Du warst die Liebe meines Lebens. Mit dir wollte ich alt werden. Mit dir wollte ich leben, lieben, streiten, philosophieren, besser machen, lernen, genießen, aufbauen, unterstützen, da sein und eines Tages zurück blicken und “weißt du noch?” sagen können. Mit dir zusammen wäre ich vollständig geworden und “am Ende die, die ich sollte sein”, wie du es einmal schriebst.
Aber du warst noch nicht bereit: erwachsen zu sein und nicht nur zu spielen, meine real existierenden Sorgen als allein erziehende, berufstätige Frau zu teilen, mein Kind und mich zusammen zu tragen. Wo ich Geborgenheit und Nähe brauchte und dich lieben wollte, führtest du philosophische Grundsatzdiskussionen. Wenn du die Gesellschaft revolutionieren wolltest, war ich einfach nur müde von meinem Alltag. Während du Luftschlösser aus Legos bautest, zählte ich mein weniges Geld.
Trotzdem war nicht alles schwierig. Es gab so viel Gutes. So viel behutsame Zärtlichkeit, so viel Zuwendung im Denken und im Tun. Die gleiche Vorstellung vom Leben. Die gemeinsame Liebe zu Musik und Literatur. Dich im Chor hinter mir singen hören, uns gegenseitig die Jahrestage vorlesen, friedlich am Frühstückstisch schweigen, lange Spaziergänge im Park nicht nur des Kindes wegen, nächtliches Spaghettikochen, nachdem wir über allem Reden das essen vergaßen … Mit dir habe ich gelernt, dass man beim Sex lachen kann. Du hast mir gezeigt, dass ich schön und liebenswert bin und auch wenn ich es nur selten selbst fühlen konnte, habe ich dir geglaubt.
Du hast mein Kind geliebt und warst ihr mehr Vater, als es der biologische jemals gewesen wäre: dafür bin ich dir dankbar. Es tat unendlich weh, dass es ein gemeinsames nicht geben konnte, weil du niemals selbst eines wolltest. Als ich erfuhr, dass du jetzt doch zwei Kinder hast, verletzte es mich zutiefst. Aber du warst jung damals, mit uns, ich kann inzwischen verzeihen.
Wir waren oft gut zusammen, aber für dich reichte das nicht für immer. Vielleicht war es auch nur die falsche Zeit.
Auch wenn du nicht geblieben bist, habe ich aus uns gelernt. Ich weiß seitdem, wie Einer sein muss, damit ich ihn lieben kann. Ich weiß, was ich brauche. Und obwohl es nicht das ist, was ich mir gewünscht habe, ist es am Ende doch besser, alleine zu sein, weil es diesen Einen wie dich eben nicht noch einmal gibt.
Du hast in mir eine Lücke hinterlassen, die im Laufe der Jahre zur Narbe wurde. Ich lebe mit ihr, auch wenn sie bisweilen unerträglich schmerzt.
Lieber M., alles Gute zum Geburtstag. Ich hoffe, du hast dein Glück gefunden.