31-12-2023 Anstrengend mit Lichtblicken: der Jahresrückblick in Fragen

15 Fragen für einen persönlichen Jahresrückblick

(Dis­clai­mer: Die Fra­gen sind teil­weise durch die bekann­ten Fra­ge­bö­gen von Max Frisch und Mar­cel Proust inspiriert.)

1 Wofür bist du dankbar?

Für die Unter­stüt­zung und Beglei­tung eini­ger Men­schen auf mei­nem immer noch dor­ni­gen Weg. Ohne Euch würde die Option des Auf­ge­bens so man­ches Mal in den Bereich des Mög­li­chen rücken. Von Her­zen Danke für Euch. 

Für alles, was das Leben erträg­lich macht: Musik, Lite­ra­tur in vie­ler­lei Form, Natur, das Meer. Schrei­ben, lesen, sehen und wei­ter­hin auf eige­nen Füßen gehen zu kön­nen. Immer wie­der etwas Neues zu ler­nen und Altes hin­ter mir zu las­sen. Dass die Hoff­nung nicht vergeht.

Aber auch dafür, dass ich trotz der immer hef­ti­ger wer­den­den Ten­denz der aktu­el­len Poli­tik nach ganz weit rechts immer noch Geld zum Leben zur Ver­fü­gung gestellt bekomme. Über die mate­ri­elle Qua­li­tät die­ses Lebens und das Anse­hen von uns Bürgergeldbezieher:innen reden wir bes­ser nicht, aber ich habe ein Dach über mei­nem Kopf und mein Schne­cken­haus ist geheizt. Ich bin kran­ken­ver­si­chert, mein ASP wird auch bezahlt und mit gewis­sen Ein­schrän­kun­gen habe ich immer noch genug zu essen im Kühl­schrank. Wer weiß, wie lange das noch so sein wird ange­sichts der poli­ti­schen und gesell­schaft­li­chen Entwicklung.

2 Was war in diesem Jahr deine Lieblingsbeschäftigung?

Schla­fen.

Haha, ja, schon gut.
Eigent­lich wie immer: Musik hören, lesen (soziale Medien, Blogs und so), schrei­ben, foto­gra­fie­ren, Filme und Serien gucken, Fotos bear­bei­ten, an Web­sei­ten rum­wer­keln. Irgend­wie finde ich doch meis­tens was, was ich gerne mache, auch wenn ich inzwi­schen sehr oft sehr müde dabei werde.

3 Was war dein größter Fehler?

Dass ich ges­tern, am letz­ten Sams­tag des Jah­res, unbe­dingt das Spann­gummi am Bett­la­ken grade machen wollte und mir das blöde Ding so auf die Brille geknallt ist, dass das eine Glas zer­split­terte und ich darum um 5 Uhr abends noch in die Stadt fah­ren musste, damit ich jetzt mit einer Ersatz-Not-Brille hier sitze, die nicht mei­nen eigent­li­chen Wer­ten ent­spricht und darum müde Augen und Kopf­schmer­zen macht. Aber lie­ber nur halb gucken mit einer hei­len Brille als gar nicht mit einer kaput­ten. Trotz­dem: das Geld hätte ich gerne für andere Not­fälle gespart.

4 Wann warst du glücklich?

Am Meer. Wenn ich mit mei­ner Fami­lie (Toch­ter, Enkel, Toch­ter­freund) zusam­men war. Als Freun­din D. mich im Som­mer besucht hat. Wenn es drau­ßen warm, son­nig und trotz­dem ruhig war. Beim Fin­den von neuer Musik.

5 Warum hast du das nicht öfter gemacht?

Weil das meiste davon nicht nur von mir abhängt. Wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich im Süden am Meer leben, in ruhi­ger Umge­bung mit mei­ner Fami­lie und Freund:innen in der Nähe. Nur das mit der Musik würde blei­ben, wie es ist.
(Wenn ich keine Träume mehr habe, bringt mich unter die Erde, denn dann ist es vorbei.)

6 Was hat sich verändert?

Die Depres­sion ist klei­ner gewor­den. Sie ist nicht weg, drängt sich aber nicht mehr dau­ernd in den Vor­der­grund. Ich kann mich mehr auf das Außen ein­las­sen, auf das, was um mich herum statt fin­det, auf andere Men­schen, Ideen. Das macht mein Leben nicht leich­ter, aber anders. 

7 Worauf bist du stolz?

Dass ich das selbst geschafft habe. Dass ich mich immer wie­der auf mache, los gehe, pro­biere und an mir arbeite. Dass ich eben nicht auf­gebe und immer noch jeden Tag aufstehe.

8 Wer waren in diesem Jahr die 3 wichtigsten Menschen für dich?

Die Toch­ter, Freun­din D., die See­len­frauen.
Außer­dem sagt meine Stim­mungs App, dass der Mitt­woch die­ses Jahr der beste Tag war und auf­merk­same Leser:innen wis­sen, dass da meine Gruppe beim Hilfe-Dings statt findet.

9 Wissen diese Menschen das?

Ja.

10 Mit wem hättest du gern mehr Zeit verbracht?

Mit D., nach­dem wir uns in den zwei­ein­halb Tagen so gut anein­an­der gewöhnt hat­ten 😉
Nicht mit, aber am Meer und in der Natur. Das muss noch viel mehr wer­den, weil es ein­fach gut tut.

11 Und mit wem weniger?

Mit all den rück­sichts­lo­sen, lau­ten, ego­is­ti­schen Men­schen da draußen.

12 Was hast du zum ersten Mal gemacht?

Nicht zum ers­ten Mal, aber sehr sel­ten: jeman­dem gesagt, wenn mich etwas sehr gestört oder ver­letzt hat und das Ganze dann durch offene Gesprä­che gelöst. Das ist für mich immer noch keine Nor­ma­li­tät und braucht sehr viel Überwindung.

13 Magst du dein Leben?

Nein, aber ich geb mir Mühe und nicht auf.

14 Was sind die drei wichtigsten Dinge, die du in diesem Jahr gelernt hast?

Einen sehr lange schmer­zen­den Teil der Ver­gan­gen­heit los zu las­sen. Dass ich sagen kann, wenn mich etwas stört und eine Freund­schaft des­halb nicht vor­bei ist. Dass ich Hilfe anneh­men darf. 

15 Mit welchem Satz lässt sich dein Jahr zusammenfassen?

Das geht noch bes­ser, oder? (Ich bin so müde.)

***

Mein Zitat des Tages, heute von Herrn Bud­den­bohm:

“Es ist kein Natur­ge­setz, dass man stän­dig mit zupa­cken­der Ener­gie Lust auf seine Zeit haben muss, wenn sie sich doch ein­fach nicht anstän­dig entwickelt.”

2023-12-24 Es ist kompliziert

Es ist Sonn­tag: grauer kal­ter ver­reg­ne­ter Sonn­tag. Aber es ist auch Hei­lig­abend und ich bin wie immer allein und ent­ge­gen mei­ner Hoff­nung aus den letz­ten Jah­ren macht es mich immer noch trau­rig. So sehr ich ver­su­che, in die­ser Zeit, in der gefühlt alle Men­schen um mich herum on- und off­line von kaum was ande­rem reden, meine Gefühle zu schüt­zen und einen trot­zi­gen Pan­zer um mich zu errich­ten - es gelingt nur unzu­rei­chend. Es ist und bleibt bei allem Bemü­hen die Zeit, in der mir mein Allein-Sein am deut­lichs­ten und schmerz­haf­tes­ten bewußt wird. Das Wis­sen, dass es so vie­len ande­ren auch so geht oder dass viele über­haupt kein Weih­nach­ten fei­ern aus ver­schie­de­nen Grün­den, macht es nicht wirk­lich leich­ter.
Ich lese seit Wochen in mei­nen sozia­len Medien von den Vor­be­rei­tun­gen der Leute, um diese Tage beson­ders und beson­ders schön zu machen. Da ist auch viel von Stress und Hek­tik zu lesen und dass eigent­lich alles zu viel ist und natür­lich bin ich froh, dass ich das nicht habe. Aber ich habe auch keine Chance, es mal anders zu machen, weil da ja nie­mand ist, mit und für die ich es ver­su­chen könnte.
Wäh­rend ich lau­ter ver­nünf­tige Gründe im Kopf habe, warum Weih­nach­ten sowieso blöd ist und nichts bedeu­tet und ich ja auch diese Heu­che­lei ver­ur­teile, sehne ich mich immer noch nach Bul­lerbü. Es ist wirk­lich ver­dammt kom­pli­ziert. Und zum Glück bald wie­der vor­bei. (In allem auch immer das Posi­tive sehen.)

In die­sem Sinn: frohe Jah­res­end­zeit, ihr Lie­ben. Gute Bes­se­rung allen Kran­ken, fried­li­che Fei­er­tage den Fei­ern­den oder ein­fach ent­spannte freie Tage den ande­ren. Habt es gut und denkt dran: ab jetzt wird es wie­der heller.

10-12-2023 Soziale Überdosis

Wie hab ich das frü­her aus­ge­hal­ten, regel­mä­ßig mit so vie­len Men­schen zusam­men zu sein, zu reden, mit ihnen zu arbei­ten, mich auf sie zu kon­zen­trie­ren? Ob in dem einen oder dem ande­ren Job: jeden Tag gab es Kon­takt mit Schüler:innen, Kolleg:innen oder Kund:innen. mal inten­siv und mal neben­bei. Dazu die schul­po­li­ti­sche Arbeit und dann noch Freund:innen, die dann aber oft genug hin­tenan stan­den, weil alles andere doch zuviel war. Aber es gab sie, all diese sozia­len Inter­ak­tio­nen, ohne Nach­zu­den­ken, sie waren ein­fach da. Selbst spä­ter in den Fort­bil­dun­gen, schon mit der Depres­sion: es war nicht mehr so ein­fach, aber es funk­tio­nierte. Ich funk­tio­nierte. Das ist heute unvor­stell­bar geworden. 

Die ver­gan­gene Woche war über­voll mit Aktion und Men­schen. Am Diens­tag das Ein­zel­ge­spräch mit mei­ner Bezugs­frau im Hil­fe­Dings (zum Glück ange­sichts des Kalen­ders als Tele­fo­nat und nicht live), spä­ter am Nach­mit­tag das monat­li­che The­ra­pie­ge­spräch. Am Mitt­woch wie üblich die Gruppe (die für mich sehr anstren­gend war wegen eines bestimm­ten The­mas, das sich wei­ter­hin durch mei­nen Kopf dreht), danach wühlte ich mich im Ein­kaufs­zen­trum auf der Suche nach Win­ter­schu­hen durch Men­schen­mas­sen (lei­der ver­geb­lich). Als Krö­nung dann am Don­ners­tag die Weih­nachts­feier beim Hil­fe­Dings mit ca. 50 Men­schen. Die ver­teil­ten sich zwar ganz gut in dem gro­ßen Auf­ent­halts­be­reich und auf kleine 4er Tische, aber sie waren da und man sprach mit­ein­an­der und hörte sich und es war sehr unru­hig und voll und ich war ein­fach froh, als ich abends zu Hause war. Dazwi­schen saß ich von Ter­min zu Ter­min in Bahn&Bus, die oft wegen Ver­spä­tun­gen und Aus­fäl­len voll mit generv­ten Men­schen waren. Ges­tern musste ich dann noch den Wochen­ein­kauf erle­di­gen und jetzt ist mir schwin­de­lig und ich bin unend­lich müde und eigent­lich wär mir jetzt nach einer Woche allein im Schne­cken­haus. Nicht mehr reden, auch nicht schrei­ben, ein­fach zurück zie­hen und unsicht­bar sein.

Wie hab ich das frü­her geschafft? Wie­viel mehr Ener­gie hatte ich da nur zur Ver­fü­gung? Ich fühle mich wie eine aus­ge­lau­fene Bat­te­rie, die ein­fach nie mehr voll auf­ge­füllt wer­den kann. Selbst nach Erho­lungs­zei­ten bleibt sie bei 50% ste­hen, mehr geht nicht mehr.
Sind das die Aus­sich­ten für den Rest mei­nes Lebens?

30-11-2023 Dies & Das

Am Diens­tag fiel der erste Schnee in Ham­burg. Am Vor­mit­tag noch so lang­sam, man konnte die Flo­cken zäh­len, wäh­rend sie sanft durch die Luft schweb­ten, aber immer­hin Schnee. Wäh­rend ich spä­ter mit Frau R. zusam­men beim Hilfe-Dings in Altona saß, wurde es immer mehr und immer dich­ter. Große, wei­che Flo­cken wir­bel­ten durch die Luft, wun­der­schön. Ich mag das ja sehr. 

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Für den Heim­weg nahm ich aus­nahms­weise den 113er Bus, weil der grade kam. Er war schon beim Ein­stei­gen rap­pel­voll. Ich schaute mich suchend um, da stand ein jun­ger Mann von sei­nem Platz auf und fragte, ob ich wohl gerne sit­zen möchte. Ich ant­wor­tete: “Das würde ich wirk­lich sehr gerne, vie­len Dank. Das war jetzt übri­gens die Pre­miere, Sie sind der Erste, der mich das fragt.” Dann rutschte es mir raus: “Scheiße, jetzt bin ich offi­zi­ell alt” und dann lach­ten wir beide herz­haft, das war sehr nett.
Es sind die klei­nen Sze­nen, die einen Tag zu einem guten machen.

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Blöd nur, dass die Win­ter­stie­fel, die ich bestellt hatte, nicht pass­ten - die könnte ich gut brau­chen grade. Da muss ich wohl doch ana­log ein­kau­fen gehen.

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Ges­tern eine sehr schöne Mitt­wochs­gruppe mit vie­len musi­ka­li­schen Erin­ne­run­gen und viel Lachen. Anschlie­ßen traf ich mich mit Freun­din I. und wir saßen erzäh­lend für fast drei Stun­den im Café. Am Abend war ich müde und leer gere­det, aber in der schö­nen Ver­sion. Gerne wie­der demnächst.

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Heute hab ich hier zuhause meine Woll­de­pots auf­ge­räumt. So viele ange­fan­gene und nie zu Ende gebrachte Strick­sa­chen lie­gen da in Schub­la­den und Tüten. Das große Schul­ter­tuch, das ich 2013 in der Cur­ti­us­kli­nik aus wun­der­schö­ner wei­cher Wolle stri­cken wollte, musste ich lei­der mit allen noch nicht ver­ar­bei­te­ten Knäu­eln ent­sor­gen, da hat­ten sich doch die Mot­ten ein­ge­nis­tet. Dafür gibt es noch reich­lich bunte Wolle (und eine bereits fer­tige Socke), die noch gut und heil ist.
Lei­der stri­cke ich ungerne alleine - in Gesell­schaft, so wie damals in Bad B. und in Malente auch, macht es ein­fach so viel mehr Spaß. Aber viel­leicht sollte ich die Reste jetzt doch mal ver­stri­cken, auch um meine Hände am Abend zu beschäf­ti­gen und die Gedan­ken vom Essen abzulenken. 

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Und jetzt (nach­mit­tags um kurz vor fünf) muss ich noch aufs Rad, dazu hatte ich bis jetzt näm­lich keine Lust. Aber wenn ich so anfange schon am Anfang, dann komm ich wie­der nicht weit. Also los.

(P.S.: Geschafft.)

28-11-2023 Und es hat Klick gemacht

Es ist wie bei einem Puz­zle: alle Teile lie­gen aus­ge­brei­tet auf dem Tisch, du sor­tierst ein biß­chen nach Far­ben und Mus­tern und manch­mal erge­ben sich da schon so kleine Ein­zel­bil­der, aber eigent­lich ist alles noch sehr vage. Dann schiebst du sol­che Teile mal hier­hin und mal dahin und mit viel Glück stellt sich viel­leicht her­aus, dass zwei sol­cher Frag­mente, die du nie zusam­men gese­hen hät­test, doch genau inein­an­der pas­sen. Und plötz­lich macht es “klick” und es ergibt einen Sinn und das ganze Bild wird sicht­bar, das dar­aus ent­ste­hen soll.

So ging es mir heute mal wie­der in mei­nem Ein­zel­ge­spräch beim Hilfe-Dings. Wir spra­chen über die neue Mor­gen-Rou­tine und ich erzählte, dass ich alles sehr hasse und mich furcht­bar über­win­den muss und beim reden erin­nerte ich mich daran, wie es war, als ich vor 12 Jah­ren mit dem Rau­chen auf­ge­hört hab. Wie schlimm die erste Zeit war, bis ich den größ­ten Jie­per über­wun­den hatte und nicht mehr dau­ernd an Ziga­ret­ten dachte. Was mir damals unglaub­lich gehol­fen hatte beim Durch­hal­ten, war neben dem Gedan­ken an den Enkel, für den ich das haupt­säch­lich gemacht hab, dass sich rela­tiv schnell doch Erfolge ein­stell­ten. Der Hus­ten wurde weni­ger, ich bekam wie­der Luft, konnte bes­ser rie­chen und hatte vor allem so viel mehr Geld zur Ver­fü­gung.
Sol­che Erfolge feh­len mir im Moment beim Sport noch. Ich sitze da ein­fach auf dem Rad und strample stur vor mich hin und ich merke kei­nen Unter­schied. Bin nicht fit­ter, wiege kein Gramm weni­ger, fühle mich nicht bes­ser. Aber was hab ich denn erwar­tet nach grade mal ein­ein­halb Wochen?
Ich war schon wie­der in Gedan­ken mei­len- oder viel­mehr kilo­weit vor­aus. Ich hatte schon wie­der nur das Ziel im Blick, anstatt mir klar zu machen, dass es am Anfang eine womög­lich lange Durst­stre­cke geben wird, in der ich stur ein­fach machen muss. In der es nur darum geht, mich an etwas zu gewöh­nen - so wie ich mir damals das Rau­chen abge­wöhnt habe. Seit ich den Ergo­me­ter hier ste­hen habe, hatte ich meh­rere Pha­sen, in denen ich mehr oder weni­ger regel­mä­ßig drauf saß, aber ich hab keine davon wirk­lich lange durch­ge­hal­ten. Da konnte sich kein Erfolg ein­stel­len. In Malente hab ich in 12 Wochen 8 Kilo abge­nom­men, aber da hab ich auch kon­se­quent und regel­mä­ßig geackert (und zusätz­lich Aqua­gym­nas­tik gemacht) und es hat eine ganze Weile gedau­ert, bis die ers­ten Pfunde fie­len. Was hab ich also erwartet?

Immer wie­der ver­liere ich den Blick auf das Ganze. Sehe nur den ein­zel­nen Tag, den ein­zel­nen Schritt und wie müh­sam es ist. Dabei ver­gesse ich oft, wie lange ich etwas schon - oder erst! - mache, wie­viele kleine Mini­schritte ich schon geschafft habe und dass Ver­än­de­run­gen Zeit brau­chen. Ich will am liebs­ten alles auf ein­mal und wenn das nicht geht (weil das nun­mal fast nie geht), dann will ich es gar nicht mehr, dann geb ich auf.
(Neben­bei: das ist auch der Grund, warum ich so schlecht Kom­pro­misse und Alter­na­ti­ven finde.)

Also dann. Durch­hal­ten ist ange­sagt. Die Rou­tine wirk­lich Rou­tine wer­den las­sen und sie nicht bewer­ten dabei. Nur machen und nicht auf­ge­ben. Nicht aufgeben.

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(Wenn das so wei­ter geht, muss ich hier eine neue Kate­go­rie “Sport” anle­gen. Uhh.)

26-11-2023 Neue Routinen etablieren

Dass ich mich irgend­wie kör­per­lich betä­ti­gen muss, wenn ich wie­der fit­ter wer­den und abneh­men will, steht außer Frage. Dass ich alles, was mit Sport zu tun hat, mit jeder Faser und jedem Mus­kel mei­nes Kör­pers hasse, ist eben­falls Tat­sa­che. Irgendwo dazwi­schen muss ich also wohl einen Kom­pro­miss finden.

Immer wie­der komme ich bei sol­chen Über­le­gun­gen zurück zu der Zeit in Malente und frage mich: was war damals so gut, was hat mir gehol­fen? In Bezug auf die Bewe­gung war das Wich­tigste, dass ich einen fes­ten Zeit- bzw. Stun­den- und Wochen­plan hatte. Diens­tags um 10 Uhr war Aqua­gym­nas­tik, Frei­tags um 13 Uhr Ergo­me­ter­gruppe, dazwi­schen zwei (wöchent­lich wech­selnde, aber fixe) Ter­mine, an denen ich alleine im Gerä­te­raum war und machen konnte, was ich wollte. Natür­lich hat mich nie­mand gezwun­gen, diese Ter­mine ein­zu­hal­ten, aber mir war auch klar, dass sie sein müs­sen und ich hab sie wahr genom­men.
Vor allem die Grup­pen waren gut, weil ich nicht alleine kämp­fen musste und weil wir uns gegen­sei­tig ange­spornt haben. Das fehlt mir hier zuhause sehr. Mein eige­ner Ehr­geiz, beim Sport bestimmte Ziele zu errei­chen, ist ver­schwin­dend klein. Was mich ret­tet, ist das dage­gen stark aus­ge­prägte Bedürf­nis nach run­den Zah­len. Ich fahre keine 9einhalb Minu­ten, son­dern quäle mich lie­ber bis zur 10. Bei 4,7 km kann ich nicht auf­hö­ren, ich fahre dann wei­ter bis 5 km. Sowas hilft, erhöht den Spaß­fak­tor aber nicht im geringsten.

Ich brau­che also - wenn ich hier schon keine Gruppe habe - einen Plan, eine Rou­tine. Etwas, wor­über ich nicht nach­denke, was ein­fach dazu gehört. Im Laufe eines Tages hab ich genau ein­mal eine Rou­tine und das ist am Mor­gen.
Ich stehe auf, geh aufs Klo, schiebe an Tagen ohne Ter­min Bröt­chen in den Ofen, dusche, setze Kaf­fee auf, stell den Com­pu­ter an, zieh meine beque­men Zuhause-Kla­mot­ten an, richte das Früh­stück, setze mich damit an den Rech­ner und früh­stü­cke, wäh­rend ich meine Social Media Kanäle nach­lese. Das mache ich jeden Mor­gen und in immer der glei­chen Rei­hen­folge. Danach fängt der indi­vi­du­elle Teil des Tages an: ent­we­der muss ich los oder ich hab “frei” und mache diver­sen Kram. Wann ich nach Ter­mi­nen nach Hause komme, ist unter­schied­lich, meis­tens bin ich danach müde und hung­rig und mag nichts mehr tun. An den ande­ren Tagen bin ich beschäf­tigt mit Zeug und denke nicht an Sport oder so. Abends mag ich nicht mehr aufs Rad.
Bei mei­ner Über­le­gung spielt auch eine Rolle, dass ich nicht schwit­zen mag und, falls es doch so ist, danach schnell und unbe­dingt unter die Dusche muss. Ich hab aber auch keine Lust, mich dau­ernd umzu­zie­hen je nach Akti­vi­tät. Mor­gens in die Kla­mot­ten, dann wie­der raus und in Sport­kla­mot­ten (die ich durch­schwit­zen kann), dann da raus und unter die Dusche, dann wie­der rein in nor­male Kla­mot­ten … das ist mir alles zu umständ­lich und irgend­wie lächer­lich.
Eigent­lich will ich gar nicht über das alles nach­den­ken. Aber wenn es schon sein muss, dann scheint mir am logischs­ten, dass ich die­ses Sport­dings in die Mor­gen­rou­tine einbaue. 

Seit letz­tem Sams­tag ist dies der Ablauf: ich stehe auf, geh aufs Klo, ziehe mir Unter­büxe, Shirt und Sport­hose (jaha, ich hab sowas!!) an, fahre den Rech­ner hoch, damit ich ein schö­nes Foto sehe, falls ich die Augen auf bekomme und setze mich dann ohne nach­zu­den­ken auf den Ergo­me­ter, wo ich z.Zt. - je nach­dem, wel­che Zahl zuerst rund wird - 5 km, 15 Minu­ten oder wenn ich rich­tig gut bin noch län­ger strample. Danach hake ich im Kalen­der ab, dass ich trai­niert habe und beru­hige mei­nen Puls dabei, dann geht es raus aus den müf­feln­den Kla­mot­ten und end­lich unter die Dusche. Der Rest ist dann wie oben beschrie­ben. An immer­hin 4 von 7 Tagen hab ich es so geschafft und damit mein selbst gesteck­tes Wochen­ziel erreicht.

Ist das jetzt gut? Ich weiß es nicht. Wenn ich mir vor­stelle, das die nächs­ten JAHRE! durch­zu­zie­hen, wird mir schwin­de­lig und ich möchte wei­nen und schreien, weil es im Zusam­men­hang mit mir ein­fach so absurd ist. Nein, es ist nicht unend­lich schwer, es ist schon irgend­wie zu machen und es dau­ert ja auch nur eine Vier­tel­stunde län­ger als sonst, aber dass das ab jetzt und für immer zu mei­nem Mor­gen­ri­tual gehö­ren soll … ich weiß nicht. Das bin ich eigent­lich nicht und es fühlt sich an wie Betrug an mir selbst. Ich bin doch in Wirk­lich­keit viel mehr so wie da oben auf dem Foto: das Fahr­rad als beque­mes Fort­be­we­gungs­mit­tel nut­zen, um an einen Platz zu kom­men, an dem ich sit­zen und die Aus­sicht genie­ßen kann. Ob ich mich wirk­lich an das andere gewöh­nen kann und werde?

(Selbst meine Waage weiß nicht, was sie davon hal­ten soll und zeigt mehr als vor­her an. Das aller­dings könnte auch an der Tüte Erd­nuss­flips lie­gen, die mir am Don­ners­tag in den Ein­kaufs­korb geflo­gen sind.)

16-11-2023 Happy Mittwoch

Mit dem Wecker­klin­geln aus dem Bett, unter die Dusche, früh­stü­cken in Ruhe, bei strah­len­der Sonne los zum High­light der Woche: der Mittwochsgruppe.

Ich war auf den ange­kün­dig­ten Wech­sel einer der Beglei­te­rin­nen der Gruppe ein­ge­stellt; da diese aber (so wie ich auch) letz­tes Mal krank war, ver­schob sich alles um eine Woche und ich konnte sie mit ver­ab­schie­den. Sie ist aber auch meine per­sön­li­che Betreue­rin, von daher ist es zum Glück kein rich­ti­ger Abschied, wir sehen uns ja wei­ter­hin ein­mal in der Woche zum Ein­zel­ge­spräch.
Ges­tern jeden­falls hatte sie Kuchen mit­ge­bracht und wir spra­chen nach der übli­chen Ein­gangs­runde über dies und jenes. Frau U. (die zweite Betreue­rin) griff dann etwas auf, das wir alle so oft in den kur­zen End­run­den sagen: dass wir wacher und leben­di­ger sind und dass wir uns bes­ser füh­len nach der Gruppe. Sie hakte nach: warum ist das so? 

Weil wir unter Gleich­ge­sinn­ten sind. Wir alle haben einen Grund, warum wir bei der Sozi­al­psych­ia­trie gelan­det sind, müs­sen aber nicht dar­über reden. Wir wis­sen, dass die ande­ren ver­ste­hen. Wir müs­sen uns nicht zusam­men rei­ßen, dür­fen sein, wie wir sind. Die Mas­ken blei­ben vor der Tür - hier brau­chen wir sie nicht.
Weil wir uns mögen, ein­fach so, in aller Ähn­lich­keit und Unter­schied­lich­keit.
Weil wir uns ver­trauen und auch mal mit schwie­ri­gen The­men kom­men kön­nen.
Weil wir uns und ein­an­der Gutes wün­schen und geben.
Weil wir mit­ein­an­der lachen kön­nen und die warme Atmo­sphäre uns allen ein­fach gut tut.
Für mich ein wei­te­rer, per­sön­li­cher Grund: weil ich raus gehe, was ande­res als meine 4 Wände sehe, an die Luft komme und nicht so spät auf­stehe. Die Gruppe gibt mei­ner Woche Struktur.

Und wie­der ein­mal bin ich mei­ner The­ra­peu­tin dank­bar, die mich sanft dort­hin geschubst hat. Und mir, weil ich mich über­wun­den und dar­auf ein­ge­las­sen habe.

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Nach der Gruppe wollte ich eigent­lich nicht sofort nach Hause, son­dern mit der S-Bahn zum Jung­fern­stieg bzw. zur Als­ter fah­ren, aber da inzwi­schen die schöne Herbst­sonne wie­der weg war, bin ich nur in aller Ruhe zum Alto­naer Bahn­hof gelau­fen, saß zwi­schen­durch auf einer Bank und beob­ach­tete Men­schen und fühlte mich ein­fach leben­dig und gut.
Zuhause lockte das Sofa, weil die Gruppe und alles drum­rum neben allem Guten auch viel Ener­gie ver­braucht. Spä­ter dann nur noch Essen, TV und quasi aus Ver­se­hen noch­mal eine Stunde Schlaf, der dann lei­der nicht mehr kom­men wollte, als ich rich­tig im Bett lag. Mela­to­nin half auch nicht wirk­lich, die Nacht war anstren­gend mit dau­ern­dem Auf­wa­chen und wir­ren Träu­men. Aber heute ist Don­ners­tag, ich hab frei, nichts drängt, alles hat Zeit.

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In den letz­ten Tagen hab ich eine kurze kana­di­sche Kran­ken­haus­se­rie geguckt. In der letz­ten Folge brach Corona aus, plötz­lich tru­gen alle Mas­ken und Schutz­klei­dung, die ers­ten Leute wur­den infi­ziert und alles war sehr dra­ma­tisch. Man spürte deut­lich die anfäng­li­che große Unsi­cher­heit: was pas­siert da grade und wo führt das hin? Es war noch gar nicht vor­stell­bar, wie schlimm es wirk­lich wer­den sollte.
Beim Gucken dachte ich: das ist jetzt schon drei Jahre her, irgend­wie haben wir uns daran gewöhnt, dass Corona Thema ist. Es war ein biß­chen so, wie wenn irgendwo der 11. Sep­tem­ber auf­taucht. Du weißt genau, was damals war und was das für Aus­wir­kun­gen hatte, aber es ist zur Ver­gan­gen­heit gewor­den. Merk­wür­dig irgendwie.

14-11-2023 Tagebuchbloggen

Geträumt, dass die Woh­nung voll ist mit Kaker­la­ken, tau­sende kleine wusel­ten auf den Fuß­bö­den in allen Räu­men durch­ein­an­der, dazwi­schen ein paar rie­sige Exem­plare, die dau­ernd Nach­schub pro­du­zier­ten. Jemand ver­suchte, sie mit einem Was­ser­strahl zu besei­ti­gen, dann mit dem Staub­sauger, aber es half nichts. Und ich stand da und konnte mich nicht bewe­gen und es war sooo eklig und gru­se­lig. Irgend­wann hör­ten wir, man könne sie nur los wer­den, indem man sie mit Gold besprüht, ich weiß aber nicht, ob das gehol­fen hat.
Schlimm an dem Traum war auch, dass das einer von der Sorte war, die ich end­los träume, auch wenn ich zwi­schen­durch wach werde. Ich drehe mich um und träume wei­ter, wache auf, drehe mich um und träume wei­ter. Bes­ter Start in den Tag, aber echt.

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Geduscht, mich an dem Gedan­ken erfreut, dass die Haare ab mor­gen wie­der schnel­ler zu waschen sind, Kaf­fee gekocht und gefrüh­stückt, dann los zur Fri­seu­rin. 20 Jahre gibt es die jetzt hier, ich bin von Anfang an Kun­din und bis auf ein­mal immer zufrie­den. Obwohl ich nur ca. 4mal im Jahr komme, ken­nen die Mit­ar­bei­te­rin­nen mich, wis­sen was ich will und wer ich bin und dass meine Toch­ter die malende Täto­wie­re­rin ist, die dort auch schon­mal ihre Bil­der aus­ge­stellt hat. Ein super net­tes Team, ent­spannt und fröh­lich und zum Glück haben sie die Lock­downs heil über­stan­den. Und jetzt sind die Haare wie­der ange­nehm kurz.

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Nach dem Fri­seur bin ich noch kurz in den Edeka rein, um ein Brot zu kau­fen. Das war frü­her mein Stam­mein­kaufs­la­den, als ich mir die Preise noch leis­ten konnte. Obwohl fast nie­mand mehr von den alten Mitarbeiter:innen da ist, hat sich der Laden selbst so gut wie gar nicht ver­än­dert. Wie so ein Relikt aus alten Zei­ten. Übrig geblie­ben, nur ja nichts ändern. Ein selt­sa­mes Gefühl.
Zuhause über­fiel mich die Müdig­keit und rief das Bett, also sind die Auf­ga­ben ver­tagt. Noch hab ich ein wenig Zeit.

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Zum Essen Nudeln mit Toma­ten-Gemüse-Würst­chen-Soße. Ich dachte wie immer, es würde nicht rei­chen, aber am Ende war es dann doch eine Hand­voll zuviel, die ich Nuss aber doch geges­sen habe, wes­halb ich jetzt schon wie­der müde bin.

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Zwi­schen­durch hab ich den Fami­li­en­chat der letz­ten zwei Jahre über­flo­gen und mich für einen sen­ti­men­ta­len Moment gefragt, was mich eigent­lich trennt von den Schwes­tern und ob sich das nicht irgend­wie ret­ten lässt. Ich fürchte aber, ein erneu­ter Ver­such wird schnell zei­gen, warum ich mich da raus gezo­gen hab. Fai­rer­weise müsste ich mich ganz abmel­den aus der Whats­App Gruppe, aber irgend­ein Eck in mei­nen Gefüh­len will trotz­dem ab und zu wis­sen, wie es den ande­ren geht.
Los­las­sen ist ein­fach nicht meine Stärke und wird es nie sein.

13-11-2023 Gegen das tägliche Einerlei

Viel­leicht, so über­legte ich vor eini­gen Tagen, ste­cke ich ja doch die ganze letzte Zeit schon im Depri-Loch und merke es nur nicht, weil es mir so ver­traut ist und darum nor­mal vor­kommt. Weil ich mich an sol­che Nicht-Tage inzwi­schen gewöhnt hab.

“Radi­kale Akzep­tanz” bedeu­tet eben nicht nur, den Ist-Zustand als gege­ben zu neh­men und mich nicht dau­ernd zu weh­ren und das Heute mit dem Frü­her zu ver­glei­chen. Es bedeu­tet auch, die guten wie die schlech­ten Pha­sen so sein zu las­sen und anzu­neh­men. Ich drifte dabei nur lei­der immer so gerne in eine Egal-Hal­tung, die mir abso­lut nicht gut tut und die ich eigent­lich auch nicht akzep­tie­ren will.

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Tage­buch­blog:
Der Paket­bote hatte meine Kla­mot­ten­be­stel­lung für heute ange­kün­digt, aber ohne Uhr­zeit. Also hab ich mir, als ich um 3:30 ins Bett ging, den Wecker auf 10:30 gestellt, mich dann aber nach dem Klin­geln wie­der umge­dreht und zwei Stun­den wei­ter gepennt. Nach dem Auf­ste­hen geduscht, dann gefrüh­stückt und wäh­rend­des­sen kam das Paket. Das war super, weil ich des­halb im Hel­len ein­kau­fen konnte — lei­der auch im Nas­sen.
(Ich trage ja Über­grö­ßen und bin immer froh, wenn ich pas­sende Kla­mot­ten finde, die mir auch noch gefal­len. Aber warum bloß muss die Kapuze an mei­ner ansons­ten echt tol­len Regen-/ Win­ter­ja­cke auch in Über­größe sein und mir darum, wenn ich sie wegen ent­spre­chen­dem Wet­ter auf­setze. per­ma­nent ins Gesicht rut­schen? Mal wie­der hat jemand nicht nach­ge­dacht.)
Vor dem Ein­kau­fen hab ich noch bei mei­nem Fri­seur­la­den ange­ru­fen und einen Ter­min für mor­gen Mit­tag bekom­men. Juhu! Ein Licht­blick. Die Haare sind schon wie­der viel zu lang.
Jetzt gibts Nach­mit­tags­kaf­fee und ein Brio­che, spä­ter “rich­ti­ges” Essen und ver­mut­lich nix mehr aus­ser Serie gucken. Und mor­gen muss ich mich dann drin­gend an den Wider­spruch wg. Reha und an den Wei­ter­be­wil­li­gungs­an­trag fürs Bür­ger­geld set­zen. Oder viel­leicht auch erst­mal an eins davon.

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(Viel­leicht hilft es gegen das Loch und das Einer­lei, wenn ich mich zwinge, öfter mal Tage­buch­blog zu schrei­ben. Viel­leicht sehe ich dann besser.)

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A pro­pos Blog: neu­lich fand ich einen inter­es­san­ten Arti­kel über die unter­schied­li­che Ansicht vom Online- und Off­line-Schrei­ben: “Poets in the Machine - Why does the lite­rary world still hold online wri­ting at arm’s length?” von Megan Marz, einer Autorin aus Chi­cago.
DeepL hat den Bei­trag freund­li­cher­weise auf Deutsch über­setzt, ich häng hier mal das PDF mit an, das ich dar­aus gemacht hab. Viel­leicht inter­es­siert es ja noch jemanden.

12-11-2023 Und täglich grüßt das Einerlei

Schla­fen, wider­wil­lig auf­wa­chen, irgend­wann doch auf­ste­hen, meis­tens duschen, manch­mal auch nicht, weil egal. Zwei Bröt­chen in den Ofen, Kaf­fee­was­ser und Milch auf­set­zen, Früh­stücks­ta­blett rich­ten. Com­pu­ter anschal­ten, anzie­hen, Bett machen. Wenn nötig, eine Maschine mit Wäsche anstel­len. Früh­stü­cken und dabei das Inter­net nach Unter­hal­tung durch­su­chen. Lange sit­zen blei­ben und lesen, quer­beet, dies & das, hier & dort, nur nicht auf­hö­ren, weil dahin­ter die Wirk­lich­keit lau­ert. Früh­stück abräu­men, die 4 Teile abwa­schen (Kaf­fee­kanne, Milch­topf, Tel­ler, Mes­ser), der Becher mit dem inzwi­schen kal­ten Kaf­fee bleibt noch ste­hen und lockt mich zurück an den Schreib­tisch. Wei­ter stö­bern, viel­leicht (je nach Wochen­tag) für Mast­o­don ein The­men­foto bear­bei­ten, viel­leicht ein oder zwei Sätze schrei­ben oder einen Kom­men­tar und alles wie­der löschen, weil wen inter­es­siert das schon. Rum­dad­deln, die Pflich­ten wei­ter schie­ben, zwi­schen­durch mal auf­ste­hen und auf den Bal­kon gehen, an den Ergo­me­ter den­ken, der da hin­ter mir steht und sich so prima igno­rie­ren lässt, wie­der hin­set­zen, irgend­was machen, was genauso unwich­tig ist wie alles andere. Spä­ter: in die Küche gehen, Essen kochen, mich dabei mit den Stim­men im Hin­ter­kopf zum Thema aus­ein­an­der­set­zen, mich je nach­dem gut oder schlecht füh­len. Küche auf­räu­men, dann essen, dabei irgend­was unwich­ti­ges, belang­lo­ses im PC-TV gucken. Abwa­schen, fer­tig auf­räu­men, wei­ter gucken. Zwi­schen­durch Chat mit der Freun­din und Social Media. Viel­leicht ein oder zwei Sätze schrei­ben oder einen Kom­men­tar und alles wie­der löschen, weil wen inter­es­siert das schon. Suchen, was ich wei­ter gucken kann. Oder für eine kleine Siesta aufs Sofa. Danach wie­der in die Küche gehen und suchen, was ich essen kann ohne schlech­tes Gefühl. (Warum hab ich eigent­lich dau­ernd Hun­ger, obwohl ich doch nichts tue?) Essen, abwa­schen, Küche auf­räu­men, noch eine Folge irgend­was gucken und noch­mal eine und dann noch ein paar kleine Dad­del­spiel­chen spie­len, bis ich end­lich rich­tig müde bin und ins Bett kann. Irgend­wann ein­schla­fen, träu­men, wider­wil­lig auf­wa­chen und den gest­ri­gen Tag wiederholen.

So sieht es aus, wenn ich keine Ter­mine habe. Ich hatte am Diens­tag letz­ter Woche den letz­ten Ter­min und war seit­dem nicht drau­ßen und hab nur ein­mal kurz mit einem ande­ren Men­schen gespro­chen. Ah, nee, stimmt nicht, da war ja noch der Paket­bote am Mitt­woch, bei dem ich mich bedankt hab. Ich würde gerne mit jeman­dem reden, aber ich hab ja nichts zu sagen es ist ein­fach nicht wich­tig, was ich zu sagen hätte. Und eigent­lich ist mir der Auf­wand mit ande­ren Men­schen auch viel zu viel. Sich ver­ab­re­den, einen Ter­min fin­den, irgend­wo­hin fah­ren, die Stim­mung bis dahin nicht ver­lie­ren oder auf­po­lie­ren … Schon der Gedanke macht mich müde. “Sie haben so viel zu sagen und zu geben!” sagt Frau R. vom Hilfe-Dings immer wie­der zu mir. Tja, mag schon sein, aber will das denn jemand hören?

Es ist alles unwich­tig. Ob ich lese oder schreibe oder nichts mache: egal. Ob ich auf­stehe oder den gan­zen Tag schlafe: egal. Ob ich esse oder nicht, ob ich mich gut fühle oder schlecht: egal. Dass ich hier rum­jam­mer, ist auch unwich­tig. Das blöde ist nur, dass wenn ich jeman­dem viel­leicht mal wich­tig bin und der:die mir das sagt, glaub ich es ent­we­der nicht oder es ist mir zu viel. Ich will nicht, dass jemand was für mich tut. Dass jemand will, dass es mir gut geht. Und ja, ich weiß, dass ich mir selbst andau­ernd wider­spre­che. Dass sich meine Bedürf­nisse wider­spre­chen. Ich muss seit 40 Jah­ren für mich selbst sor­gen, ich kann nicht damit umge­hen, wenn das jemand anders ver­sucht, auch wenn ich es mir eigent­lich sehn­lich wün­sche. Und dann zieh ich mich eben wie­der zurück, weil ich das am bes­ten kenne.

Je weni­ger ich rede/schreibe, desto stil­ler werde ich. Je stil­ler ich werde, desto unwich­ti­ger fühle ich mich. Je unwich­ti­ger ich mich fühle, desto mehr zieh ich mich zurück, werde nicht gese­hen, rede/schreibe nicht. Ver­sinke im täg­li­chen Einer­lei. Dabei hab ich durch­aus Ideen, Pläne, Dinge zu tun! Ich schaff es nur nicht, dran zu blei­ben und dann wird alles irgend­wann wie­der unwich­tig und egal. Und dann heißt es wie­der “… und täg­lich grüßt das Einerlei”.

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