Seit dreieinhalb Wochen ist ja nun die neue Matratze da und hat sich schon bestens bewährt. Jetzt folgt der andere Teil, der damit verbunden ist: morgen kommen die Tochter und der Schwiegerfreund und bringen die alte zum Recyclinghof. Und wenn sie schon ein Auto mieten und dorthin fahren, dann könnten sie ja auch noch ein paar andere Sachen mitnehmen, dachte ich mir.
Im Arbeitszimmer steht zum Beispiel seit - ich musste nachgucken, aber es stimmt: seit fast 3 Jahren das leere Terrarium vom Hamsterchen, weil ich mich nicht entscheiden kann, ob ich nicht doch wieder sowas zur Gesellschaft haben will, es aber auch keinen Platz gibt, wo ich es solange aufbewahren kann. Weil die Kammer nämlich seit noch viel viel längerer Zeit zugestopft ist mit Zeug, das zu groß für den normalen Müll ist und darum eigentlich auf den Recyclinghof muss, aber ich hab halt niemanden und mag ja auch niemanden drum bitten. Vor ein paar Wochen hab ich mir dann doch ein Herz genommen und der Tochter gesagt, dass ich ihre Hilfe brauche. Und die Tochter sagt natürlich einfach “ja”.
Also hab ich heute die Kammer ausgeräumt. Die ist 2 qm klein, mit Regalbrettern bis so hoch, dass ich ohne Tritt nicht ran komme und - s.o. - voll mit altem Kram. Unglaublich, was ich da alles gefunden hab.
Kisten mit Malerzeug incl. Klamotten voll Farbe. Aber vielleicht streich ich ja bald mal wieder was und kann das dann noch brauchen. Eine Kiste mit kaputten Wandlampen, eine mit Kabeln und Steckdosen und “ich hab keine Ahnung, wofür das ist”-Kram. 30 Jahre alte Inlineskates, Schützer und ein Helm, der niemandem mehr passt. Schrauben in Daumendicke von meinem Hochbett, das es seit dem Auszug der Tochter vor 18 Jahren nicht mehr gibt. Eine Kiste mit Wintersachen, darunter zwölfzig Schals in allen Farben und Längen und diversen Spuren von Motten. Meine Ballettschuhe und das Tütü aus einer Zeit, als ich dazu gehören wollte. Acht oder neun muss ich da gewesen sein. Verrostete Gerätschaften für hochfliegende Balkonpläne, einen alten Ball ohne Luft, Werkzeug, Fahrradschläuche, die türkise Farbe, mit der die Tochter die Fensterrahmen gestrichen hatte.
Und dann noch die beiden Drachen, die wir auf Sylt so gerne haben steigen lassen. Die sofortige Erinnerung an das Unglück, als ein Stab von einem Drachen beim Auseinanderbauen der Tochter durchs Auge witschte und wir auf der Insel den Notarzt holten und wie der Augenarzt hier zuhause zwei Tage später dann meinte, dass es zum Operieren jetzt zu spät sei. (Keine Sorge, alles ist gut ausgegangen und nichts zurück geblieben.)
So unendlich viel Zeug auf kleinem Raum. Ein ganzes halbes Leben. Vergangenheit. Fast alles davon steht jetzt grade verpackt in Mülltüten und wartet darauf, eingeladen und entsorgt zu werden.
Wie wird das erst, wenn ich umziehe? Wenn ich den Dachboden entmüllen muss, wenn ich hier alles in die Hand nehmen und entscheiden muss, was ich mitnehme in ein neues Zuhause und was ebenfalls entsorgt wird? Woran hänge ich, auch wenn ich es womöglich nie mehr benutze und das Wegwerfen dann der Tochter zuschiebe, für wenn ich mal nicht mehr da bin?
Jedenfalls war das heute eine gute Übung dafür - und wenn mein Rücken nicht mehr so weh tut, so dass ich die Kammer fertig aufräumen und sauber machen kann und das Hamsterheim dort untergebracht habe, dann ist es hier endlich wieder ordentlicher. Und ein bißchen leerer. Und das ist doch ziemlich gut.