(Mir fallen grade keine Titel für die Beiträge ein.)
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Mein Rad ist heil! Ich bin wieder Mensch, bin wieder mobil. In den knapp zwei Wochen ohne hab ich gemerkt, wie sehr ich auf das Rad angewiesen bin - und wie gut, dass ich eins hab und körperlich in der Lage bin, damit zu fahren. Allerdings brauchte es noch einen Rat von außen und einen Anschubs an den lieben Nachbarn, bis es soweit war.
Ich hatte am Montag bei Twitter mal so in die Runde gefragt, ab wann es wohl okay sei, etwas genervt zu sein, wenn jemand sagt, er hilft mir morgen und 3 Tage später ist immer noch nichts passiert. Kai schrieb mir daraufhin einen Satz, den ich dem Nachbarn schreiben könnte, der war absolut perfekt: “Meinst du, dass du bis morgen früh dazu kommst, damit ich am Mittag zu xyz fahren kann? Ich muss gerade planen, wie ich hinkomme.” So schlicht, so freundlich, so unaufdringlich und doch konkret. Warum komm ich auf sowas nicht? Warum warte ich immer wieder so lange, bis ich genervt bin und überhaupt nicht mehr freundlich und gelassen nachfragen kann?
Ich hab den Satz etwas ausgeschmückt dann an den Nachbarn per SMS geschickt, leider weiterhin ohne Reaktion. Inzwischen weiß ich, dass er weder SMS noch irgendeinen Messenger nutzt, aber wenigstens ist die Telefonnummer aktuell. Jedenfalls bin ich dann vorgestern (also 5 Tage nach dem ersten Mal fragen) nochmal zu ihm hoch, da wollte er sich grade zum Mittagsschlaf hinlegen: ob es in 2 Stunden okay wäre. Sag ich ihm: gut, dann schieb ich in der Zwischenzeit das Rad zu Aldi, mein Kühlschrank ist leer. Da meint er: nee, komm, dann mach ich es jetzt gleich. (Und ich in Gedanken: na guck mal, geht doch.) Er hat dann eine halbe Stunde gewerkelt vorm Haus, ich saß auf der Treppe daneben und wir haben gequatscht, das war auch schön.
Was lerne ich daraus: Ich muss nicht aushalten, dass etwas nicht funktioniert, nur weil ich es nicht alleine hinbekomme. Ich darf Menschen um Hilfe bitten, wenn ich etwas nicht alleine kann. Ich muss dann aber auch nicht ewig und still abwarten, bis diese Hilfe auch kommt, sondern darf freundlich nachfragen. Nicht nur ich brauche manchmal einen Anschubs zu etwas, was nicht groß und nicht schlimm ist.
Und nochmal, ganz groß, zum merken: ICH MUSS NICHT AUSHALTEN.
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Mit dem Schwung von Mittwoch und dem heilen Rad bin ich dann gestern an den nächsten Punkt auf der Liste gegangen. Seit die Diabetes- und die Hausärztin im Sommer die erhöhten Leberfett- und Cholesterinwerte ermittelt und mir ein neues Medikament verschrieben hatten, war ich immer wieder in Panik. Meine Mutter hatte das ja auch und auch Diabetes Typ II und das Übergewicht und dann die Schlaganfälle und bestimmt werde ich das auch bekommen und daran sterben, wenn ich nicht aufpasse und sofort alles Gewicht verliere und überhaupt stolpert da nicht grade das Herz ganz komisch und der Kreislauf ist auch schon wieder im Keller und HILFE!! Aber anstatt mal zur HÄ zu gehen und nachzufragen, hab ich es ausgehalten. Die war ja auch immer so im Stress in der letzten Zeit und hatte gar keine Ruhe, da muss ich doch nicht mit so eingebildetem unwichtigen Zeug ankommen, so wichtig ist das ja nicht.
Ähm, doch, ist es. (Aber ich kann ja auch trotzdem noch warten, bis meine Medis alle sind und ich sowieso hin muss.)
Jedenfalls war ich gestern da (genau: weil ich ein neues Rezept brauchte) und bat darum, die Ergebnisse der Blutuntersuchung als Ausdruck und vor allem erklärt zu bekommen, damit ich das mal in Relation setzen kann, wie ernst und gefährlich es ist. Als erstes sagte sie, dass es überhaupt keinen Grund für Panik gäbe, auch wenn die Werte nicht so gut seien. Dann nahm sie mir nochmal Blut ab, damit es ganz aktuelle Ergebnisse gibt und die kann ich mir nun am Montag abholen und ich merke sofort, wie gut es ist, dass ich das angesprochen habe.
Außerdem ist sie der gleichen Meinung wie die Dia-Ärztin, dass ich mich nicht so sehr an meinem (Über-) Gewicht festhalten, sondern vor allem auf gesunde Ernährung und Bewegung achten soll, aber alles bitte in meinem Tempo und ohne Stress und das macht mich grade wirklich froh und nimmt sehr viel Anspannung. Dass die Waage heute morgen ein weiteres Kilo weniger anzeigte, war aber sicher nur Zufall *ggg*.
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Seit letztem Jahr lautete mein Mantra “Ich muss ja nix”. Ich werde das jetzt ändern in “Ich muss nicht aushalten”.
Als ich noch superspirituell war, lernte ich, dass Mantren und Affirmationen keine Negationen enthalten sollten. (Den Grund dazu hab ich vergessen.)
Also „Ich darf alles“ ( statt „ich muss nix“) etc.
Kannste aber gleich wieder vergessen, wenn das bei dir nicht resoniert.
Ich freue mich, dass wir uns weiterentwickeln können. Und vermutlich gibt es heute auch bessere Medikamente als damals bei deiner Mutter?
Heißt: Du musst ihre letzten Jahre nicht wiederholen. Du lebst ein anderes, dein eigenes Leben. (Sag ich auch gleich zu mir selbst.)
Ich bin ja nicht spirituell im Sinne von gläubig (an was auch immer). Das, was ich “Mantra” nenne, ist mehr Aufgabe als Glaubenssatz, von daher ist mir das relativ egal mit der Negierung. Vor allem trifft das “ich darf alles” nicht den Kern, weil es da einen gehörigen Unterschied gibt zum “ich muss nix”.
Und zum zweiten: in der Theorie weiß ich das ja. Das interessiert die Panik nur nicht.
<3