Du machst deine Entscheidung zu der richtigen Entscheidung, indem du dich entscheidest.
(Freundin D. im Chat gestern)
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Nach einigen Tagen mit Bauchschmerzen, schlechtem Schlaf, endlos kreisenden Gedanken und vielen Zweifeln hab ich jetzt die hoffentlich richtige Entscheidung getroffen, das Ehrenamt, für das ich mich beworben hatte, nicht anzutreten.
Aber der Reihe nach.
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Letzten Dienstag traf ich mich also mit B., einem der Vorsitzenden des Vereins. Ein sehr sympathischer Mann, der an diversen Stellen gleichzeitig agiert und vielleicht darum etwas chaotisch wirkt. Wir sprachen über mich, meine Vergangenheit und Gegenwart, meine Vorstellung, was ich tun kann und will. Er erzählte vom Verein, zeigte mir das Backend von der Webseite und die diversen zusätzlichen Anwendungen, mit denen da gearbeitet wird (Newsletter, Datenbank, Spendensammlung u.a.).
Das war ein wirklich tolles, anregendes Gespräch, er hat sich viel Zeit genommen, die Atmosphäre war locker und angenehm. Was mich etwas störte, war, dass die Aufgaben irgendwie vage blieben. “Da könntest du was machen oder vielleicht da und hier gäbe es auch noch was oder vielleicht lieber dort?” So viele Möglichkeiten, mich einzubringen, aber eben nichts konkretes.
Am Abend kam bereits die erste Mail mit Infos, einem E-Mail-Account beim Verein, einem anderen anzulegenden für den internen Chat, der Zugang zu einem Teilbereich vom WP Backend. Und da war ich dann erstmal überfordert. Was für ein Chaos.
X Seiten und Beiträge im Entwürfeordner, zum Teil seit 2 Jahren. Uralte Kommentare, die nie freigegeben, aber auch nicht gelöscht wurden. Nicht aktualisierte Plugins. Yoast SEO wurde installiert, aber komplett ignoriert. Noch dazu wurde nie umgestellt vom Classic Editor auf Gutenberg, die ganze Seite aber mit dem Theme “Enfold” gebaut, was ja selbst ein Page Builder ist. Viele der Seiten beinhalten also Teile aus allen drei Elementen, was natürlich zu einem heillosen Durcheinander führt. Das sieht man auf der Website selbst nicht, aber es macht das arbeiten eben schwer.
Es gab noch einen anderen Webworker, der sich gemeldet hat für das Ehrenamt, der meinte wohl sofort, dass er die Seite komplett neu bauen würde. Nachdem ich das Backend gesehen hab, stimme ich dem zu 100% zu. Jemand muss da echt mal gründich aufräumen — aber ich bin das nicht. Noch einmal kann ich mich nicht mit Kraft und Herzblut in ein Projekt werfen, das bekommt meiner Depression nicht.
Wo das eine also wirklich eine Nummer zu groß ist für mich, sind andere Aufgaben aber zu klein. Zwischendurch mal Korrektur zu lesen oder einen Newsletter zu layouten reicht mir nicht. Alle paar Wochen oder Monate nur eine Kleinigkeit zu machen, kann ich mir nicht vorstellen. Was, wenn da grade Igor zu Besuch ist? Den kann ich nunmal nicht abstimmen darauf.
Schweren Herzens hab ich also heute bei B. abgesagt. Er hat schnell reagiert, alles gut, kein Problem und ich kann mich ja nochmal melden, wenn sich was bei mir ändert. Wer weiß, was im Leben so alles passiert.
(Aber die Aufregung beim Schreiben und vor allem Absenden der Mail! Immer wieder muss ich es mir wie ein Mantra vorsagen: ich bin niemandem was schuldig, ich muss mich nicht rechtfertigen oder entschuldigen, ich sorge für mich und meine Gesundheit, ich tue, was mir gut tut. Das alte Muster, das mir einredet, dass ich immer perfekt sein muss, dass ich nie jemanden enttäuschen darf, dass ich schlecht bin, wenn ich was nur für mich mache etc., das sitzt ganz tief.)
Aber auch ein Nein kann ein Ja sein. Die Entscheidung gegen etwas bringt mich auch weiter, weil ich dann weiß, was ich nicht will. Und bei allem Überlegen ist mir klar geworden: ich will weder eine große Aufgabe noch eine unregelmäßige, sondern eine kleine, regelmäßige. Am liebsten wären mir abgeschlossene Projekte, aber etwas dauerhaftes käme auch in Frage, wenn es nicht mehr als ca. 3 bis 5 Wochenstunden Arbeit braucht und klar strukturiert ist. Ich glaube, damit könnte ich umgehen, auch in einer nicht guten Phase.
Und jetzt hab ich etwas mehr Zeit, meine Job-Website neu zu machen (das alte Theme ist leider nicht mehr kompatibel mit der neuen PHP-Version), den Lebenslauf richtig gut zu gestalten und mich in Ruhe nach anderen ehrenamtlichen Aufgaben umzusehen. Es gibt welche für mich, da bin ich sicher.
Was mir diese Aktion gebracht hat, ist auf jeden Fall das: ich hab einen ersten Schritt nach draußen gewagt. Ich hab mich getraut, mich zu zeigen (und kam, laut B., “sehr sympathisch” an)! Und ich hab - s.o. - eine deutlichere Vorstellung, was ich will. Alleine dafür hat sich alles gelohnt.
Ja, es ist gut.
Ein Nein ist oft ganz wichtig um zu einem Ja für Etwas zu kommen. Viel Glück und Erfolg dabei.
Leider wird das “Nein” fast immer erstmal negativ gesehen, aber genau so ist es.
Danke!
💜