Einfach mal rumdenken

Im August 1984 bin ich in die­ses Haus in Eims­büt­tel gezo­gen. Zuerst in die 2. Etage, wo meine Toch­ter zur Welt kam, 10 Monate spä­ter dann ein Stock­werk nach unten, weil die Umstände sich so erga­ben. Im Okto­ber sind es also 35 Jahre, die ich in die­ser Woh­nung ver­bringe. Seit­dem hat sich der Stadt­teil verändert.

Wir sind immer noch mehr grün als schwarz oder gar blau - poli­tisch gese­hen - und immer noch woh­nen viele junge Men­schen hier, mit oder ohne Fami­lie. Aber jetzt ist es “hip”, die Läden und Restau­rants sind edler als frü­her, die Mie­ten stie­gen enorm und der Ver­kehr hat deut­lich zuge­nom­men. Seit dem Umbau der gro­ßen Ein­kaufs­straße par­al­lel wird unsere noch stär­ker als Abkür­zung genom­men: weil hier zwar rechts vor links gilt, aber keine Ampeln ste­hen. Dass es eine 30-km-Zone ist, inter­es­siert nicht wirk­lich. Ich hab mich hier schon öfter beklagt, dass es so laut gewor­den ist. Es nervt nicht nur, es strengt an und ich reagiere viel emp­find­li­cher als frü­her auf Lärm jeder Art.

Also über­lege ich seit län­ge­rem schon, wo ich denn gerne woh­nen, leben würde.
Ich will mehr Natur und ich will schnel­ler da sein. Ich brau­che Was­ser in mei­ner Nähe: am liebs­ten natür­lich das Meer, aber ein See oder wie in Ham­burg zwei Flüsse und viele Kanäle sind fast genauso gut. Da ich nicht mehr sehr mobil bin, brau­che ich Ein­kaufs­mög­lich­kei­ten, Bahn & Bus, Ärzt:innen und Orte, um Men­schen zu tref­fen, in erreich­ba­rer Ent­fer­nung. Ich will, auch wenn ich es viel­leicht nicht oft nutze, schnell in der Stadt oder zumin­dest in einem grö­ße­ren Zen­trum sein. Und eigent­lich will ich mög­lichst nah bei mei­ner Fami­lie blei­ben.
Was ich mir aber nicht vor­stel­len kann ist, wie ich die zustän­di­gen Stel­len (also das Job­cen­ter oder spä­ter, wenn die Rente mal durch ist, die, die die Grund­si­che­rung über­neh­men) davon über­zeu­gen kann, dass ich von Ham­burg weg und ganz unbe­dingt drin­gend nach Schles­wig-Hol­stein ans Meer zie­hen muss. In mei­ner typi­schen Art ver­grabe ich also meine Träume wie­der und halte aus, mit knir­schen­den Zäh­nen und lau­tem Tinnitus.

Oder doch nicht? Wer sagt, dass es keine Alter­na­tive gibt, sogar inner­halb von Ham­burg? Immer­hin hab ich vor­hin her­aus­ge­fun­den, dass das JC Miet­kos­ten bis 495 € für 1 Per­son über­nimmt. Damit ist die Aus­wahl nicht groß, aber es gibt eine. Und es gibt tat­säch­lich Stadt­teile, die in Frage kom­men: nörd­lich von hier natür­lich, evtl. sogar Rich­tung Barm­bek, aber warum nicht zum Bei­spiel über die Elbe rüber? Da gibt es auch schöne Ecken mit viel Grün, Ruhe und: Was­ser! Da tun sich tat­säch­lich neue Per­spek­ti­ven auf.

Und dann guck ich mich in mei­ner Woh­nung um und fange an zu über­le­gen. Ich brau­che keine zwei Zim­mer zum Woh­nen und Arbei­ten - eins reicht auch. Ich hätte gerne ein grö­ße­res Bad, aber alle Bade­zim­mer über­all sind grö­ßer als meins. Weni­ger Wohn­flä­che wäre kom­plett in Ord­nung, wenn ich dafür mehr Bal­kon- oder Ter­ras­sen­flä­che hätte. Das Haus muss von außen nicht zwin­gend hübsch sein, solange der Aus­blick gut ist. Hohe Decken wie in die­ser Alt­bau­woh­nung (3,20 m!) sind toll, aber kein Muss. Und das Beste: ich müsste mich hier sehr wahr­schein­lich nicht mehr um den Fuß­bo­den küm­mern, viel­leicht noch nicht­mal um die Reno­vie­rung. Womög­lich gäbe es eine bes­sere Küche und Holz­fuß­bo­den in einer neuen Woh­nung. Keine strom­fres­sen­den Nacht­spei­cher­hei­zung und Durch­lauf­er­hit­zer mehr.

Viel­leicht ist es an der Zeit, mir ein neues Zuhause zu suchen für die letz­ten 20 Jahre oder so. In mei­nem gelieb­ten Ham­burg blei­ben, aber nicht mehr mit­ten­drin. Viel­leicht tut mir das gut.

2 Kommentare

    1. Mutig, ich? Ach wo. So wie ich mich kenne, werde ich da noch 30 Jahre drauf rum­den­ken und es dann doch nicht machen. Aber die Vor­stel­lung, dass ich es könnte, die find ich schön, jetzt grade.

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