Heute nachmittag ist Weihnachtsfeier bei meinem Hilfedings. Ich hab mich letzte Woche in einem kurzen Moment des Übermuts dazu angemeldet. Es gibt tolles Essen, ein paar Überraschungen, irgendwas musikalisches. Mehr fröhlich als besinnlich.
Seit 2 Stunden schlägt mein Herz zusammen mit der Angst Purzelbäume und hüpft auf und ab wie auf einem Trampolin. Ich schaff das nicht. Da sind so viele Menschen, ich kenne niemanden außer Frau R. und drei von meiner Mittwochsgruppe, aber 2 davon kennen da so viele und ich will die nicht festhalten, damit ich nicht alleine bin und die dritte ist genau die eine, die ich nicht besonders mag. Und überhaupt ist das alles neu und ich kenne die Räume nicht (das ist in der Zweigstelle von OdW, wo ich noch nie war) und das war eine absolut bescheuerte Idee und wird immer bescheuerter, je länger ich drüber nachdenke. Ich geh nicht hin, ich kann das nicht.
Ich mag nicht angeguckt werden, ich will keinen Smalltalk machen, der mich nur Energie kostet, ich kann nicht in fremder Gesellschaft essen. Und bei so vielen Menschen auf einem Haufen kann ich mich überhaupt nicht mehr konzentrieren und verliere dann auch komplett das Gefühl für mich und dafür, wann es einfach zuviel ist.
Ich weiß, dass ich für mich sorgen muss und darf. Dazu gehört auch, etwas nicht zu tun, wenn es nicht machbar ist. Ich muss mich nicht zwingen zu etwas, das ich mir nicht zutraue. Ich weiß das, aber statt dessen mache ich mich wieder klein. “Was bist du denn für Eine, schaffst nichtmal zu etwas zu gehen, was dir doch gut tun soll!”
Ja, alle dort sind 100% wohlwollend. Keiner will was Böses, vielen anderen dort geht es vielleicht ähnlich, alle haben Verständnis, aber das hilft nichts. Das macht meine Angst nicht weg. Dass ich sie mir nicht erlaube, auch nicht.
Ach, und die Idee mit der Tagesklinik ist auch bescheuert, weil so schlecht gehts mir doch gar nicht und ich hab doch so viel, was ich selbst machen kann, damit es mir besser geht und ich nehm da nur irgendjemandem den Platz weg, die/der es nötiger braucht als ich.
(Finde den Fehler.)
Ach du … ich denke gerade über “Fehler” nach. Und dass es ja von fehlen kommt, das Wort, und dass es ja bedeutet, dass da etwas fehlt … hier, in diesem deinem ’Fall’ ist es vermutlich das fehlende Selbstmitgefühl.
Wir leben leider in einer Gesellschaft, in der Krankheit etwas sehr Schlimmes ist und immer suggeriert uns das eigene Kranksein, dass wir selbst schuld daran sind (bei psychischen Erkrankungen ganz besonders).
So vieles, das du schreibst, ist ja auch mein Thema. Ich drück dich herzlich und danke dir fürs Aufschreiben! <3
Der “Fehler” meint in diesem Fall, dass ich einerseits einen ausgewachsenen Panikanfall kriege beim Gedanken an eine Weihnachtsfeier mit lieben Menschen, mir aber andererseits das Recht auf einen Platz in der Klinik abspreche, weil ich ja so krank gar nicht bin.
Aber abgesehen davon: ja, wie eigentlich immer stimme ich dir zu. Ich drück zurück, du Liebe! <3
Hi Ulrike, ach wie ich das dilemma kenne. Ich kann auch nicht mal sagen ich hätte eine Antwort dafür. Nur soviel: dass Du den Mut hattest darüber zu schreiben und es mit uns zu teilen scheint mir sehr mutig. Vielleicht bedeutet das eine positive Veränderung und Du wirst bald Deine persönliche Lösung finden. Ich sende Licht, Liebe und eine dicke Umarmung 🙋♀️🐝
Danke, liebe Bea! Ohne den Rückhalt und die Unterstützung von Euch allen hätte ich den Mut nicht. Und so traurig es ist, dass wir so viele sind, tut es doch auch gut zu wissen, dass wir nicht alleine sind mit all dem.
Ich umarme zurück! <3