Nach dem Schwimmen war das zweite Projekt bei OdW die Reittherapie. Ich hatte mich so gefreut, dass ich keine wie auch immer gearteten Voraussetzungen erfüllen muss, sondern einfach hingehen darf. Einfach so, weil es zum Angebot gehört. Weil es jede*r in Anspruch nehmen darf, die*der will.
Diesmal hab ich es wenigstens ausprobiert, bevor ich es wieder abgesagt hab. Diesmal war es wenigstens nicht die Angst, die im Weg stand, sondern nur meine blöden Füße mit den scheißverdammten chronischen Entzündungen. Naja, doch, vielleicht auch ein kleines bißchen ich.
Der Hof im Norden von Hamburg ist ein kleines Idyll mit Alster-Quellwasser und Plumpsklo, vier lammfrommen Therapiepferden in einem offenen Stall, drei Katzen und einem Gehege mit Hühnern und Enten. Die Therapeutin eine junge Frau, sympathisch und offen, einfach nett - und gut in dem, was sie da tut, soweit ich es beurteilen kann.
Beim zweiten Mal waren viele Menschen da, zu viele für mich, aber das war wohl eher die Ausnahme. Dass ich die Maske fest auf hatte und es anstrengend war, merkte ich erst später.

Reittherapie besteht daraus, Bodenarbeit mit dem Pferd zu machen. Dem Tier nur durch Körpersprache zu zeigen, was es machen soll. Kein Druck, kein Zwang, auch kein Reden oder Anschauen, sondern nur mit aufrechter, klarer Haltung. “Horsemanship” nennt sich das und ist eine großartige Sache.
Aber: das ganze findet auf dem Sandplatz statt und bedeutet, viele viele Runden zu drehen mit dem Pferd. Gehen, stehen bleiben, weiter gehen, hin und zurück, Runde um Runde auf dem unebenen Boden. Zu viele Runden für meine Füße. Für eine halbe Stunde (oder später mehr) Gutes zwei Tage lang Schmerzen zu haben gleicht sich nicht aus.
Vielleicht bin ich aber auch ein Stück weggelaufen vor dem, was das in mir auslösen könnte. Schon in der ersten Stunde stand ich irgendwann da und kämpfte mit den Tränen. Weil sie etwas wollte, was ich schon so lange nicht mehr kann, nicht mehr mache: aufrecht stehen. Mich groß machen, überzeugt von mir sein. Das tat weh, außen wie innen. Weil ich nicht mehr groß bin, weil die Depression und Igor und ich selbst mich klein machen, immer wieder, immer aufs Neue.
(Das Pferd fand es übrigens überzeugend genug und ging tatsächlich rückwärts, so wie es sollte. Aber das ist ja auch Leute mit so Psychozeug gewohnt.)
Was mir in den zwei Stunden dort auch bewußt wurde: ich bin keine Macherin, keine Führerin. Ich bin nicht die, die Ansagen macht und die anderen kommen mit. Ich mag Autorität nicht, ich rebelliere dagegen. Einem Tier zu sagen, wo es lang geht, war noch nie meins. Meine Hündin hat der damalige Freund erzogen, auf mich hat sie nicht wirklich gehört. Ich bin Katzenmensch, ich mag es, wenn sie machen was sie wollen und mit mir in gleichberechtigter Gemeinschaft leben. Vielleicht wäre mir das mit den Pferden irgendwann in die Quere gekommen.
Also fällt auch dieses eigentlich unglaublich schöne Projekt für mich aus. Nun heißt es also, einen dritten Versuch in wieder einer anderen Gruppe zu starten, auf dass dann endlich mal was dabei ist, von dem ich etwas habe. Hoffentlich kommt mir da nicht wieder die Angst in die Quere…