24-06-2022 Still hier [here]

(Mit­ten rein. Nicht nach­den­ken, schon gar nicht recht­fer­ti­gen, vor nie­man­dem. Es ist, wie es ist, und manch­mal ist es auch nicht. So einfach.)

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Je weni­ger ich rede, desto mehr ver­stumme ich. Je mehr ich ver­stumme, desto ein­sa­mer bin ich. Je ein­sa­mer ich bin, desto weni­ger rede ich.

Ja, es ist still hier im Moment. But I’m still here.

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Ins­ge­samt und so von oben gese­hen, geht es mir nicht schlecht in den letz­ten Wochen. Ich hatte sehr net­ten Wochen­end­be­such vom Lieb­lings­nef­fen, war das erste Mal seit Corona wie­der in einem Restau­rant, traf mich mit mei­ner “Spon­so­rin” im Café auf Enten­wer­der, hab mei­nen Bal­kon schön gemacht, fahre mit dem 9-Euro-Ticket zu schö­nen Orten in Ham­burg, gehe so oft wie mög­lich zur Mitt­wochs­gruppe, schreibe fast jeden Tag mit Freun­din D., trai­niere fast regel­mä­ßig auf dem neuen Ergo­me­ter und ver­su­che wei­ter­hin, mich irgend­wie mit die­sem Rent­ner­da­sein anzu­freun­den. Man­che Tage sind müh­sa­mer als andere und müs­sen eben über­lebt wer­den, aber von Igor sehe und höre ich nur sel­ten was.
Trotz­dem fehlt so viel zu einem zufrie­de­nen Leben. Moti­va­tion, Kon­zen­tra­tion, Aus­dauer, rich­tige Auf­ga­ben, aber vor allem Lei­den­schaft. Die Ideen sind da, aber nur im Kopf: sie wol­len nicht in die Tat. Ich fange vie­les an und lege es schnell wie­der weg, weil das oben auf­ge­zählte nicht da ist. Das macht alles anstren­gend, frus­trie­rend, lang­wie­rig und ermü­det schnell, was dann natür­lich auch wie­der aus­bremst.
Ich seh die Tür nicht, die aus dem Kreis­lauf raus führt.

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Seit eini­ger Zeit immer wie­der der Gedanke: ich bin jetzt so alt, wie meine Mut­ter war, als sie die Schlag­an­fälle hatte, die 3 Monate spä­ter zu ihrem Tod führ­ten.
Wie ging es ihr, wie hat sie sich gefühlt? War sie zufrie­den, was hatte sie für Pläne, wie jung oder alt hat sie sich emp­fun­den - kör­per­lich, aber vor allem geis­tig und see­lisch? Wir haben so viel Ähn­lich­keit in so vie­len Din­gen und ich kann mir beim bes­ten Wil­len nicht vor­stel­len, jetzt schon zu ster­ben. Ja, das macht mir Angst. Was kann, was muss ich anders machen als sie?

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Nach­dem ich die Spende für den Ergo­me­ter bean­tragt habe und das Ding jetzt wirk­lich bei mir steht, sind die The­men Gewicht und Ernäh­rung wie­der ganz vor­nean. Ich würde gerne noch­mal The­ra­pie dazu machen, wie­der von vorne, aber dies­mal den Focus anders set­zen. Warum hab ich ange­fan­gen, zu viel zu essen? Was bedeu­tete Essen in der Kind­heit und spä­ter, nach­dem M. mich ver­las­sen hat? Was hat Essen mit Für­sorge, näh­ren und wach­sen zu tun und was mit Strafe, Rück­zug, Schutz und unsicht­bar machen?
Das Thema ist zu groß für mich alleine.

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Aber Fotos. Fotos machen geht.

2 Kommentare

  1. Danke, dass du dich. mal wie­der hier zu Wort mel­dest. Ich glaube, manch­mal braucht es Zeit, um zu den rich­ti­gen, also den wesent­li­chen, den ver­än­dern­den Fra­gen zu gelan­gen. Einen Blick hin­ter den Vor­hang, um die Zusam­men­hänge zu erkennen.
    „Rich­tige Auf­ga­ben“: Obwohl ich weiß, was du meinst, gebe ich zu beden­ken: Das ist sinn­voll, was wir als Sinn definieren. 

    Seit ich auf­ge­hört habe, den einen Lebens­sinn zu suchen, denke und ahne ich, dass es nur einen Sinn gibt: Näm­lich den, den wir uns geben. 

    Viel­leicht müs­sen wir unsere Kon­di­tio­nie­run­gen immer wie­der neu hin­ter­fra­gen (auch das ein mög­li­cher Lebens­sinn?) und Begriffe wie „rich­tige Auf­ga­ben“ auf ihre Rich­tig­keit für uns per­sön­lich abklopfen?

    Ich drück dich.

    1. Für mich sind “rich­tige Auf­ga­ben” und “sinn­volle Dinge” nicht per se das glei­che. Die Auf­ga­ben bekom­men ihren Impuls i.d.R. von außen (Web­sei­ten bauen und pfle­gen, Unter­la­gen für das Job­Cen­ter kopie­ren, Geschich­ten zum Vor­le­sen in der Mitt­wochs­gruppe aus­su­chen, Ter­mine machen und ein­hal­ten, Haus­halt …), da stellt sich die Frage nach dem Sinn gar nicht.
      Dar­über hin­aus defi­niere ich selbst­ver­ständ­lich selbst, was Sinn hat. Meine Fotos zu bear­bei­ten und öffent­lich zu zei­gen befrie­digt mich selbst und freut (so ver­mute ich) andere Men­schen. Meine Gedan­ken auf­zu­schrei­ben hilft mir beim sor­tie­ren und wei­ter kom­men. Sogar nach Videos zu Foto­be­ar­bei­tung oder zum Ergo­me­ter­trai­ning zu gucken ist sinn­voll, weil ich was dar­aus lerne. Einen Film zu gucken, der mich berührt, ist sinn­voll. Aber Tage mit “Dad­deln” und ziel­lo­sem Sur­fen im Inter­net sind sinn­los, weil sie nir­gends hin­füh­ren und noch müder machen als ich eh schon bin. Und davon gibt es ein­fach zu viele. Weil die Lei­den­schaft, die Moti­va­tion, die Kon­zen­tra­tion für das andere fehlt.

      Das alles hat - für mich, nur für mich! - über­haupt nichts mit dem Sinn des Lebens zu tun, der steht auf einem ganz ande­ren Blatt und ist quasi über­ge­ord­net. Und nein, meine bloße Exis­tenz hat in mei­nem Uni­ver­sum kei­nen Sinn, auch wenn andere das viel­leicht anders sehen.

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