23-03-2023 Andere Muster weben

Vor Mit­ter­nacht im Bett, 12 Stun­den geschla­fen, mit Kopf­schmer­zen und schwe­rem Kör­per auf­ge­wacht: das ist, wie ich reagiere auf einen Tag wie ges­tern, an dem ich nicht nur die Mitt­wochs­gruppe, son­dern aus­nahms­weise auch mein monat­li­ches The­ra­pie­ge­spräch habe und dafür ins­ge­samt fast 2 Stun­den mit den Öffent­li­chen unter­wegs bin. Dann sinkt der Akku bis zum Abend auf 10% und braucht min­des­tens einen von allen Ver­pflich­tun­gen freien Tag, um wie­der auf ein akzep­ta­bles Level zu kommen.

Nein, ich beklage mich nicht, ich stelle nur fest. Und bin froh, dass ich mir einen sol­chen freien Tag heute neh­men kann.
(Fast hätte ich wie­der “erlau­ben” geschrie­ben, aber wo nie­mand etwas unter­sagt, kann auch nie­mand erlau­ben. So ein­fach ist das.)

***

Ges­tern in der The­ra­pie­stunde.
Ich: “Wie werde ich nur diese alten Glau­bens­sätze los, die immer und immer wie­der in mei­nem Kopf ent­ste­hen und mit denen ich mich klein und wert­los mache?“
The­ra­peu­tin: “Gar nicht. Die wer­den auf die ein oder andere Weise immer da sein.“
Ich: “Dann muss ich etwas fin­den, das ich dage­gen stel­len kann.“
The­ra­peu­tin: “Oder daneben.”

Viel­leicht ist es genau das. So wie ich auf­ge­hört habe, gegen mei­nen Igor zu kämp­fen und statt des­sen gelernt habe, ihm zuzu­hö­ren und ihn anders wahr zu neh­men, kann ich viel­leicht ler­nen, diese Sätze in mei­nem Kopf nicht weg­ma­chen zu wol­len, son­dern ihnen zu ant­wor­ten. Ich kann sie hin­ter­fra­gen, gucken, wo sie her kom­men und ob sie wirk­lich immer noch gül­tig sind. Es gibt immer einen Spie­gel, der die andere Seite und Sicht­weise zeigt. Nur weil die alten Sätze immer gleich so los­brül­len und meine Auf­merk­sam­keit von dem Spie­gel ablen­ken, bedeu­tet es nicht, dass sie rich­tig sind. Ich darf sie in Frage stel­len - und ich darf neue Sätze finden.

  • Stell dich nicht so an! → Ich habe Schwie­rig­kei­ten damit. Das ist in Ordnung.
  • Dafür bist du nicht krank genug. → Es ist Unsinn, Krank­hei­ten zu ver­glei­chen. Wenn es mich ein­schränkt und Posi­ti­ves ver­hin­dert, ist es Grund genug, Ent­las­tung zu bekommen.
  • Das bist du nicht wert. → Doch.
  • Mach du mir nicht auch noch Pro­bleme! → Meine Pro­bleme sind genauso real wie die von ande­ren und las­sen sich nicht weg­re­den, weil sie unbe­quem sind. Bitte hilf mir.
  • Jam­mer nicht rum, mach ein­fach! → Aus­spre­chen zu kön­nen, dass etwas schlimm ist, hilft mir. Ich kann nur ändern, was mir bewußt ist.
  • Wenn du es nicht änderst, willst du es nur nicht genug! → Etwas nicht zu kön­nen, hat nichts mit dem Wil­len zu tun. 
  • Wer den ers­ten Schritt nicht geht, ist feige. → Wer den ers­ten Schritt nicht geht, hat viel­leicht keine Kraft dafür.
  • Das schaffst du sowieso nicht. → Wenn du auf­hörst, mich wei­ter mit dei­nen blö­den Sät­zen zu beläs­ti­gen, schaff ich alles, was ich kann.

Ein ers­ter Ver­such, ganz spon­tan. Ich bin sicher, dass ich noch viele andere finde.
Macht ihr mit? Schreibt gerne in den Kom­men­ta­ren, was euch einfällt!

***

Fliegen will ich!

Nicht mehr gebunden sein
an die alten Muster
die längst ausgeblichen sind
und ihre Gültigkeit
verloren haben (sollten).

Nicht mehr stehen bleiben
im Sumpf der Gedanken
die festhalten
und klein machen
und mir nichts zutrauen.

Nicht immer gleich aufgeben
aushalten und resignieren
weil der Mut fehlt
und die Hoffnung
dass ich etwas ändern kann.

Ich will los lassen
dem Lauf der Möglichkeiten folgen
vertrauen auf mich
und dass ich weiß
was richtig ist.

Ich will weiter gehen
auf meinem eigenen Weg
so wie es mir entspricht
und mir gut tut
weil ich es mir wert bin.

Fliegen will ich!
Weil ich es kann.

4 Kommentare

  1. „Da ist doch nichts dabei!“ > Doch, da ist eben ganz viel dabei, das mit mir zu tun hat. Und nur, weil es dir leicht fällt, muss es nicht allen ande­ren auch leicht fallen!

    Danke für die­sen mut­ma­chen­den Text! 

  2. “Stell Dich nicht so an” - oft genug gehört. Die eigene Einschätzung/ Gefühle/ Ansich­ten etc. wird/werden niedergemacht.

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