Depression Notes 12-01-2020

Heute mor­gen beim Kaf­fee kochen dachte ich so:
meine The­ra­peu­tin, Frau R. und die ande­ren beim Hilfe-Dings, die Haus- und die Dia­be­tes­ärz­tin und über­haupt so einige Men­schen in mei­ner Umge­bung wol­len alle immer, dass es mir bes­ser geht. Dass ich mit der Depres­sion, mit mei­nem Leben zurecht komme. Dass irgend­was oder mög­lichst viel posi­tiv ist.

Nur ich, ich steh dane­ben und mache nicht mit. Weil ich nicht weiß, wozu das gut sein soll. Weil die Hoff­nung zu klein, die Aus­sicht auf ein Licht am Ende des Tun­nels nicht da ist. Weil ich doch sehe, dass das alles nicht wirkt: die vie­len Skills, die Musik und am Was­ser zu sit­zen, die Medi­ta­tio­nen und Speck­steine und das drau­ßen und mit Men­schen sein. Mein Füh­len und Den­ken wird nicht anders, weil ich mor­gens 5 Minu­ten bewußt atme oder mitt­wochs mit Gleich­ge­sinn­ten früh­stü­cke. Alles Ver­ste­hen der Ursa­chen führt nicht zur wirk­li­chen, voll­stän­di­gen Heilung. 

Es ist, als würde ich mit homöo­pa­thi­schen Zucker­ku­geln gegen Krebs kämp­fen, wie Pflas­ter auf einen Kno­chen­bruch oder Hand­auf­le­gen gegen Hoff­nungs­lo­sig­keit. Es lin­dert für eine Sekunde die Sym­ptome, aber es wird nicht heilen.

Was viel­leicht hel­fen könnte, wäre radi­kale Akzep­tanz. Quasi ein Roll­stuhl, der die gebro­che­nen Beine ersetzt. Aber genau das kann ich nicht: weil ich zu genau weiß, wie sich gehen anfühlt. Und weil ich Angst davor habe, was es mit mir machen könnte, wenn ich die Hoff­nungs­lo­sig­keit end­gül­tig anneh­men würde, obwohl ich doch eigent­lich schon jetzt keine Hoff­nung habe. (Es ist para­dox, ich weiß.)
Ja, manch­mal wäre ich fast froh, ich hätte wirk­lich eine kör­per­li­che Krank­heit, weil sie (ver­mut­lich) fühl­ba­rer und sicht­ba­rer wäre – für mich und für die Außen­welt – als die­ses psy­chi­sche Geschwür im Kopf. Weil ich dann an etwas hand­fes­tem arbei­ten könnte und nicht an Gedan­ken, die sich so schnell ver­flüch­ti­gen oder an hart­nä­cki­gen alten Mus­tern, die so unfass­bar schwer zu ver­än­dern sind, wenn sie in den Untie­fen der Kind­heit festsitzen.

Was nützt mir z.B. das Wis­sen, dass mein man­geln­des Selbst­ver­trauen daher kommt, dass ich als Kind und Jugend­li­che so oft über­se­hen wurde, weil andere immer wich­ti­ger waren? Ich kann die Ver­gan­gen­heit nicht nach­ho­len und ich kann heute auch nicht bes­ser dafür sor­gen, dass ich gese­hen werde, weil mir das Selbst­ver­trauen dafür fehlt. Nein, es hilft auch nicht, wenn mir von lie­ben Men­schen ver­si­chert wird, dass ich gut bin und lie­bens­wert und ich so toll schrei­ben kann und ein gro­ßes Herz habe, weil ich genau das eben nicht selbst fühle. Wenn ich das in den ver­gan­ge­nen acht Jah­ren mit zwei Lang­zeit­the­ra­pien und drei sta­tio­nä­ren Kli­nik­auf­ent­hal­ten nicht gelernt habe, wie soll das wei­ter gehen? Wie lange soll das noch dau­ern? Und da ist ja noch so vie­les andere, was nicht in Ord­nung ist und auch nicht mehr in Ord­nung kommt, weil es dafür ein­fach zu spät ist. Weil diese Krank­heit selbst ver­hin­dert, dass ich mit einem Leben mit ihr zurecht komme.

Wie lange kann ich so durch- und aushalten?

2 Kommentare

  1. Deine Offen­heit ist wohl­tu­end. Ich teile so vie­les mit Dir. War in 2011 zum ers­ten Mal in der Kli­nik, in 2018 noch­mals … Warte auf neue ambu­lante The­ra­pie … Depres­sion schlägt immer wie­der gna­den­los zu … beson­ders die frü­hen Kind­heits­ur­sa­chen … die nicht mehr auf­lös­bar sind 🙁
    Wün­sche Dir trotz­dem viel Kraft und Mut. Viel­leicht kön­nen wir uns ja woan­ders mal direkt austauschen …??
    Sei umarmt, Hille

    1. Danke für deine Worte, liebe Hille! Die bes­ten Wün­sche auch für Dich.
      Für mehr Aus­tausch als hier und auf Twit­ter fehlt mir ehr­lich gesagt im Moment die Ener­gie, aber das wird sich fin­den. Wir lau­fen uns ja immer mal über den Weg 😉

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