Mitte Mai. Es regnet, regnet, regnet. Ich überlege, die Heizung doch wieder anzustellen, weil die Wollsocken und die Kuscheldecke alleine nicht wirklich wärmen. Kühl- und Küchenschrank leeren sich zusehends, aber ich will nicht raus in dieses graue, kalte Nass. Morgen. Bis morgen reicht das alles noch. (Drückt die Daumen.)
Weil ich am Dienstag schon so schlecht drauf war, hatte ich da mit Frau R. vom Hilfe-Dings nicht lange telefoniert. Statt dessen haben wir uns für heute mittag nochmal verabredet und das reden tat doch ein bißchen gut. Sie hat zwar meinen Frust und mein Genervt-Sein abbekommen, aber “das ist doch mein Job” sagt sie und ich weiß, dass das stimmt und sie weiß, dass ich sie niemals persönlich meine.
Jedenfalls kam da im Gespräch ein Gefühl aus dem Tief und das war gut.
Auch am Dienstag kam vom Hilfe-Dings die Nachricht, dass die Mittwochsgruppe wieder stattfindet und sich gleich am nächsten Tag - coronakonform - in Planten&Blomen trifft für einen kleinen Spaziergang mit langer Kaffeepause.
So sehr ich die Frauen aus der Gruppe vermisse - das Zusammensein, die Gespräche, die Herzlichkeit und Wärme, das Lachen … - und mich ja sehne nach Menschen, aber das war mir dann doch zu kurzfristig. So spontan bin ich nicht, zumal ich eigentlich am Mittwoch einkaufen gehen wollte und eine Sache am Tag meistens genug ist. Und dann noch laufen und überhaupt mit diesem Scheißregen und es ist doch eh alles blöd — tja, und dann sitze ich zuhause und bin traurig und allein, während die anderen was zusammen unternehmen und dann kommt eben wiedermal genau dieses Gefühl auf, dass ich ja doch am Ende immer alleine übrig bleibe. Und da ist dann auch gleich das nächste Futter für Igor: ich bin ja selbst schuld daran, weil ich immer irgendwelche Vorbehalte und Gründe dagegen hab und nicht in die Puschen komme und siehste, da bin also wieder wie immer ich die Doofe und ehrlich, ich hasse mich dafür genauso sehr wie dafür, dass ich diese Gedanken habe. Aber es ändert nichts. Nicht der Hass, nicht das Wissen um all das.
Das Gefühl, das da heute während des Telefonats in mir hoch kam, war übrigens Wut. Vor allem wegen Familienzeug, aber auch auf mich und die Krankheit und dieses beschissene Leben und vielleicht klingt das seltsam nach dem, was ich oben geschrieben habe, aber Wut ist ein Gefühl, das mir hilft, aus dem Loch zu kriechen und darum ist sie gut. Auch wenn ich grade noch nicht weiß, wohin mich das bringt.