In der Therapie am Donnerstag hab ich natürlich von der Begegnung mit der alten Chefin erzählt. Davon, dass ich stolz auf mich war, wortlos weggegangen zu sein, mich nicht verstellt zu haben, nur um irgendwelchen Normen zu entsprechen. Und auch von der Wut, die immer noch so präsent ist, dass sie alle paar Wochen in meinen Träumen auftaucht. Hab gesagt, dass ich den Chefs immer noch am liebsten einen Brief schreiben würde mit allen Anklagepunkten, mit der Wut, den Vorwürfen. Dass das aber ja sicher nichts nützen würde und ich ja auch gar nicht mit ihnen drüber reden wolle und überhaupt.
Da sagt die beste Therapeutin doch einfach: das müssen Sie ja auch gar nicht. Sie können ja dazu schreiben, dass Sie gar keine Antwort wollen, sondern das alles nur einfach mal los werden. Sie bestimmen doch die Regeln.
Und ich sitze da und bin sprachlos. Weiß gar nicht, was ich denken und sagen soll.
Das geht doch nicht!
Wer A sagt, muss auch B sagen. Wer Streit anfängt, muss mit Konsequenzen rechnen und mit ihnen leben. Wer Vorwürfe erhebt, muss auch die Erklärung / Entschuldigung anhören. Mal abgesehen davon, dass ich doch gar nicht das Recht habe, Vorwürfe zu erheben, egal, wie schlecht es mir ging. Ich doch nicht!
Aber das stimmt nicht.
Wenn mein Gefühl mir sagt, dass etwas nicht in Ordnung ist, ungerecht zugeht, schief läuft, dann stimmt das. Wenn ich unter etwas oder jemandem leide, dann darf ich das sagen. Wenn mir eine Situation Schmerzen und / oder Probleme bereitet, dann darf - nein, dann muss ich das ernst nehmen und gucken, was los ist. Und wenn eine Andere dafür verantwortlich ist, darf ich verletzt, traurig oder wütend sein. Nicht alles, aber manches liegt nicht an mir.
Ich darf auch Regeln machen. Ich darf bestimmen, wie mit mir umgegangen wird - und wie eben nicht. Und ich darf sagen: bis hierhin und nicht weiter, weil ich das nicht will.
Mein ganzes Leben lang bin ich immer wieder über meine eigenen Grenzen gegangen, nur um nicht anzuecken, um keinen Streit zu provozieren – auch, um mich nicht erklären, etwas (zu viel) von mir zeigen zu müssen. Aber ich muss mich nicht immer erklären. Ich hoffe immer, dadurch auf Verständnis zu treffen, aber es wird immer jemanden geben, der:die mich nicht versteht, weil sein:ihr Empfinden ein anderes ist. Das ist okay. Damit muss ich leben, auch wenn ich es gerne anders hätte.
Ich bin nicht mehr die Kleine, die nur bekommt, was übrig ist. Die still erträgt, um nur ja nicht aufzufallen - und dabei so leicht übersehen wird. Die abkriegt, was die “über ihr” nicht aushalten, weil sie zufällig als letztes in der Rangfolge steht. Die nichts sagt, weil sie sowieso nicht gehört wird.
Mein Leben, meine Regeln. Ich darf das.
Warum nur kommt mir das jetzt sooo bekannt vor? ((( ))) (Also von mir. Echt jetzt, ich bin mal wieder verblüfft.)
Ich glaube zwar, dass wir unterschiedliche Wege als Folge dessen gewählt haben, aber diese Grundsachen liefen da schon ziemlich ähnlich ab, ja. Kein Wunder, dass wir uns gefunden haben. <3