Depression Notes 08-12-2019

Wie­viel müde passt eigent­lich in einen ein­zel­nen Menschen?


Meine Frau H. vom Hil­fe­dings ist weg. Sie hat aus per­sön­li­chen Grün­den eine neue Arbeits­stelle und unter dem Gesichts­punkt der Selbst­für­sorge kann ich es total ver­ste­hen, aber ich bin unend­lich trau­rig und auch ein biß­chen wütend, weil mir schon wie­der etwas, was wirk­lich soo gut war, genom­men wird. Das passte nicht nur auf einer Arbeits­ebene, son­dern vor allem auf einer per­sön­li­chen, was der wich­tigste Grund war, ihr wirk­lich ver­trauen zu kön­nen. Mich ihr anzu­ver­trauen in jeder Hinsicht.

Liebe Frau H., falls Sie das noch lesen: ich bin Ihnen nicht böse. Ich wün­sche Ihnen das Aller­beste, weil Sie ein so guter Mensch sind und Gutes ver­die­nen. Danke für alles in die­ser zu kur­zen Zeit.


Dezem­ber: der schlimmste Monat im Jahr. Wo alle plötz­lich besinn­lich und har­mo­nisch wer­den, wo die Fami­lie in den Him­mel geho­ben und ein “hyg­ge­li­ges” Zuhause zum abso­lu­ten Ideal erklärt wird. Wo doch jede*r weiß, dass es am Ende wie­der Streit gibt und Har­mo­nie an alten Ver­let­zun­gen zer­bricht. Bis auf wenige Aus­nah­men eine ein­zige Farce und Kon­sum­schlacht. Und doch … es nicht zu haben, tut weh, jedes Jahr.

Meine liebe Freun­din D. fragte: ist es Neid oder Idea­li­sie­rung, was uns diese Zeit so schwer macht? Und ich stelle fest, dass ich noch immer idea­li­siere. Dass ich noch immer denke, dass Weih­nach­ten all­über­all schön und fröh­lich und har­mo­nisch ist, nur bei mir nicht. Was natür­lich kom­plet­ter Blöd­sinn ist und wes­halb es auch gar kei­nen Grund gibt, nei­disch zu sein. Ich bin es trotzdem.

Und habe mich ent­schie­den, zur Weih­nachts­feier mei­nes Hil­fe­dings zu gehen. Ich kann jeder­zeit ver­schwin­den, wenn es zuviel wird. Aber viel­leicht wird es ja auch gut. Irgendwie.


Der Nach­bar aus dem Sou­ter­rain ist gestor­ben, schon vor zwei Mona­ten. Ich habe nichts mit­be­kom­men. Ach­ten wir noch auf ein­an­der?
Manch­mal habe ich - abge­se­hen vom vir­tu­el­len - tage­lang kei­nen Kon­takt zu ande­ren Men­schen. Da ich viel Rück­sicht nehme und es mir eher unan­ge­nehm ist, wenn man mich hört, kriegt im Haus kaum jemand was von mir mit. Ich könnte in der Dusche aus­rut­schen und da lie­gen und kei­ner würde es mer­ken. Kein wirk­lich schö­ner Gedanke.


Wenn du zu zwei von vier Schwes­tern schon lange keine Bezie­hung mehr hast, die dritte in einer Ent­fer­nung von ein­mal um die Welt lebt und du dann aus Eigen­schutz und Selbst­für­sorge den Kon­takt zu der vier­ten abbrichst, weil es so ein­fach nicht mehr wei­ter geht, schrumpft deine Fami­lie in kür­zes­ter Zeit auf “so gut wie nicht vor­han­den”. Wenn du dann noch erkennst, dass du in die­ser Fami­lie immer klein gemacht und gehal­ten wur­dest, dass du benutzt wur­dest, damit es ande­ren bes­ser geht, dass sie dich nie wirk­lich gese­hen und doch immer hin­ge­bo­gen haben, wie sie es brauch­ten und dass du das alles mit dir hast machen las­sen, weil du ein­fach nur auch dazu gehö­ren woll­test, dann ist es kein Wun­der, wenn deine Welt immer grauer wird und du dich für lange Zeit in dein Schne­cken­haus zurück ziehst und ver­suchst, dort irgend­wie wie­der heil zu werden.


Wie oft wird ein schwer depres­si­ver Mensch ins Loch fal­len und wie­der raus krab­beln, bevor es genug ist?

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