30-07-2023 Neulich in Flensburg

Anfang Juli waren wir mit der Mitt­wochs­gruppe im Spei­cher­stadt­mu­seum und anschlie­ßend gemüt­lich Kaf­fee trin­ken. Weil das län­ger dau­erte als eine nor­male Runde, fiel die Gruppe in der Woche dar­auf aus. Ziem­lich spon­tan haben wir uns zu dritt zusam­men getan und sind statt des­sen ein­fach mal eben nach Flens­burg gefah­ren - mit Deutsch­land- und Län­der­ti­cket kein Pro­blem. Ich wollte da ja sowieso schon ganz lange mal hin: zum gucken, aber auch ein biß­chen mit der Frage im Hin­ter­kopf, ob es sich da leben las­sen könnte alter­na­tiv zu Hamburg.

So tra­fen wir - C., G. und ich - uns also am Mitt­woch, den 12.07. um vier­tel vor zehn im Zug. Der Plan war, in Flens­burg vom Bahn­hof aus mit dem Bus zum ZOB zu fah­ren und ab da zu Fuß die Innen­stadt zu erkun­den: erst ein gan­zes Stück am Was­ser ent­lang bis zum Muse­ums­ha­fen, dann quer bis zum alten Stadt­tor und dort durch die Fuß­gän­ger­zone zurück bis zum Bahn­hof. Als wir aus dem Bahn­hof kamen, stand da grade ein Bus, der wollte auch zum ZOB, akzep­tierte aber das Schles­wig-Hol­stein-Ticket von C. nicht und wollte auch drin­gend jetzt los. Wir schau­ten uns nur kurz an, lie­ßen ihn fah­ren und mach­ten uns zu Fuß auf den Weg. (Ich liebe es, wenn Kom­mu­ni­ka­tion so ein­fach funktioniert!)

Dadurch kehrte sich aller­dings die Rei­hen­folge unse­rer Tour um, was sich im Nach­hin­ein aber als gold­rich­tig her­aus stellte. C. und G. woll­ten sowieso am aller­liebs­ten Schau­fens­ter gucken und waren damit mehr als glück­lich und beschäf­tigt. Ich hab es ja nicht so mit Kon­sum und Ein­kau­fen und so, darum hab ich mich auf unge­fähr ein Drit­tel der Läden beschränkt mit dem Gucken (Bücher, Schreib­wa­ren, Geschirr und sowas darf dann schon sein) und in der rest­li­chen Zeit foto­gra­fiert. Zwi­schen­durch gab es kleine und grö­ßere Pau­sen auf Bän­ken, auf ande­ren Bän­ken und eine in einem Café mit lecke­rem Kaf­fee & Kuchen (und einem Klo).
Erstaun­li­cher­weise war ich abso­lut nicht genervt davon, dass ich oft auf die Bei­den gewar­tet hab, was sonst eigent­lich schnell der Fall ist. Die Stim­mung war ein­fach so gut, das Wet­ter ent­ge­gen aller Vor­aus­sa­gen mit fast durch­gän­gig Sonne und nur ganz kur­zen Tröp­fel­ein­hei­ten per­fekt, das Lauf­tempo auf unser aller Bedürf­nisse - sprich: auf gemüt­li­che Lang­sam­keit redu­ziert und natür­lich sind wir uns inzwi­schen so ver­traut, dass wir total ent­spannt mit­ein­an­der sein können.

Vom Bahn­hof aus sind wir also zuerst ein gan­zes Stück an gro­ßen Stra­ßen längs gelau­fen, bis wir end­lich am Süd­er­markt anka­men. Da war tat­säch­lich grade Markt, nicht sehr groß, aber bunt und mit vie­len regio­na­len Stän­den - und zu C.’s gro­ßer Freude auch einer mit Fisch­bröt­chen. Wir saßen eine ganze Weile am Rand im Schat­ten und schau­ten dem bun­ten Trei­ben zu.

Ab hier ging es dann fast schnur­ge­rade den Holm ent­lang — wobei das mit dem “grade” eigent­lich nicht stimmt, denn es war eher ein Zick-Zack-Weg von einem Geschäft zum nächs­ten bzw. einer Haus­fas­sade zur ande­ren, immer hin und her von rechts nach links nach rechts. Dazwi­schen gab es idyl­li­sche sog. “Kauf­manns­höfe” zu gucken, man­che breit und öffent­lich, z.T. mit Cafés, andere ganz schmal und intim. 

Die his­to­ri­schen Häu­ser am Holm, in der Gro­ßen Straße und der Nor­der­straße sind ein­fach wun­der­schön. Lie­be­voll restau­rierte und instand gehal­tene Kapi­täns- und Kauf­manns­häu­ser säu­men den Weg vom Süder- bis zum Nor­der­markt. Den Anfang mar­kiert die St. Niko­lai­kir­che, das Ende die St. Mari­en­kir­che, beide mit den hohen Tür­men weit zu sehen, dazwi­schen steht auf hal­bem Weg die däni­sche Hei­lig­geist­kir­che.
Die Stra­ßen sind breit genug, so dass man nicht dau­ernd über fremde Füße stol­pert (in der Hoch­sai­son wird sich das aber ver­mut­lich ändern), an der schat­ti­gen Seite ste­hen viele Bänke und es gibt reich­lich Cafés und Restau­rants. Fahr­rad fah­ren ist in der Fuß­gän­ger­zone übri­gens nur von 22:00 bis 10:00 erlaubt! Bei den weni­gen, die sich nicht daran hal­ten, merkt man auch schnell, dass das sinn­voll ist.
In fast jedem Haus sind Shops, natür­lich über­wie­gend von den übli­chen Ket­ten, die man in jeder Stadt fin­det. Es gibt aber auch kleine, inha­ber­ge­führte und beson­dere Läden mit Din­gen, die in Flens­burg oder in der Region her­ge­stellt wer­den. Auch wenn das Ange­bot rie­sig ist und fast über­wäl­tigt, hat eine zen­trale Ein­kaufs­straße natür­lich den Vor­teil, dass man eben wirk­lich alles dort ein­kau­fen kann und nicht in diverse Stadt­teile fah­ren muss. 

Unsere gute Stim­mung wurde mit Sicher­heit auch von der all­ge­mei­nen Atmo­sphäre in Flens­burg beein­flußt. Ich hab in Deutsch­land sel­ten eine Stadt erlebt, in der man als Fremde nett ange­lä­chelt wird und zwar nicht nur ein­mal, son­dern immer wie­der, schein­bar völ­lig grund­los. Naja, viel­leicht waren wir drei “Gra­zien” auch ein lus­ti­ger Anblick und strahl­ten unsere gute Laune nach außen, aber die Freund­lich­keit der Men­schen auf der Straße war wirk­lich beson­ders. Es wird gesagt, dass das auch daran liegt, dass Flens­burg ganz nah an Däne­mark liegt und sogar eine eigene däni­sche Gemeinde hat. Und wer das Wort “hyg­ge­lig” kennt, kann sich viel­leicht vor­stel­len, wel­che Wir­kung das auf eine Stadt und ihre Bewohner:innen haben kann.

Ursprüng­lich hat­ten wir über­legt, auf der Nor­der­straße bis zum Ende am Nor­der­tor zu gehen, aber auf dem letz­ten Stück war so gut wie nichts mehr los. Vor allem wurde uns bewußt, dass wir mitt­ler­weile schon seit vier Stun­den unter­wegs waren (plus eine Stunde Kaf­fee­pause) und den gan­zen Weg ja auch irgend­wie wie­der zurück müs­sen, aber auf jeden Fall auch noch ans Was­ser wol­len. Die nächste Quer­straße führte uns also nach rechts und direkt zum klei­nen Muse­ums­ha­fen.
Dort ste­hend geht der Blick erst über die Förde auf das gegen­über­lie­gende Ufer mit den vie­len Segel­boo­ten, die dort im Hafen lie­gen und auf den Stadt­teil Jür­gensby, dann nach rechts zur Hafen­spitze und auf die Alt­stadt. Das alles ist so hübsch wie auf Post­kar­ten, nur in echt. Ein biß­chen wie Ham­burg, nur kleiner. 

Nach einer letz­ten Pause gin­gen wir am Was­ser ent­lang zurück, geno­ßen die letzte Sonne und die milde Wärme. Die Füße waren müde gelau­fen und wir beschlo­ßen darum, von hier mit dem Bus zum Bahn­hof zu fah­ren. Den Zug um 18:15 wür­den wir nicht mehr schaf­fen, der nächste fuhr eine Stunde spä­ter; also über­brück­ten wir die War­te­zeit in einem Café und waren dann recht­zei­tig um kurz vor sie­ben am Bahn­hof. Bevor wir zum Gleis hoch gin­gen, wollte G. noch schnell eine rau­chen - ist ja genug Zeit, dach­ten wir. Dass die Bahn mal eben den Fahr­plan geän­dert hat und der Zug nach Ham­burg schon um 19:06 abfuhr, merk­ten wir lei­der erst beim Blick auf des­sen Rück­lich­ter.
Tja, da stan­den wir nun und muss­ten eine wei­tere Stunde irgend­wie rum­brin­gen. In die Stadt zurück lohnte sich nicht, am Bahn­hof gibt es nichts außer den Bän­ken am Gleis. Aber jam­mern und meckern hilft ja auch nicht, also lies­sen wir uns unsere gute Laune nicht ver­der­ben und quatsch­ten ein­fach wei­ter. Der nächste Zug war dann auch schon 20 Minu­ten vor der Abfahrt bereit, so dass wir in aller Ruhe einen Platz suchen konn­ten. Die Rück­fahrt war ent­spannt wie alles an die­sem Tag, die Sonne ging nor­disch-gemäch­lich unter, wir waren glück­lich, müde und albern und gute zwei Stun­den spä­ter end­lich zu Hause.
Ein schö­nes Erleb­nis gab es noch an der U-Bahn, die grade los­fah­ren wollte, als ich die Treppe run­ter kam: ich dachte, ich hätte sie jetzt eh ver­passt und ging in aller Ruhe wei­ter, da öff­nete sich neben mir die Tür und ich konnte noch schnell ein­stei­gen. Herz­li­chen Dank an den Fah­rer, der mich gese­hen hatte!

Auf die­ser Karte kann, wer mag, unsere kleine Tour ansehen.

Und ich muss jetzt nach­den­ken. Ob das wohl eine Stadt zum woh­nen und leben wäre für den Rest mei­ner Zeit? Dazu aber irgend­wann mehr in einem extra Text.

6 Kommentare

  1. So schöne Fotos. Danke. Da bekomme ich gleich Sehn­sucht nach Flens­burg - eine tolle Stadt. Sehr viel Weite und viel däni­scher Ein­fluß. Ich fand es ein­fach, in Kon­takt zu kommen.

  2. Moin Ulrike, was für ein schö­ner Text über euren Aus­flug nach Flens­burg. Vie­len Dank für die sight­see­ing! Klasse dass ihr so die Ruhe bewahrt habt, bei den Wid­rig­kei­ten die auf­tauch­ten (rauchen/ Zug weg etc.) Genau rich­tig eigent­lich- wieso sollte man sich den Tag ver­sauen von sol­chen Klei­nig­kei­ten. Obwohl es mir recht oft so geht.…da gibt’s noch was zu lernen.
    Ich habe mich beson­ders dar­über gefreut, weil ich tat­säch­lich auch Flens­burg ins Auge gefasst hatte, um dort “die letz­ten 1-2 ( wer weiß dass schon?) Jahr­zehnte zu ver­brin­gen. Nur so als Idee bis­her. Aber anschei­nend bin ich damit nicht wer alleine.

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