Den Staub wegfegen, kräftig durchlüften, die Entwürfe aus den letzten Wochen ungesehen löschen und einfach wieder mitten hinein.
Genau einen Monat hab ich nicht geschrieben bzw. nichts veröffentlicht hier im Blog. Ich brauchte diese Pause, ich konnte die selbst gestellte Erwartung des täglichen Schreibens nicht erfüllen. Irgendwann hab ich es akzeptiert und das Blog nur noch zum Aktualisieren der Plugins geöffnet und das war dann auch in Ordnung. Ich wußte, dass es von alleine wieder kommt, wenn ich mir genug Zeit gebe.
Die ganze Geschichte mit dem unerträglichen Lärm und der Umzugsentscheidung (und ein paar anderen kleinen Baustellen im Privaten) hat mich vollständig in Beschlag genommen, da war kein Platz für anderes. Leider hat sie mich, was eben dieses andere angeht, auch zurück geworfen auf meinem Weg, die Depression in den Griff zu bekommen. Alle Zweifel an mir selbst kamen wieder zum Vorschein, die Stimme im Kopf war so laut wie vorher und dazwischen ein permanent kläffender Igor und eine Anspannung, die die Schultermuskeln zu Stein werden ließ.
Nein, es ging mir wirklich nicht gut im vergangenen halben Jahr.
Jetzt geht es auf den Herbst zu, es wird kühler und regnerischer. Die Folge ist, dass die Lokalitäten rundherum sehr viel weniger voll sind und es darum deutlich ruhiger ist. Dass ich selbst meine Balkontür jetzt immer öfter zu habe, tut sein Übriges dazu, dass ich mich entspannen und wieder dem zuwenden kann, wo ich stehen geblieben bin im Frühjahr.
Natürlich gingen die Gespräche mit meiner Bezugsfrau vom HilfeDings und vor allem auch mit meiner Therapeutin weiter. Auch wenn es überwiegend um den Frust mit dem Lärm ging, gab es immer wieder auch neue Erkenntnisse und ich hab wenigstens ein paar kurze Blicke in einige der alten Kisten im Keller geworfen. Da sind eine Menge loser Fäden in meinen Gedanken, die verknüpft werden wollen.
Es geht um den Wert, immer wieder.
Was bin ich wert? Als Person an sich, als nicht mehr arbeitsfähiger Mensch, als Eine, die ihren Lebensbedarf nicht mit Arbeit verdient, die in der Gesellschaft nichts messbares leistet? Oder hat das, was ich mache (das Schreiben über mich und meine Depression, das Laut-Sein zu bestimmten Themen, meine Fotos und die Lyrik, das Da-Sein für Familie und Freund:innen …), doch einen Wert, auch wenn ich für nichts davon Geld bekomme? Wenn ja, für wen und welchen? Reicht das als Recht, einfach hier zu sein?
Darf ich das, mich einfach nur um mich kümmern? Hab ich ein gutes Leben verdient? Hab ich ein Recht darauf, nur dafür zu sorgen, dass es mir gut geht, ohne der Gesellschaft etwas zurück zu geben? Darf ich jammern und klagen und mich “anstellen”, wenn es mir psychisch und physisch nicht gut geht? Bin ich das wert?
Aber: wer erlaubt oder verbietet mir etwas, wer hat ein Recht dazu? Wer definiert, was wertvoll ist und was nicht?
Das mit der Frage nach dem Wert verbundene Thema ist der Vergleich. Ich leiste z.B. weniger als meine Schwester, die auch psychisch krank ist: ist sie darum besser oder hat sie mehr Wert als ich? Wenn sie noch arbeiten kann, warum ich dann nicht? Aber leiste ich wirklich weniger oder sind wir einfach gar nicht vergleichbar?
Warum ist es (mir) immer so wichtig, mich in Relation zu anderen Menschen zu sehen? Bestimmt es meinen Wert, wie gut oder schlecht ich im Vergleich abschneide? Und auch hier gilt: wer definiert, was gut und was schlecht ist?
Über allem die größte Frage: wie schaffe ich es, mir selbst zu vertrauen, wo ich doch die Antwort auf all die Fragen da oben eigentlich weiß?
(Ich arbeite daran.)