29-08-2020 Nicht meine Welt

Geschla­fen: geht so, dafür aber lang. Selt­same Träume, aber das ist ja nicht neu.


Zum Früh­stück den ges­tern geba­cke­nen Zwetsch­ge­n­ku­chen und dazu Bil­der und Berichte aus Ber­lin, wo unfass­bar viele Men­schen, die aus­se­hen wie du und ich, aus völ­lig abstru­sen Grün­den zusam­men mit Rechts­ra­di­ka­len, Iden­ti­tä­ren, AfD-Idiot:innen und offen agie­ren­den Nazis für eine Frei­heit demons­trie­ren, die sie schon immer haben, denn sonst könn­ten sie gar nicht auf die Straße gehen und alles miss­ach­ten, was einem der gesunde Ver­stand gebie­ten würde, wenn da noch Ver­stand wäre.
Ich ver­stehe es nicht. Und ich bin soweit, dass ich es nicht mehr ver­ste­hen will. Ich bin soweit, dass ich mir wün­sche, dass da wel­che mit Corona dabei waren, die den Virus ver­brei­tet haben, auf dass sie erken­nen, wie unsin­nig ihr Pro­test ist. 


Ges­tern wurde der Geh­weg vor dem Neben­haus repa­riert, da gab es lose Plat­ten, die wur­den aus­ge­tauscht. Die Arbei­ter haben einen Con­tai­ner ste­hen las­sen an der Straße, gefüllt mit Plat­ten ver­schie­de­ner Größe, Sand etc. Das ist das Eine.
Das Andere: seit Wochen lau­fen Frei­tag­nachts Hor­den jun­ger Leute durchs Vier­tel. Laut­stark gröh­lend, rück­sichts­los, oft betrun­ken. Hocken auf den Trep­pen vor den Häu­sern, hören Musik, machen Lärm; dass da Men­schen woh­nen und schla­fen, inter­es­siert sie nicht.
Nachts stand ich kurz auf dem Bal­kon, da kommt so eine Bande vor­bei. 6 bis 8 Jungs, geschätzt um die 18. Greift sich einer von denen eine Geh­weg­platte aus dem Con­tai­ner, holt aus und wirft sie mit aller Kraft gegen ein Fahr­rad, das am Gelän­der zur Sou­ter­rain-Woh­nung ange­schlos­sen steht. Ein­fach so. Ich hab nur run­ter gebrüllt, ob er den Arsch offen hat oder was. (In sol­chen Momen­ten hab ich keine Kin­der­stube mehr, sorry. Da bin ich nicht mehr nett.) Brüllt er zurück, ich F… soll mich ver­zie­hen.
Seit wann sind die Men­schen so, grade auch die jun­gen? Was ist da bitte so gründ­lich schief gelau­fen? Hat denen nie­mand bei­gebracht, dass sie nicht alleine sind auf der Welt und schon gar nicht der Mit­tel­punkt davon? Dass sie mit Rück­sicht und Mit­ein­an­der viel wei­ter kom­men als mit die­sem Arsch­loch­ver­hal­ten? Ich ver­stehe es nicht.


Heute las ich auf Insta­gram, dass der HVV ein Ange­bot hat, womit man:frau im Novem­ber an allen vier Sams­ta­gen umsonst fah­ren kann, und zwar in fast dem gesam­ten Netz. Bis nach Lüne­burg, Stade oder Rat­ze­burg kommt man damit, das ist wirk­lich weit und nor­ma­ler­weise kos­tet das Tages­ti­cket 23,70 €. Klar ist das Wer­bung und Mar­ke­ting, aber trotz­dem: umsonst nach Lüne­burg, das ist doch toll.
Und dann les ich die Kom­men­tare. Die eine Hälfte freut sich, die andere jam­mert rum. “Das ist ja blöd, ich hab eine Monats­karte, da hab ich ja gar nichts davon, ich will das aber auch, warum wird meine Karte dann nicht billiger!!einself!” usw. usf. Weil über den Tel­ler­rand gucken und gön­nen ja kom­plett aus der Mode ist. Weil, was man selbst nicht braucht, ja auch nie­mand anders haben darf. Ich ver­stehe es nicht.


Ich ver­stehe das alles nicht. Die Men­schen nicht, das Geschrei, die Rück­sichts­lo­sig­keit, die­ses immer ich, immer haben wol­len, aber ich zuerst und du noch lange nicht. Aber ich will es auch nicht mehr ver­ste­hen, weil das nicht (mehr) meine Welt ist.

Wie unend­lich froh bin ich, dass es noch eine andere gibt, in der ich zuhause sein kann, auch wenn sie klei­ner und manch­mal auch stil­ler wird.

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