Vergangenen Samstag saß ich in einer von vielen Pausen zwischen putzen, staubsaugen und haushalten und dachte: das versteht auch nur jemand, der_die selbst davon betroffen ist. Dass so eine eigentlich banale Tätigkeit mich körperlich und mental so erschöpft, weil ich alleine für die Planung und das Vornehmen und den Impuls, wirklich loszulegen, schon ungefähr 20% der Energie brauche, die ich für die ganze Aufgabe insgesamt zur Verfügung habe.
Und auch wenn ich das “60 ist das neue 100” schon viel besser akzeptieren kann als vor zwei Jahren, bin ich oft so überhaupt nicht glücklich darüber. Natürlich kann ich mir immer wieder sagen, dass ich ja Zeit hab und keinen Druck und dass nur mein eigenes Tempo zählt, aber es führt mir eben auch immer die Grenzen vor Augen, die mir die Krankheit setzt.
Und dann wird mir auch klar, dass Igor schon sehr lange Zeit vor der offiziell gestellten Diagnose zu meinem Begleiter wurde, denn das mit dem Energieverbrauch kenne ich schon seit meiner Kindheit.
Während der letzten Schneckenhausepisode rückte ein neuer alter Glaubenssatz der inneren Stimme in den Vordergrund, der mich grade viel beschäftigt, auch im Hinblick auf die Energie.
“Jammern ist nicht erlaubt. Schon gar nicht, wenn sich etwas sowieso nicht ändern lässt oder wenn es gar nicht schlimm ist und es anderen viel schlechter geht. Erst recht ist jammern absolut unmöglich, wenn du nicht gleichzeitig bereit bist, die Sache zu ändern, die dir Beschwerden macht.”
Je länger ich die Sätze wirken lasse und drüber nachdenke, desto mehr fällt mir ein, was sie für Auswirkungen hatten und noch haben. Zum Beispiel, dass es mir so schwer fällt, um Hilfe zu bitten. Dass ich so selten sage, wenn ich Schmerzen habe oder krank bin. Dass ich alles im wahrsten Sinn in mich rein gefressen habe.
Wenn ich noch ein bißchen in den Vergangenheitskisten wühle, taucht mit Sicherheit noch mehr auf. Ganz aktuell ist es natürlich die Pandemiesituation und dass ich inzwischen auch nur noch genervt und erschöpft bin. Aber ich bin ja privilegiert im Vergleich mit anderen, also darf ich auch nicht jammern. Oder doch?
Jammern heißt, mich zu zeigen. Eine verletzliche Seite offen zu legen. Schwach und hilflos zu sein und es zuzugeben. Im ersten Moment sind das alles negativ besetzte Eigenschaften — aber sind sie das wirklich? Theoretisch weiß ich, dass es da auch eine gute Seite gibt, aber die muss noch ins Fühlen wandern. Da gibt’s noch viel zu tun.
Oh ja, genau das. I feel you, aber sowas von!