27-09-2020 Alles doof

So. Kuschel­de­cke, Tee und den guten alten Bach auf die Ohren. Gucken wir doch mal, was hier grade eigent­lich los ist.

Seit Frei­tag häu­fen sich die Dinge, die mich ärgern, die die Stim­mung und alles doof machen. Ich weiß, ich sollte vie­les nicht so nah an mich ran las­sen, aber ich kann das nicht immer weg­drü­cken. Und wenn mich eins sehr doll getrof­fen hat, ist die Tür geöff­net für anderes.

Getrof­fen hat, dass mich eine Twit­te­rin, die ich nur vom Namen her “kenne”, des Tweet­klaus bezich­tigt und in ihre ent­spre­chend bezeich­nete öffent­li­che Liste ein­sor­tiert hat. Noch mehr ärgert mich auch jetzt noch, dass sie sich dann quasi umdrehte und ging, ohne auf meine Ant­wort zu reagie­ren.
Sowas hasse ich abgrund­tief, im Inter­net genauso wie im sog. rea­len Leben: wenn ich für irgend­was beschul­digt werde, wenn mir was unter­stellt wird oder wenn ich (zu Unrecht) kri­ti­siert werde und dann noch nicht­mal den Hauch einer Chance bekomme, etwas rich­tig zu stel­len. Das erlebe ich immer wie­der, seit mei­ner Kind­heit. Von den Schwes­tern, Klassenkamerad:innen, Kolleg:innen, Chefs, Freund:innen. Viele mei­ner schlim­men Träume han­deln davon.

Aber was ist das, was mich so ärgert? Will ich wirk­lich von allen gut ange­se­hen wer­den, selbst von Men­schen, die ich gar nicht mag oder mit denen ich nichts zu tun habe? Ja, irgend­wie immer noch, auch wenn es deut­lich weni­ger gewor­den ist. Vor allem aber möchte ich natür­lich gemocht wer­den von Men­schen, die ich mag oder die ich wert schätze. Ich will gese­hen, gehört und aner­kannt wer­den. Und auf kei­nen Fall will ich, dass fal­sche Dinge über mich gesagt wer­den. Darin bin ich nicht anders als ver­mut­lich alle ande­ren auch.
Darum küm­mert es mich zwar nicht mehr wirk­lich, was diese eine Frau von mir denkt – aber was die 35 Men­schen von mir den­ken, denen ich folge und die ihr und z.T. mir fol­gen und die sich viel­leicht dar­auf­hin fra­gen, ob es nicht sogar stimmt, was sie über mich schreibt. Das ist, was mich trifft und ver­letzt. Das ist, was Bil­der von frü­her her­vor holt und mich einer­seits ärgert, aber eben auch klein und schutz­los zurück lässt.

(Und natür­lich ärgert mich die Unter­stel­lung auch des­we­gen, weil ich wirk­lich die letzte bin, die Tweets klauen würde. Aber die gute Frau scheint sowieso gerne die Tweet-Auf­se­he­rin zu spie­len und sieht dann schon mal böse Absicht, wo weit und breit keine war.)

Es ist kein Trost, dass es in die­sem Fall offen­sicht­lich nicht mein Pro­blem ist: ich knab­ber trotz­dem tage­lang dran rum.

Dann gerate ich auf einen ande­ren Tweet zu einem völ­lig ande­ren Thema, der mich maß­los ärgert - und schaffe es nicht, etwas dazu zu schrei­ben, weil ich mich kei­ner Dis­kus­sion gewach­sen fühle. Inner­lich werde ich wütend, möchte dem Typ sonst­was ent­geg­nen, schlu­cke aber alles run­ter und pack es ein­fach auch noch mit auf die “alles doof” Liste, wo schon so viel ande­rer Scheiß liegt, der mir in die­sem Inter­net dau­ernd über den Weg läuft. Ich will das alles nicht mehr lesen, nicht mehr hören und sehen, ich ertrage das nicht mehr.

Oben pol­tert die Ele­fan­ten­fa­mi­lie, als hät­ten sie keine Unter­nach­ba­rin, beim Ortho­pä­den gibt es erst im Novem­ber wie­der einen regu­lä­ren Ter­min, darum darf ich mor­gen wie­der den gan­zen Nach­mit­tag in der offe­nen Sprech­stunde ver­brin­gen in der Hoff­nung, über­haupt dran zu kom­men, meine Finan­zen sind schon wie­der sowas von am Ende, dabei bräuchte ich drin­gend eine neue Jeans und Schuhe ohne Löcher, ich will hier weg und will doch über­haupt nicht weg, mein Rücken tut scheiß­weh, drau­ßen ist mit dem Regen der Herbst gekom­men und hat die Kälte mit­ge­bracht und wo um alles in der Welt ist nur die­ses eine ver­dammte Foto gespei­chert, das ich unbe­dingt zu dem Gedicht brauche?

Ich weiß nicht, wie ich all dem begeg­nen soll. Neben mir auf dem Schreib­tisch liegt ein gro­ßer Sta­pel Blät­ter, die ich für das Hilfe-Dings aus­fül­len soll, über­schrie­ben mit “Mein per­sön­li­cher Hand­lungs­plan für Kri­sen” und ich lache bit­ter, weil ich keine Ahnung hab, was ich da schrei­ben soll außer dass ich mich in sol­chen Zei­ten halt in mein Schne­cken­haus verkrieche.

Super Wochen­ende also.

Aber es war auch nicht ganz alles doof und es ist wich­tig, das immer wie­der auf­zu­schrei­ben, damit es abzu­ru­fen ist in sol­chen Zeiten. 

Rich­tig gut war das Gespräch zwi­schen Vanessa und Chris­tian über seine Angs­stö­rung, das ich ges­tern und heute end­lich gehört habe. Kluge Fra­gen und kluge Ant­wor­ten, ganz unauf­ge­regt, ich mag das sehr.
Ich ver­link das noch­mal, viel­leicht mag ja noch jemand reinhören.

Ziem­lich ver­dammt gut war die erste Kür­bis­suppe des Jah­res, die ich ges­tern gekocht habe, wäh­rend ich den Bei­den da oben zuhörte.

Und wie so oft ganz zau­ber­haft, wun­der­schön, berüh­rend und lächeln machend war der Bei­trag vom Frei­tag bei Herrn Buddenbohm.

Ich lag da also auf mei­ner Liege in die­ser aus­ge­spro­chen mil­den Nach­mit­tags­sonne, als das Eich­hörn­chen an mir vor­bei­ging. Das Eich­hörn­chen, das natür­lich eines von vie­len gewe­sen sein könnte, aber ich denke es mir immer als nur eines, als das Eich­hörn­chen vom Dienst, es ist ein per­so­na­li­sier­tes Eich­hörn­chen. Es ver­hielt sich an die­sem Tag etwas selt­sam, denn es ging tat­säch­lich lang­sam. Das machen die sonst bekannt­lich nicht, Eich­hörn­chen haben es immer eilig, man sieht sie nur sprin­gend, lau­fend, ren­nend, rasend, klet­ternd oder hüp­fend, aber so ohne jede Eile schlen­dernd, das war unge­wöhn­lich. Es war, so schien es mir, tief in Gedan­ken. Es ging quer über den Rasen vom Weiß­dorn zur Weide und nickte mir im Vor­bei­ge­hen nur flüch­tig zu, es hatte kein Inter­esse an Small­talk oder Aus­tausch. Es klet­terte gemäch­lich die Weide hoch, auf der es gar nichts ver­lo­ren hatte, da es dort nichts Eßba­res fin­den würde. Es setzte sich dort oben aber auf einen Ast und sah wei­ter aus­ge­spro­chen nach­denk­lich aus, es arbei­tete erheb­lich in sei­nem Kopf. Ich glaube eigent­lich nicht, dass Eich­hörn­chen oft in Ruhe nach­den­ken, womit ich der Art aber kei­nes­wegs zu nahe tre­ten möchte. Es war ein­fach unge­wöhn­lich.

Wäre es nicht schön, fragte ich mich, wenn man das auch könnte. Ein­fach umstands­los einen Baum hoch, wenn man mal gründ­lich nach­den­ken muss, und sich dann alles in gro­ßer Ruhe von oben bese­hen. Wir als Men­schen den­ken ja mehr von unten her und dann auch noch in die Tiefe, der Ansatz ist viel­leicht ganz verkehrt?

https://www.buddenbohm-und-soehne.de/2020/09/25/eine-dankespostkarte-6/

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