ist der bean­stan­dete Tweet - gepos­tet am 28.08., dem Tag der unsäg­li­chen “Anti-Corona-Demo” in Ber­lin (der Link ging zu einem Tweet von “End­sta­tion rechts):

Ich mach sowas sonst nicht, aber diesmal wünsche ich mir, dass da ein paar Leute mit Corona dabei sind. Vielleicht lernen dann ein paar andere was.

Auch wenn ich natür­lich wei­ter­hin hin­ter dem Tweet stehe, hab ich ihn gelöscht, damit ich wei­ter schrei­ben kann. Inzwi­schen hab ich auch gese­hen, wer mich gemel­det hat und dass der anschei­nend zu einer gro­ßen Blase rech­ter Accounts gehört, die nichts ande­res machen, als den lie­ben lan­gen Tag die Sozia­len Medien nach sol­chen Posts zu durch­fors­ten und sie dann zu mel­den.
Aber der ganze rechts­ra­di­kale Rotz bleibt natür­lich ste­hen. Ken­nen wir ja.


Dann also kein Twit­ter. Viel­leicht könnte ich mich ja mal in die­ses Drau­ßen wagen? Immer­hin ist herr­li­ches Früh­herbst­wet­ter, ich hab eine Fahr­karte und Zeit - warum nicht? Kaf­fee in der Ther­mos­fla­sche mit, was zu essen, das Tablet für Fotos, Buch und Musik, eine Jacke für den Abend und auf gehts zu Plan­ten & Blo­men. Da komm ich gut hin, da kenn ich mich aus, und wenn es doof sein sollte, bin ich auch schnell wie­der weg.

4 Stun­den und 232 Fotos spä­ter: jo, war gut. Biß­chen viele Men­schen, aber an einem Frei­tag­nach­mit­tag bei Sonne nicht ver­wun­der­lich. Trotz­dem nicht so viele wie frü­her und wie befürch­tet. Dass die Musik am Pavil­lon schon gegen halb fünf los ging und nicht wie im Pro­gramm ange­kün­digt um sechs, fand ich ziem­lich blöd, weil die halt sehr laut waren. Da liegt der Rosen­gar­ten, in den ich so gerne gehe, ein­fach ungüns­tig nah dran. Auch die Bahn dahin­ter hatte ich nicht ganz so pene­trant und laut in Erin­ne­rung. Aber gut, es ist eben ein Park mit­ten in der Stadt, die blen­det sich ja nicht ein­fach aus in dem gan­zen Grün. Es war trotz­dem gut, dass ich da war. Und dass ich die Was­ser­spiele um 16 Uhr nur so halb mit­be­kom­men hab, war auch nicht schlimm, da sie ja zwei Stun­den spä­ter noch­mal statt fan­den. Da waren auch viel weni­ger Leute da und ich hatte einen Sitz­platz, freie Sicht und Igor Levit auf den Ohren.
Ja, viel­leicht sollte ich das wie­der öfter machen, die­ses Rausgehen.

Der Nach­teil ist: ich kann mich die nächs­ten zwei Tage nur unter Schmer­zen bewe­gen. Lin­kes Knie, rech­ter Fuß, Rücken - alles ruft nach Ruhe. Ich kenn das ja schon, aber es ist jedes Mal wie­der blöd. Aber ich muss ja nix.

3 Kommentare

  1. Liebe Ulrike, zu der Sper­rung von twit­ter habe ich ja ges­tern schon kurz etwas geschrie­ben. Ich finde es unge­heur­lich! Es gibt sooo viel wirk­lich Men­schen­ver­ach­ten­des, was ste­hen bleibt! Und dann noch das Gefühl, dass es Leute gibt, für die es ein Sprot ist andere zu denun­zie­ren, macht mir Bauch­grum­meln, immer größeres.
    Ich lese deine Bei­träge immer wie­der sehr gerne, weil du nichts schönst, sagst wie es dir geht, was du wie wahr­nimmst, mag ich sehr.
    Ich selbst mache das ja auf mei­nem Blog kaum noch. Zeige meine Bil­der und ver­öf­fent­li­che dort meine Texte.
    Aber ich merke auch meine Inkon­se­quenz, da ich ja auf Twit­ter oft mei­nen Mund nicht hal­ten kann und auf­grund eines Vor­falls nun ernst­haft über­lge wie­der stil­ler zu wer­den. Es geht ja um meine Nerven!
    Spal­tun­gen und Recht­ha­ben­wol­len neh­men immer mehr zu - mich beu­telt das.
    Herz­li­che Grüße und dir ein bal­di­ges Bessergehen,
    Ulli

    1. Liebe Ulli, du bist mit dem Bauch­grum­meln nicht allein.
      Wenn ich die Kraft habe - auch für sol­che Kon­se­quen­zen wie die Sper­rung - dann bin ich laut, das war schon immer so. Mehr kann ich ja nicht tun in mei­ner per­sön­li­chen Situa­tion. Aber in dünn­häu­ti­gen Zei­ten, wenn ich die Ener­gie für mich brau­che, zieh ich mich auch zurück. Auf mich selbst zu ach­ten, ist die Vor­aus­set­zung, um nach aus­sen gehen zu können.
      Trag Sorge für dich! <3

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