Hilfebedürftig, Teil 2

Nach Panik­aus­brü­chen, einer hunds­mi­se­ra­blen Nacht und erneu­ten Panik­schü­ben heute mor­gen habe ich das Schwimm­pro­jekt auf Eis gelegt. Ich schaffe es nicht, mein ängst­li­ches Ich schreit und pro­du­ziert Bauch­schmer­zen. Also zurück zu den Kin­der­schrit­ten.
Das bedeu­tet erst ein­mal ein wei­te­res Gespräch mit Frau H. Ende der Woche, lang­sam Ankom­men bei OdW, eins nach dem ande­ren. Aber: zum Reit­pro­jekt in 2 Wochen! Ich muss zwar noch über­le­gen, wie ich mit mei­nem ver­fluch­ten kaput­ten Fuß und mei­ner unter­ir­di­schen Kon­di­tion einen Kilo­me­ter lau­fen kann, aber da will ich hin. Lie­ber fahr ich ne Stunde frü­her los und mache alle 5 Minu­ten Pause – Schmer­zen werde ich sowieso haben für die drei Tage danach.

Ja, ich brau­che Hilfe. Und ja, ich schäme mich dafür. Ich finde die Schuld auch ohne Suchen nur bei mir. Warum hab ich es soweit kom­men las­sen mit allem? Warum hab ich nicht frü­her ange­fan­gen, mich gegen den Druck von außen zu weh­ren und bin so lange über meine Gren­zen gegan­gen? Warum hab ich so viel in mich rein­ge­fres­sen und den Kum­mer mit wei­te­rem Essen zuge­stopft? Das Gewicht des Pakets, das ich nicht mehr tra­gen konnte, umge­wan­delt in Kör­per­ge­wicht, so dass es mich jetzt behin­dert auf jedem Weg? Und warum hab ich damals in der Cadu­ce­us­kli­nik nicht auf mei­nen Kör­per gehört und bin über die Schmer­zen drü­ber weg gelatscht, so dass ich nicht mehr auf mei­nen Füßen ste­hen kann?
Ich habe im wört­li­chen Sinn mei­nen Kör­per aus­ba­den las­sen, was meine Seele nicht tra­gen konnte und jetzt ist er groß und schwer und über­mäch­tig und doch am Ende und die Seele ist immer noch nicht heil. Ich schäme mich für das, was ich aus mir gemacht habe. Auch wenn ich weiß, dass es Gründe gibt für all das und ich die auch nach­voll­zie­hen und ver­ste­hen kann: die Schuld kann ich doch nur mir geben.

(Aber wofür brau­che ich immer einen Schul­di­gen? Muss immer Ursa­che und Folge und Wir­kung auf­ge­rech­net wer­den? Was pas­siert, wenn ich “ein­fach” hin­nehme, akzep­tiere, dass etwas -gekom­men- ist, wie es ist? Bleibe ich womög­lich ste­hen, wenn ich den*die Schuldige*n gefun­den habe und muss dann nicht wei­ter daran arbeiten?)

Es ist nicht mehr wie frü­her. Dadurch, dass ich der Depres­sion den nöti­gen Raum gege­ben habe, hat sich mein Leben extrem ver­än­dert. Man­ches ist gut, vie­les andere ist schwer gewor­den. Wenn ich aber die letz­ten 20 Jahre noch halb­wegs gut ver­brin­gen will, wenn ich irgend­wie auf mei­nen wenn auch wacke­li­gen Füs­sen ste­hen will, brau­che ich Hilfe. Unter­stüt­zung. Jeman­den, der für eine Weile im Hin­ter­grund steht und bereit ist, mich auf­zu­fan­gen, bevor ich wie­der falle. Ich schaffe mich, mein Leben, nicht mehr alleine. In guten Momen­ten weiß ich, dass das keine Schande ist.

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