Hinter grauen Schleiern

Die Sicht grau ver­färbt, die Aus­sicht trüb, der Blick ver­han­gen. Mut­los, kraft­los, Hoff­nung hat keine Chance gegen das Einer­lei, Glück ist nur eine ferne Erin­ne­rung.
So füh­len sich die ver­gan­ge­nen Wochen an.

Ich gehe auf Auto­pi­lot irgend­wie durch den All­tag, weil es eben sein muss. Dusche, esse, schlafe, halte meine Ter­mine ein, bemühe mich um irgend­eine Nor­ma­li­tät, aber das Gefühl kommt nicht an in mir. Meine Haut ist aus Tef­lon, alles perlt an mir ab, da ist nichts halt­ba­res. Ein­zig die Gesprä­che mit der lie­ben (lei­der so fer­nen) Freun­din sind wie kleine Licht­fle­cken in den Wolken.

Beim Ter­min mit Frau H. von OdW reden wir (wie­der­mal) über Skills: was tut mir gut, was hilft gegen Löcher, was sta­bi­li­siert? Ich zähle auf - und denke dabei: aber es hilft ja nicht. Musik? Hab ich wochen­lang nicht gehört. Schrei­ben fällt so schwer, wenn da keine Wör­ter sind. Malen, stri­cken, Speck­stein… ach, las­sen wir das.
Schla­fen. Schla­fen tut gut, sofern ich meine Angst davor über­win­den und spät nachts end­lich ins Bett gehen kann. Sofern ich dann nicht da liege und der Kopf anfängt zu rotie­ren und sich an Ver­gan­ge­nes zu erin­nern und mir schlimme Träume bringt und der nächste Tag wie­der nur grau und müde und ohne Hoff­nung ist.

An sowas wie Arbeit ist nicht zu den­ken. Die kleins­ten Dinge sind nicht zu schaf­fen. Einen Fra­ge­bo­gen aus­fül­len für OdW. Eine Mail an den Ver­mie­ter schrei­ben wegen der Dinge, die in der Woh­nung zu rich­ten sind. Eine Ergän­zung zum Hil­fe­plan schrei­ben und abschi­cken, weil es wich­tig und für mich ist. Die Toch­ter in ihrem Job unter­stüt­zen mit etwas, das ich eigent­lich kann und gerne mache.
Nichts davon schaffe ich. Statt des­sen kommt das alt­be­kannte schlechte Gewis­sen, das über­haupt nichts bewirkt außer mich schlecht und mies und wert­los zu fühlen.

Ich sehne mich nach einem Ort, wo ich mich fal­len las­sen kann.

Ges­tern Abend plötz­lich spüre ich, wie sich der Vor­hang hebt, der Schleier vor den Augen weg­ge­zo­gen wird, die Sicht kla­rer wird. Licht fällt in den Raum und in meine Seele. Viel­leicht geht es ja doch wei­ter.
Das Dumme ist: ich weiß nicht, woher es kam. Waren es meine eige­nen Gedan­ken, die auf ein­mal Fuss fas­sen konn­ten in mir? War es das ent­spannte Tele­fon­ge­spräch mit der bes­ten Toch­ter der Welt? Das Ver­ständ­nis und die Liebe von ihr, die mich berüh­ren konn­ten? Oder hatte Igor ein­fach kei­nen Bock mehr auf das ganze Grau? Ich weiß es nicht.
Ich weiß nur, dass ich heute nicht mehr ganz so müde bin wie ges­tern, dass ich heute ein klei­nes biß­chen bes­ser den­ken kann, dass der Him­mel ein wenig strah­len­der ist als ges­tern.
Wenn ich jetzt noch wüßte, wie ich das hal­ten kann, dann wäre viel gewonnen.

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