Vor Mitternacht im Bett, 12 Stunden geschlafen, mit Kopfschmerzen und schwerem Körper aufgewacht: das ist, wie ich reagiere auf einen Tag wie gestern, an dem ich nicht nur die Mittwochsgruppe, sondern ausnahmsweise auch mein monatliches Therapiegespräch habe und dafür insgesamt fast 2 Stunden mit den Öffentlichen unterwegs bin. Dann sinkt der Akku bis zum Abend auf 10% und braucht mindestens einen von allen Verpflichtungen freien Tag, um wieder auf ein akzeptables Level zu kommen.
Nein, ich beklage mich nicht, ich stelle nur fest. Und bin froh, dass ich mir einen solchen freien Tag heute nehmen kann.
(Fast hätte ich wieder “erlauben” geschrieben, aber wo niemand etwas untersagt, kann auch niemand erlauben. So einfach ist das.)
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Gestern in der Therapiestunde.
Ich: “Wie werde ich nur diese alten Glaubenssätze los, die immer und immer wieder in meinem Kopf entstehen und mit denen ich mich klein und wertlos mache?“
Therapeutin: “Gar nicht. Die werden auf die ein oder andere Weise immer da sein.“
Ich: “Dann muss ich etwas finden, das ich dagegen stellen kann.“
Therapeutin: “Oder daneben.”
Vielleicht ist es genau das. So wie ich aufgehört habe, gegen meinen Igor zu kämpfen und statt dessen gelernt habe, ihm zuzuhören und ihn anders wahr zu nehmen, kann ich vielleicht lernen, diese Sätze in meinem Kopf nicht wegmachen zu wollen, sondern ihnen zu antworten. Ich kann sie hinterfragen, gucken, wo sie her kommen und ob sie wirklich immer noch gültig sind. Es gibt immer einen Spiegel, der die andere Seite und Sichtweise zeigt. Nur weil die alten Sätze immer gleich so losbrüllen und meine Aufmerksamkeit von dem Spiegel ablenken, bedeutet es nicht, dass sie richtig sind. Ich darf sie in Frage stellen - und ich darf neue Sätze finden.
- Stell dich nicht so an! → Ich habe Schwierigkeiten damit. Das ist in Ordnung.
- Dafür bist du nicht krank genug. → Es ist Unsinn, Krankheiten zu vergleichen. Wenn es mich einschränkt und Positives verhindert, ist es Grund genug, Entlastung zu bekommen.
- Das bist du nicht wert. → Doch.
- Mach du mir nicht auch noch Probleme! → Meine Probleme sind genauso real wie die von anderen und lassen sich nicht wegreden, weil sie unbequem sind. Bitte hilf mir.
- Jammer nicht rum, mach einfach! → Aussprechen zu können, dass etwas schlimm ist, hilft mir. Ich kann nur ändern, was mir bewußt ist.
- Wenn du es nicht änderst, willst du es nur nicht genug! → Etwas nicht zu können, hat nichts mit dem Willen zu tun.
- Wer den ersten Schritt nicht geht, ist feige. → Wer den ersten Schritt nicht geht, hat vielleicht keine Kraft dafür.
- Das schaffst du sowieso nicht. → Wenn du aufhörst, mich weiter mit deinen blöden Sätzen zu belästigen, schaff ich alles, was ich kann.
Ein erster Versuch, ganz spontan. Ich bin sicher, dass ich noch viele andere finde.
Macht ihr mit? Schreibt gerne in den Kommentaren, was euch einfällt!
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Fliegen will ich! Nicht mehr gebunden sein an die alten Muster die längst ausgeblichen sind und ihre Gültigkeit verloren haben (sollten). Nicht mehr stehen bleiben im Sumpf der Gedanken die festhalten und klein machen und mir nichts zutrauen. Nicht immer gleich aufgeben aushalten und resignieren weil der Mut fehlt und die Hoffnung dass ich etwas ändern kann. Ich will los lassen dem Lauf der Möglichkeiten folgen vertrauen auf mich und dass ich weiß was richtig ist. Ich will weiter gehen auf meinem eigenen Weg so wie es mir entspricht und mir gut tut weil ich es mir wert bin. Fliegen will ich! Weil ich es kann.
„Da ist doch nichts dabei!“ > Doch, da ist eben ganz viel dabei, das mit mir zu tun hat. Und nur, weil es dir leicht fällt, muss es nicht allen anderen auch leicht fallen!
Danke für diesen mutmachenden Text!
Oh, ja, den kenn ich auch!
Immer gerne, meine Liebe. 😘
“Stell Dich nicht so an” - oft genug gehört. Die eigene Einschätzung/ Gefühle/ Ansichten etc. wird/werden niedergemacht.
Ja. Und wenn du es oft genug hörst, dann glaubst du es irgendwann selbst.