20-07-2020 Nicht ärgern

Die Nacht okay, aber lang­sam könn­ten die Träume mal wie­der ent­spann­ter wer­den. Keine Lust, dau­ernd an den unmög­lichs­ten Orten unter­wegs zu sein.

Für den Nach­mit­tag war der Besuch in der Pra­xis der Haus­ärz­tin geplant: alleine mit dem Taxi hin, für den Rück­weg mit Bus & Bahn hol­ten mich die Toch­ter und der Enkel ab, so dass ich unter­wegs auch noch ein paar Sachen ein­kau­fen konnte.

Die Pra­xis macht um halb vier auf, ich saß 10 Minu­ten vor­her auf der Treppe drau­ßen. Vor mir 3 andere Leute, alles klar, Rei­hen­folge geklärt. Kurz nach mir kam eine Frau in mei­nem Alter, stellte sich neben mich - und zog sich erst­mal den MNS aus. Als es dann los ging, wollte sie direkt an mir vor­bei in die Pra­xis. Ich sagte deut­lich, dass ich zwar lang­sa­mer sei mit der Krü­cke, aber vor ihr dran wäre und auch nicht so lange ste­hen könne. Jaja, ist okay. Drin­nen hab ich mich dann demons­tra­tiv vor sie gestellt, weil: ist mein Platz. Lei­der wur­den wir dann gleich­zei­tig von den bei­den Damen am Emp­fang auf­ge­ru­fen und lei­der musste die, bei der ich stand, neben­bei noch ans Tele­fon, des­halb wurde ich lei­der nach der Dräng­le­rin ein­ge­tra­gen. Den schnip­pi­schen Blick, als sie nach­her an mir vor­bei ins Sprech­zim­mer ging, konnte sie trotz dann auf­ge­setz­ter Maske nicht unter­drü­cken. (Blöde Nuss.)
Dum­mer­weise hat die Mit­ar­bei­te­rin mich bei der fal­schen Ärz­tin ein­ge­tra­gen, obwohl ich in der Pra­xis seit 35 Jah­ren Pati­en­tin bin und sie mich ganz genau ken­nen. Das wurde aber erst klar, nach­dem zwei wei­tere Men­schen, die nach mir gekom­men waren, vor mir dran kamen.
Ich hab nor­ma­ler­weise kein Pro­blem damit, mal jeman­den vor zu las­sen oder einen Feh­ler zu ent­schul­di­gen, aber so dreist wie die Dräng­le­rin und so nach­läs­sig wie die Mit­ar­bei­te­rin heute waren, ärgert mich das. Und dann ist auch noch die Ärz­tin selbst schnip­pisch und kurz ange­bun­den und ich brauch echt drin­gend eine neue Woh­nung irgendwo anders und neue Ärz­tin­nen und überhaupt.

Ich hatte Fami­lie, Umar­mun­gen und ganz viel Liebe und hab über­haupt keine Lust, mich noch wei­ter zu ärgern.


Gele­sen: in dem Blog, den ich kürz­lich via Herrn Bud­den­bohm ent­deckt habe. Mit­ten aus dem Leben und Spra­che, wie ich sie mag.

19-07-2020 Nicht immer nur lieb

Geschla­fen: beschei­den, sehr.


Ges­tern Abend irgend­wann wurde mir bewußt, dass mein lin­ker Fuß schon seit Stun­den schläft und krib­belt und komi­sche Gefühle macht, die ich gar nicht beschrei­ben kann. Dazu ist das Knie ein­fach so unbe­weg­lich, innen drin ganz steif und tut weh. Ich kann nicht sit­zen, nicht lau­fen, jede Bewe­gung ist müh­sam. Küh­len hilft nicht wirk­lich, die Ibu auch nicht.
Irgend­wann gegen neun hab ich dann die Toch­ter (J.) ange­ru­fen, weil ich ein­fach mit jeman­dem - nein, mit ihr reden musste. Ihr Freund (M.) war grade am los gehen zum Super­markt, da sagt sie, sie beglei­tet ihn ein­fach und dann kom­men sie bei mir vor­bei. Und ob ich noch was brau­chen würde. Ja, Chips! Ich brauch jetzt Chips. Und Paprika, weil meine lei­der schim­me­lig war. Eine Stunde spä­ter waren sie dann da, mit Chips, Paprika, Bröt­chen — und mit ASS von M.

Das war näm­lich der eigent­li­che Grund mei­nes Anru­fes: weil ich plötz­lich wie­der die bei­den Men­schen aus mei­nem Bekann­ten­kreis vor Augen hatte, die beide nach einem Bein­bruch auf­stan­den und tot umfie­len, weil da jemand ver­säumt hatte, eine Throm­bo­se­spritze zu geben.
Am Mitt­woch hatte der Pfle­ger mir die Ent­schei­dung über­las­sen, ob ich lie­ber Sprit­zen will oder zuhause viel rum­lau­fen. Und wie ich nun­mal bin (bloß nicht zu viel machen! Nicht so ein Gedöns um mich! Mach kei­nen Auf­wand, keine Umstände, fall am bes­ten gar nicht auf und schon gar nie­man­dem zur Last!) hab ich die Sprit­zen abge­lehnt. Ist doch nicht nötig, ich mach das schon. Und dann war sie ges­tern eben plötz­lich da, die dif­fuse Angst, dass da was nicht stimmt in mei­nem Bein und dass ich jetzt nicht auf­ste­hen kann, weil ich dann sterbe und ich bin doch trotz allem noch gar nicht bereit dafür und hab nicht mehr mit J. gere­det und so geht das nicht! Panik vom Feins­ten.
Und dann kom­men die Kin­der, hören mir zu, trös­ten mich, machen mir Mut, beim Not­arzt anzu­ru­fen und als M. meine Unsi­cher­heit des­we­gen sieht, ruft er kur­zer­hand für mich an und regelt das. 

(Manch­mal bin ich ja genervt von ihm, weil er so gerne den Mans­plaier gibt, aber dass er dann so selbst­ver­ständ­lich was macht und hilft und guckt – da weiß ich dann wie­der, warum J. ihn liebt. Abge­se­hen davon, dass er doch ziem­lich nett ist und ein groß­ar­ti­ger Künstler.)

Eine halbe Stunde spä­ter war dann eine Ärz­tin hier, super nett, total unkom­pli­ziert (und mit schö­nen Tat­toos auf bei­den Füßen 😉 ) und guckte, tas­tete, drückte, fragte und hatte vor allem Ant­wor­ten auf meine Fra­gen.
Ja, Knie und Fuß sind dicker als nor­mal, aber nicht besorg­nis­er­re­gend. Dass das Schien­bein bzw. die Haut dar­über gerö­tet und rela­tiv warm ist, stört sie mehr. Es ist nicht sehr schlimm, aber ich soll das im Auge behal­ten. Und ja, wenn ich alle Stunde auf­stehe und ein biß­chen in der Woh­nung rum humple, reicht das völ­lig aus, um keine Throm­bose zu bekom­men, ganz sicher. Aber ich soll doch bitte am Mon­tag zur Haus­ärz­tin und das alles angu­cken las­sen. Falls am Sonn­tag (also heute) irgend­was sein sollte, soll ich nicht zögern, wie­der beim Not­dienst anzu­ru­fen.
Uff. Mit die­sen Infos kann ich J. und M. auch nach Hause gehen und mei­nen Abend mit Chips aus­klin­gen lassen. 


Und dann steh ich nach der beschei­de­nen Nacht auf und hum­pel wie­der hier rum, wasche mich müh­sam, drü­cke die Schmer­zen run­ter, nehme immer alles hin und halte alles aus.

Aber für ein­mal mag ich nicht mehr immer nur lieb und nett und ver­ständ­nis­voll sein. Ich bin sauer, stink­sauer, auf die Frau, die nicht guckt, bevor sie ihre Scheiß Auto­tür auf­macht. Die ankommt mit einem Stück Kuchen (der noch nicht­mal schmeckt! So, jetzt ist es raus. Das war gelo­gen ges­tern.) und ein paar Blu­men, als wär dann alles wie­der gut und sie von ihrer Schuld befreit. Ich bin stink­sauer, weil ich jetzt wer weiß wie lange mit dem Knie zu tun habe und nicht Rad fah­ren kann, wo ich doch eh schon nicht lau­fen kann. Wie soll ich denn mor­gen zur HÄ kom­men? Schon wie­der mit dem Taxi? Wer zahlt mir das? Schon wie­der muss ich die Toch­ter ein­span­nen zum Ein­kau­fen, dabei hat die wirk­lich genug zu tun mit Arbeit und Kind und ihren eige­nen Han­di­caps. Wer gleicht das aus? Grade fing die Mitt­wochs­gruppe wie­der an, end­lich wie­der Kon­takte in real nach der Coro­na­pause - aber da komm ich nur zu Fuß oder mit dem Rad hin. Fällt also aus, wer weiß wie lang. Meine depres­sive, sozial gestörte Psy­che fin­det das über­haupt nicht komisch.
Ich bin doch sowieso schon wegen allem mög­li­chen Kram ein­ge­schränkt, ich brauch nicht auch noch ein kaput­tes Knie dazu. 

Ja, ich bin stink­sauer. Und tat­säch­lich hab ich vor­hin über­legt, ob ich wohl doch Schmer­zens­geld for­dern sollte. Google sagt mir näm­lich, dass das nicht vom Hartz4 abge­zo­gen wer­den darf. Es wäre wenigs­tens eine kleine Ent­schä­di­gung für den gan­zen Scheiß, den ich jetzt aus­halte. Heute ist der 4. Tag nach dem Unfall und so, wie sich das jetzt grade anfühlt, ist das mit dem Knie noch lange nicht gut.
Am Diens­tag kommt Frau R. vom Hilfe-Dings zu mir, ich werd das mit ihr mal bespre­chen. (Das ist das Gute: dass ich jetzt Eine an mei­ner Seite habe, die sowas mit mir durch­macht. Dafür bin ich dank­bar - auch mir selbst, weil ich mir diese Hilfe geholt hab.)

Nein, ich will nicht immer nur lieb sein und alles aus­hal­ten. Das hab ich lang genug getan.

18-07-2020 Zwischen Schmerz und Nerv

Dank der Ibu wie­der fest und lang geschla­fen, nur die Träume muss­ten unbe­dingt wie­der irgend­wel­che alten Geschich­ten aus der Fami­lie und der letz­ten Arbeit vorkramen. 


Das Knie ist dick, unbe­weg­lich, tut weh; der Fuß schläft und ist kühl. Das gefällt mir nicht. Ich bewege, kreise, beuge und stre­cke, jam­mer und flu­che heute auch zwi­schen­durch. (Kann die nicht gucken, die doofe Nuss? Warum macht die ein­fach die Tür auf, obwohl unsere Straße viel befah­ren und eng ist? Sie hat Glück gehabt, dass da nie­mand mit dem Auto kam statt mir! Aber ich hab den Schmerz und den Nerv.)


Und als hätte sie mich gehört, steht die Unfall­ver­ur­sa­che­rin am Nach­mit­tag mit einem Blu­men­strauß und einem Stück Kuchen vor der Tür. Ent­schul­digt sich wie­der tau­send­mal, bie­tet Hilfe an, hat offen­sicht­lich ein sehr schlech­tes Gewis­sen. Zu Recht! Aber ich bin natür­lich freund­lich wie immer und beru­hige sie und nein nein, alles ist gut.
Wenigs­tens ist der Kuchen lecker.


Musik der Sorte Coun­try gibt’s heute umsonst und drau­ßen, näm­lich auf dem gro­ßen Platz am Ende der Straße. Zu mei­nem Glück nicht so lang und aushaltbar.

17-07-2020 Zwischenfall

Dass zwi­schen Diens­tag und heute hier nichts steht, liegt nicht daran, dass so wenig los gewe­sen wäre. Dazu gleich mehr.


Der Schne­cken­haus­tag (Diens­tag) ent­wi­ckelte sich noch zu einem rich­ti­gen Schrott­tag. Ich kenn das ja: da ist ein Hoch, das hält noch 2 Tage, dann geht es lang­sam wie­der run­ter und manch­mal eben so weit, dass mit mei­ner Stim­mung auch alle Moti­va­tion und Hoff­nung und Aus­sicht mit nach unten gezo­gen wird und ich, obwohl die Ener­gie da wäre, ein­fach nichts auf die Reihe kriege. Zwar hab ich inzwi­schen gelernt, mich dafür nicht zu bestra­fen und sol­che Tage anzu­neh­men, aber manch­mal bin ich halt trotz­dem ein­fach nur genervt. Von mir selbst, von der Krank­heit, von ein­fach allem. Und dann kann es pas­sie­ren, dass ich vor lau­ter genervt sein los gehe und was mache und sich das alles in Luft auflöst.


Das war dann am Mitt­woch so.

Blöd geschla­fen, blöd geträumt, blöde Stim­mung, aber trotz­dem zur Mitt­wochs­gruppe gefah­ren. Und das war gut so. Denn wenn da liebe Frauen zusam­men sit­zen und sich freuen und mit­ein­an­der lachen, und wenn du plötz­lich merkst, dass da nicht nur ein gutes Ver­ste­hen ist, son­dern auch sowas wie Zunei­gung ent­steht, dann fühlt sich die blöde Stim­mung ganz fehl am Platz und haut ein­fach ab.

Mit die­ser guten Laune war ich auf dem Rück­weg noch eben ein­kau­fen für die Woche und bin dann mit dem Rad gemüt­lich zurück nach Hause gefah­ren. Also, bis fast nach Hause.


100 Meter vor­her parkte näm­lich eine Mit­ar­bei­te­rin der dor­ti­gen Bäcke­rei mit ihrem Lie­fer­wa­gen auf der Straße und ich kann jetzt aus ers­ter Hand bestä­ti­gen, dass es die Autofahrer:innen, die die Tür auf­ma­chen, ohne nach hin­ten zu gucken, wirk­lich gibt. Ich hab noch ver­sucht, aus­zu­wei­chen, bin dabei aber lei­der auf der Straße gelan­det, das voll bepackte Fahr­rad auf mich drauf. Beim Auf­kom­men merkte ich schon, dass sich im lin­ken Knie etwas ziem­lich ver­dreht hat.
In Null­kom­ma­nix stan­den Men­schen um mich herum, auch die total auf­ge­löste Auto­fah­re­rin, die sofort sagte, dass sie schuld sei. Eine Frau hat Poli­zei und Kran­ken­wa­gen ange­ru­fen und mir sogar ihre Adresse hin­ter­las­sen, falls sie als Zeu­gin aus­sa­gen muss. Der Besit­zer der Bäcke­rei brachte einen Stuhl und ein Glas Was­ser. Jemand hob meine Ein­käufe von der Straße auf und schob das Fahr­rad zur Seite. Das ging alles so schnell und wie in einer heim­lich abge­spro­che­nen Cho­reo­gra­fie, dass ich es gar nicht wirk­lich gemerkt hab. Alle waren super nett, für­sorg­lich, besorgt – puh, so viel Auf­he­bens, das war eigent­lich viel zu viel. 

Dann kamen zwei Poli­zis­tin­nen, haben alles auf­ge­nom­men, Adres­sen notiert, was da halt zu tun ist. Wäh­rend­des­sen war ein Kran­ken­wa­gen ange­kom­men, ich wurde wei­ter befragt, ange­guckt, abge­tas­tet … so lang­sam wollte ich bitte eigent­lich nur noch nach Hause und meine Ruhe haben. Sie konn­ten mich dann aber über­zeu­gen, dass es bes­ser sei, es jetzt sofort che­cken zu las­sen, als womög­lich am nächs­ten Tag noch­mal los zu müs­sen. Also bin ich wie so ne alte Frau in den Kran­ken­wa­gen gehum­pelt (auuuuua!) und ins KH mit­ge­fah­ren.
Viel War­te­zeit, eine Rönt­gen­auf­nahme, eine ver­sorgte und ver­bun­dene Schürf­wunde am Arm, eine Teta­nus­spritze und sehr lus­tige Unter­hal­tun­gen mit dem super­net­ten Pfle­ger spä­ter bestä­tigte die Ärz­tin, was ich ver­mu­tete: dass nichts gebro­chen ist, aber sehr wahr­schein­lich die Bän­der im Knie ver­dreht oder gedehnt oder bei­des zusam­men. Dage­gen kann man lei­der nichts machen, nur Schmerz­gel, Ibus und abwar­ten, bis sich alles wie­der sor­tiert hat. Dann gab es noch ein paar Krü­cken, viele Bes­se­rungs­wün­sche und kurz danach saß ich im Taxi nach Hause.

Dort traf ich direkt mei­nen Ober­nach­barn; der war rein zufäl­lig vor­bei gekom­men, als der Sturz pas­sierte und hatte prak­ti­scher­weise meine Ein­käufe mit zu sich genom­men und brachte sie mir jetzt run­ter. Und guck an, die net­ten Poli­zis­tin­nen hat­ten tat­säch­lich mein Fahr­rad - das zum Glück heil geblie­ben ist - nach Hause gebracht und dort ange­schlos­sen. Das hat wirk­lich alles so gut geklappt.
Danach tele­fo­nierte ich mit der Unfall­ver­ur­sa­che­rin, die sich noch tau­send­mal ent­schul­digt hat und sehr froh war, als ich sagte, ich hätte über­haupt kein Inter­esse an einer Anzeige. Sollte mir da irgend­wel­ches Schmer­zens­geld zuge­spro­chen wer­den, würde ich das - davon geh ich ein­fach mal aus - sowieso sofort vom H4 abge­zo­gen krie­gen. Da hätte ja nie­mand was davon. Das ein­zige, was ich als Ent­schä­di­gung haben möchte, ist eine Tüte Crois­sants – immer­hin wirbt der Laden damit, dass er die bes­ten in Ham­burg hat. Sie ver­sprach mir auch noch einen Kaf­fee dazu 😉

Der Mitt­woch­abend ver­ging dann mit Pizza auf dem Sofa, ordent­lich jam­mern und kla­gen und ein biß­chen Selbst­mit­leid. Ich finde, das darf dann auch mal sein.


Für meine Ver­hält­nisse war ich rela­tiv früh im Bett, aber auch früh wie­der auf, weil ich mit dem wehen Knie nicht rich­tig lie­gen konnte. Nach und nach mach­ten sich auch noch andere Stel­len bemerk­bar, auf die ich gefal­len war und die in den nächs­ten Tagen schöne Far­ben anneh­men wer­den.
Also gab es mor­gens um sie­ben den ers­ten Kaf­fee auf dem Bal­kon, spä­ter Früh­stück und gegen 10 war ich wie­der im Bett für wei­tere 2 Stun­den Schlaf. So zog sich der Don­ners­tag hin zwi­schen wach und Schlaf, zwi­schen Schmerz und genervt sein davon, zwi­schen sit­zen und auf­ste­hen, weil das blöde Knie eben weh tut, egal wie ich es halte.
Was gut war: dass dank Corona jetzt The­ra­pie­stun­den völ­lig unkom­pli­ziert am Tele­fon statt fin­den kön­nen. So musste weder meine Stunde (die letzte vor der 4-wöchi­gen Urlaubs­pause) aus­fal­len noch muss ich die Gebüh­ren für spä­tes Absa­gen zahlen.


Heute (Frei­tag): lange geschla­fen und dank Schmerz­ta­blette auch tief, das war gut. Erhol­sam. Danach hab ich mich dum­mer­weise noch­mal hin­ge­legt und hatte natür­lich Kopf­schmer­zen beim Auf­wa­chen. Ich lern das noch, irgend­wann. Bestimmt.

Eigent­lich war mir nach einer schö­nen Dusche, aber ich trau mich mit dem Knie noch nicht, da ist es ein­fach zu eng. Wenn ich da falle, tut es rich­tig weh. So gab es eben nur eine Kat­zen­wä­sche und spä­ter Haare waschen in der Küche. Und wenn der Kopf nicht unter den zu tie­fen Was­ser­hahn passt, dann muss eben ein Gefäß hel­fen. Danach hätte ich eigent­lich gleich meine Küche wischen kön­nen, aber es muss ja nicht alles auf ein­mal gemacht werden.


Noch tut es an diver­sen Stel­len weh, aber immer­hin kann ich die ers­ten Meter schon ohne Krü­cken hum­peln und ein biß­chen auf­tre­ten. Und ich merke, wie prak­tisch so eine kleine Woh­nung ist: die Wege sind zwar müh­sam, aber wenigs­tens nicht lang.
Ich schätze, in ein bis zwei Tagen hat der Kör­per den Sturz ver­ar­bei­tet und es geht schritt­weise auf­wärts. Ein biß­chen mul­mig ist mir beim Gedan­ken daran, wie­der aufs Fahr­rad zu stei­gen, aber das eilt ja nicht. Ich hab nächste Woche keine The­ra­pie, meine Frau R. vom Hil­fe­dings kommt zu mir, die Mitt­wochs­gruppe fällt lei­der aus, den Zahn­arzt­ter­min kann ich eine Woche wei­ter schie­ben. Bis dahin wird das wie­der gut sein. Finde ich. Hoffe ich.


Und dann wird der Tag noch abge­run­det durch ein lan­ges Tele­fo­nat mit der Schwes­ter in Neu­see­land und ich bin grade sehr glücklich.


Mit stil­lem Ver­gnü­gen gele­sen im Blog von Herrn Buddenbohm:

Die Fliege fliegt nur knapp eine Hand­breit unter der Decke herum und lässt mich ansons­ten in Ruhe. Nur ihr Sum­men ist in aller Dezenz zu hören, ein Geräusch, das gar nicht unan­ge­nehm ist. Ein Geräusch, auf das man gut ach­ten kann. Es macht etwas müde, es macht etwas ruhig, es ist ein genau rich­ti­ges und auch aus­ge­spro­chen som­mer­li­ches Gesumme, es ist mir sehr recht. Die Fliege kreist eigent­lich nicht, sie fliegt eher For­men, fällt mir nach einer Weile auf, denn ich habe ja Urlaub und nichts zu tun. Ich liege hier also total sinn­voll nur herum und wohne, denn das macht man so im Urlaub, wenn man gerade nicht reist.

https://www.buddenbohm-und-soehne.de/2020/07/17/in-stubenschrift/

14-07-2020 Schneckenhaustag

Geschla­fen: geht so.
Geträumt: beschis­sen.
Moti­va­tion für irgend­was: 0.


Wie gut, dass es im Schne­cken­haus WLAN und im Inter­net so viel leichte Seri­en­kost gibt. Da geht so ein Tag ja irgend­wie irgend­wann auch vorbei.

13-07-2020 Wenigstens die Wäsche

Geschla­fen: lange und gut. Irgend­was von Hoch­zeit geträumt - mei­ner eige­nen - und dass ich alles orga­ni­sie­ren musste und auch noch Stü­cke pro­ben (Chor und Flöte) und stän­dig kam was ande­res dazwi­schen, aber ich war die ganze Zeit total ent­spannt. Er hieß übri­gens Mat­thias. Sollte jemand einen ken­nen mit die­sem Namen — nein, sagt nicht Bescheid.


Und dann ist nach zwei haupt­säch­lich ver­reg­ne­ten Wochen end­lich die Sonne da und wärmt und ich komm ein­fach über­haupt nicht in die Puschen, dabei müsste ich wirk­lich drin­gend mal wie­der raus aus der Woh­nung und ins Grüne oder ein­fach nach Plan­ten & Blo­men und was ande­res sehen als das immer glei­che Gegen­über und den Kopf aus­lüf­ten, aber ich schaff es ein­fach nicht. So lange nicht, bis es eh zu spät ist, jetzt noch los zu fah­ren. Und für mor­gen ist schon wie­der Regen ange­sagt. So cool.

(Und jetzt bloß nicht in Selbst­mit­leid oder noch bes­ser in Selbst­hass ver­sin­ken, weil die Depres­sion das gerne so hätte.)


Wenigs­tens eine Ladung Wäsche hab ich gewa­schen und aufgehängt.


Musik: Michael Patrick Kelly mit dem Song “Memo­ries” von Gen­tle­man. Ohne aktu­el­len Bezug zum Text, ein­fach weil ich es mag.

12-07-2020 Nachdenklich

Ges­tern: nichts, über das sich das Schrei­ben gelohnt hätte. Ein Tag von der Sorte, die - im posi­ti­ven Sinn - ein­fach vor­bei ziehen.


Die Nacht voll mit selt­sa­men Träu­men, die sich beim Ver­such, sie ins Gedächt­nis zu rufen, ins Nichts auflösen.


Der Tag heute mit Gedan­ken vol­ler Liebe, Trost und Frie­den an meine See­len­freun­din D. und ihren Sohn.

Nach­den­ken über die Unbe­greif­bar­keit des Todes, das uner­mess­li­che Glück des Über­le­bens, über das eigene Sein und was der Sinn des Gan­zen sein mag.
Ach, könnte ich doch glau­ben an etwas, das grö­ßer als alles ist und mich dar­auf ver­las­sen, dass die­ses Etwas die Rich­tung kennt. Der Wunsch, das hier aus eige­ner Kraft so gut wie mög­lich hin zu krie­gen, bliebe wohl den­noch bestehen.


Musik, die ein­zig pas­sende: Bach.

10-07-2020 Frei-Tag

Fest und durch geschla­fen bis zur übli­chen Zeit zwi­schen halb acht und acht, wenn die Blase sich aus gutem Grund in die Träume schleicht. Danach ganz gemüt­lich wie­der ins warme Bett zurück, weil es Frei­tag ist und nichts drängt und zwingt und drückt und ich auf­ste­hen darf, wann immer ich will und der Schla­f­akku auf­ge­füllt ist.


Den Ener­gie­akku füllt dann etwas, was ich neu­lich schon­mal erwähnte und was ich ein­fach unend­lich liebe: mich mit Kaf­fee und irgend­wann spä­ter auch mit Früh­stück an den PC zu set­zen und mich trei­ben zu las­sen von Tweet zu Tweet zu Blog zu Arti­kel und zurück zu Tweet. Hier was anle­sen, da wei­ter­stö­bern, dort was nach­schla­gen … Mich füt­tern mit Wor­ten, Gedan­ken, Bil­dern und Wis­sen. Das funk­tio­niert auch mit Musik und manch­mal mit Fotos, aber das Geschrie­bene ist am schönsten. 

Und über allem heute eine himm­li­sche Ruhe. Nicht nur, weil ich bei die­sem Ham­bur­ger Wet­ter (15°, graue Wol­ken, fri­scher Wind und Nie­sel­re­gen) die Bal­kon­tür zu habe, son­dern auch, weil die Ober­nach­barn für ein paar Tage weg sind. Wie unend­lich gut das tut.


Was die The­ra­pie­stunde ges­tern so gut gemacht hat, war die Erkennt­nis über diese rela­tiv neue Gelas­sen­heit gegen­über der Depres­sion und ihren Aus­wir­kun­gen auf mei­nen All­tag.
Ich weiß, dass mein Leben ein Pen­deln zwi­schen Hochs und Tiefs ist und immer wie­der sein wird. Dass ich mir immer wie­der die Knie auf­schür­fen werde beim Fal­len. Dass es offene Bau­stel­len gibt, die viel­leicht nicht geschlos­sen wer­den kön­nen. Aber irgend­wie ist das in Ord­nung, weil es eben mein Leben ist, weil ich das bin. Ich will kei­nen ebe­nen Weg ohne Hin­der­nisse: das ist mir zu lang­wei­lig. Ich will ja auf Umwe­gen den­ken und füh­len und bis ins tiefe Innere gehen, Dinge hin­ter­fra­gen und mich auch - und ich will meine Sen­si­bi­li­tät nicht abge­ben, auch wenn sie man­ches anstren­gend macht. Ohne das wäre das nicht ich. Und irgend­wie ist es ja doch nicht soo schlecht, was und wie ich bin. Eigent­lich. Viel­leicht.
Jeden­falls ist das alles grade nicht ganz so erdrü­ckend und schwer wie sonst oft und wenn ich das mal eine Weile behal­ten könnte, wäre es echt schön.


Screenshots aus der unten beschriebenen Reportage im NDR vom 10.Juli 2020
Screen­shots aus der unten beschrie­be­nen Repor­tage im NDR vom 10.Juli 2020

Gese­hen: eine Repor­tage im NDR über Sylt im Corn­abe­ding­ten Lock­down.
Span­nende Ein­bli­cke in eine Welt ohne Tou­ris­mus: wenn die Insel plötz­lich nur den Insulaner:innen gehört, wenn die Tiere schon nach ein paar Tagen Räume beset­zen, die sie auf­grund der vie­len Men­schen sonst gemie­den haben, wenn statt den Mas­sen nun fast nie­mand mehr am Strand ist. Und so sehr ich mit­leide mit all denen, die Jobs und Ein­künfte ver­lo­ren haben und die sich schwer taten mit den Ein­schrän­kun­gen, so sehr beneide ich die Einwohner:innen um die­ses Erleb­nis, eine ganze Insel nur für sich zu haben. Wie gerne hätte ich das in echt erlebt.

Pas­send dazu das Inter­net-Tage­buch der Autorin Susanne Mat­thies­sen, in dem sie auf ihrer Face­book­seite über “Sylt im Aus­nah­me­zu­stand” berichtet. 

09-07-2020

Im Traum wie­der mal bei der Arbeit (= alter Job). Aber es ver­än­dert sich tat­säch­lich etwas in mir, denn dies­mal hab ich der Che­fin ganz in Ruhe erklärt, warum das alles so gekom­men ist mit dem Burn­out und der Depres­sion und sie hat sogar nach­ge­fragt. Ich bin dann mit einem guten Gefühl nach Hause gegan­gen - und auf­ge­wacht.
Viel­leicht ist da auch noch eine Nach­wir­kung vom gest­ri­gen Nach­bar­dings: dass ich mich nach oben getraut hab und ziem­lich ruhig geblie­ben bin.


Wenn die Fahrt hin und zurück viel anstren­gen­der war als die The­ra­pie­stunde selbst, dann war es wohl eine von den rich­tig guten.

Und jetzt: Pizza, Sofa, TV.

08-07-2020 Mittwochsgruppe

Ent­we­der ich hab letzte Nacht super fest geschla­fen oder meine Ober­nach­barn lesen hier mit, jeden­falls bin ich nur 5 Minu­ten vor dem Wecker auf­ge­wacht. Das tat gut. 


Am Mit­tag dann los zur Mitt­wochs­gruppe, mit immer noch ordent­lich Hib­beln im Bauch. Immer­hin haben wir uns ewig nicht gese­hen und die letz­ten Tref­fen waren so, dass ich über­legt hatte, nicht mehr hin zu gehen. Nur weil meine The­ra­peu­tin der Mei­nung ist, dass mir Kon­takte zu “ech­ten” Men­schen gut tun wür­den, muss ich die Zeit nicht mit wel­chen ver­brin­gen, mit denen ich nichts gemein­sam hab oder die Che­mie ein­fach so gar nicht stimmt. Das waren aber genau die, die über den Win­ter noch übrig waren.

Und das war meine Befürch­tung für heute: dass genau die wie­der da sind. Ich nehm es mal vor­weg: waren sie nicht bzw. nur eine davon. Aber zum Glück waren auch drei andere Frauen da, näm­lich genau die, die ich sehr gerne mag, mit denen ich was gemein­sam hab, mit denen ich gut reden kann. Und anschei­nend beruht das auf Gegen­sei­tig­keit, wenn ich die herz­li­che Begrü­ßung und die Stim­mung rich­tig inter­pre­tiere. Mit der einen ande­ren Frau kann ich irgend­wie klar kommen. 

Die ein­ein­halb Stun­den waren dann gefühlt schnell vor­bei, aber den­noch ganz schön anstren­gend. Viel Aus­tausch, viel reden, so unge­wohnt viele Men­schen um mich rum, das ver­braucht ent­spre­chend viel Akku - im Moment noch mehr, als gleich­zei­tig auf­ge­la­den wird. Aber ich bin ganz hoff­nungs­voll, dass sich das wie­der ein­pen­delt mit der Zeit.


Danach dann schnell bei Rewe rein und mei­nen Gut­schein in Lebens­mit­tel umge­wan­delt, voll bepackt nach Hause gera­delt und aufs Sofa geplumpst. Naja, so war es jeden­falls geplant.
Lei­der haben die Ober­nach­barn die Ruhe von heute mor­gen am Nach­mit­tag dann wie­der wett gemacht mit ca. 2 Stun­den Getrap­pel und Getram­pel und Gerenne, weil zwei Müt­ter und ein Vater nicht in der Lage sind, mit zwei klei­nen Kin­dern mal eine Weile nach drau­ßen zu gehen, damit die sich da aus­to­ben kön­nen, aber immer­hin bin ich heute rela­tiv ruhig geblie­ben, als ich oben Bescheid gesagt hab, dass ich jetzt echt die Nase voll hab von dem Lärm und ich hoffe sehr, dass jetzt wie­der für ein paar Wochen Ruhe ist.


Am Mor­gen gele­sen: Eli­sa­beth Rank mit einem sehr schö­nen Text. Ich kann mich gar nicht ent­schei­den, was und wie­viel ich zitie­ren soll, ich mag ein­fach so so gerne, wie sie schreibt. Lest es, hier und dann wei­ter bei ihr.

Als ich mit S. vor dem Café sitze, stel­len wir im Gespräch fest, über wie viel es immer noch ent­setzt zu sein gilt und sich zu empö­ren. Man wird so müde davon, aber noch trä­ger wird alles, wenn wir damit auf­hö­ren. Wenn wir es nicht mehr bes­ser machen wol­len als die vor und neben uns. Ich bemerke in den klei­nen Momen­ten immer wie­der die Schief­la­gen, über die gro­ßen kann man sich gebüh­rend laut aus­las­sen, kniff­lig wird es dort, wo wir mit Gefüh­len argu­men­tie­ren und mit einer Erfah­rungs­welt, die zum Bei­spiel Män­ner häu­fig nicht nach­voll­zie­hen kön­nen, weil sie bestimmte Dinge ein­fach nie erlebt oder nicht ein­mal gese­hen haben. An der Stelle muss man sich immer wie­der selbst über­win­den und hin­tra­gen zu dem Punkt, an dem man trotz­dem etwas sagt, nach­fragt, erforscht, was pas­siert, wenn man anspricht, was man evtl. nicht mit sie­ben­hun­dert Fak­ten bele­gen, aber den­noch mit einem ungu­ten Gefühl bezeu­gen kann. Denn so, glaube ich, funk­tio­niert die Annä­he­rung an etwas, das sich ändern muss, und an das Ziel die­ser Änderung.

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