Ich schlafe grade wieder richtig schlecht. Geh müde ins Bett, mach die Augen zu, bin wach. Da ist kein Grübeln oder so, der Schlaf dreht nur einfach vor meiner Nase wieder um und geht. Und dann lieg ich da und entspanne und atme und spüre alles, was stört und der Tinnitus brüllt und irgendwann schlaf ich doch ein und träume all die blöden Träume. Dass ich nicht gehört werde, nicht ernst genommen werde, ignoriert werde und dass die Katzen vom Balkon fallen. Wenn ich dann aufstehe, fühlt es sich an, als hätte ich kilometerlange Gräben gebuddelt. Ohne Werkzeug, nur mit den Händen.
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Ich bin so unendlich müde. Grabentief müde, sozusagen. Ist es Corona, Frühjahr, die allgemeine Situation, Igor, alles zusammen? Ich werde nicht wach, nichts interessiert mich wirklich, alles bleibt an der Oberfläche und perlt daran ab, das Herz wird von nichts warm, nicht auf Dauer jedenfalls.
Der Krieg in einem weit von mir entfernten Land, er berührt mich nicht, er macht nichts mit mir. Um mich herum sind Menschen, die Angst haben, sich engagieren, in die Ukraine fahren, Flüchtlinge aufnehmen wie schon einmal vor 7 Jahren und es geht mich nichts an, ich mag auch nichts mehr davon lesen, ich kann ja sowieso nichts tun.
Ab nächster Woche braucht niemand mehr eine Maske bei irgendwas außer in Bahn & Bus (dem Himmel sei Dank), alles wird wieder geöffnet, die fdp feiert mit den Schwurblern den #FreedomDay *juhu*, während ganz Deutschland auf der Inzidenzienkarte eine einzige schwarze pinke Fläche ist. Die Menschheit wird dank der Dummheit und dem Egoismus einer Minderheit untergehen, aber wen kümmert das schon, Hauptsache, die Wirtschaft läuft. Ich kann mich nicht mehr aufregen, es hilft doch nichts.
Und im Kleinen, bei mir selbst, ist auch nichts. Keine Bewegung, keine Fortschritte, kein Weiterkommen. Ich harre aus in der Wohnung, die an so vielen Stellen renovierungsbedürftig ist. Ich warte ab, dass es warm wird und ich wieder zu spät war mit den ach so toll ausgedachten Maßnahmen, die ich nicht umsetzen kann. Ich habe keine Energie, mich um irgendwas zu kümmern. Mein Leben ist ein einziger Kompromiss, bei dem niemand gewinnt.
Manchmal denke ich: all die Erkenntnisse aus der Therapie haben nur bewirkt, dass es nicht mehr so schlimm ist, aber nicht, dass es besser ist.
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