Stürmisch war’s gestern Abend und in der Nacht, es roch nach Herbst und erster Kälte und ich war froh, dass meine neue Bettdecke nicht nur herrlich leicht ist, sondern trotzdem auch angenehm wärmt.
Heute bläst immer noch ordentlich Wind, die Sonne scheint, aber sie hat spürbar weniger Kraft. Es ist ein Tag für Kuscheldecke und Sofa, Gemüsesuppe und heiße Schokolade zum Nachtisch. Ein Tag zur freien Gestaltung für mich — oder auch einfach zum Nichtstun. Stöbern hier und da, den Levit weiter lesen, aus dem Fenster schauen und träumen.
Mir geht es gut, ich fühle mich tatsächlich einmal wieder leicht und unbeschwert. Es ist ein bißchen wie in dem wunderschönen Gedicht von Mascha Kaléko, einer meiner Lieblingslyrikerinnen - nur eben nicht grundlos und hart und lang erarbeitet.
Sozusagen grundlos vergnügt
Ich freu mich, daß am Himmel Wolken ziehen
Und daß es regnet, hagelt, friert und schneit.
Ich freu mich auch zur grünen Jahreszeit,
Wenn Heckenrosen und Holunder blühen.
– Daß Amseln flöten und daß Immen summen,
Daß Mücken stechen und daß Brummer brummen.
Daß rote Luftballons ins Blaue steigen.
Daß Spatzen schwatzen. Und daß Fische schweigen.Ich freu mich, daß der Mond am Himmel steht
Und daß die Sonne täglich neu aufgeht.
Daß Herbst dem Sommer folgt und Lenz dem Winter,
Gefällt mir wohl. Da steckt ein Sinn dahinter,
Wenn auch die Neunmalklugen ihn nicht sehn.
Man kann nicht alles mit dem Kopf verstehn!
Ich freue mich. Das ist des Lebens Sinn.
Ich freue mich vor allem, daß ich bin.In mir ist alles aufgeräumt und heiter:
Aus: Mascha Kaléko: In meinen Träumen läutet es Sturm.
Die Diele blitzt. Das Feuer ist geschürt.
An solchem Tag erklettert man die Leiter,
Die von der Erde in den Himmel führt.
Da kann der Mensch, wie es ihm vorgeschrieben,
– Weil er sich selber liebt – den Nächsten lieben.
Ich freue mich, daß ich mich an das Schöne
Und an das Wunder niemals ganz gewöhne.
Daß alles so erstaunlich bleibt, und neu!
Ich freu mich, daß ich … Daß ich mich freu.
© 1977 dtv Verlagsgesellschaft, München.
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