Schwarz-weiß oder Farbe? Drauf los gehen oder flüchten? Risiko oder Sicherheit? Höhle oder Bühne? Das Dilemma meines Lebens: ich kann mich nicht entscheiden, was ich will, was besser für mich ist, womit ich mich wohler fühle.
Bei manchen Dingen im normalen Alltag ist das kein Problem. Ich kann bei der h-moll Messe von Bach genauso weinen wie bei Dark Side of the Moon. Ich mag Schokolade genauso gern wie Tomatensoße mit viel Knoblauch zu den Spaghetti. Ich bin eine Nachteule und genieße die Sonnentage. Ich liebe die Hitze in Portugal und möchte wahnsinnig gerne mal nach Alaska.
Bei all dem muss ich mich jedoch nicht zwingend für eins entscheiden: beides ist jeweils möglich, das macht es relativ einfach. Schwierig wird es, wenn sich die Bedürfnisse widersprechen. Denn auch das trifft zu:
Ich bin eine menscheneue Einsiedlerin mit Sehnsucht nach Gesellschaft. Ich suche Anerkennung von anderen und bleibe doch lieber im dunklen Hintergrund. Ich möchte gesehen werden und schäme mich für alles, was ich bin. Ich habe Angst vor der Liebe und wünsche mir nichts mehr als einen Partner an meiner Seite. Ich will mich nicht lösen von den alten Mustern aus der Kindheit und verabscheue sie gleichzeitig zutiefst, weil sie mich hindern, die Vergangenheit los zu lassen.
Manchmal zerreißt es mich fast zwischen diesen Gegensätzen. Denn da gibt es kein “Beides”, kein Hin und Her und kein “heute so und morgen anders”. Es gibt nur ein Entweder - Oder. Reden oder schweigen, einsam oder mit anderen, hell oder dunkel. Aber weil ich mich nicht entscheiden kann, stehe ich in der grauen Mitte. Bin einsam und sehne mich, rede nicht, lache nicht, fühle nicht mehr.
Wie kann ich lernen, mit dieser Ambivalenz meiner Gefühle umzugehen? Wie kann ich lernen, mich zu entscheiden? Muss ich das überhaupt? Wird es wirklich leichter, wenn ich eine Wahl treffe?
C. G. Jung bezeichnete die “…Fähigkeit, das Widersprüchliche der eigenen Persönlichkeit zu erkennen, anzunehmen und zu bejahen als wesentliches Ziel des menschlichen Reifungsprozesses.” *)
Ich fürchte, davon bin ich noch Meilen entfernt. Wie geht es Euch damit?
*) Quelle: BR, Sendereihe zum Thema Ambivalenz mit vielen guten, kurzen Artikeln
(Jetzt teste ich es nochmals.)
Du sprichst mir aus tiefster Seele - aber sowas von!
Danke, dass du Worte dafür gefunden hast, in denen ich mich wiederfinde.
Es tut gut, nicht alleine zu sein damit!
Oh, es hat ja funktioniert mit dem Kommentar. Jippiee!
Wie es mir damit geht? Genau so, ganz genau so! Hab vielen Dank für diese wunderbar stimmigen Worte!
Ich seh schon, ich bin in bester Gesellschaft 😉