20-09-2025 Die Erlaubnis zu trauern

Vor kur­zem sagte ich zu mei­ner The­ra­peu­tin, ich hätte gerne meine Depres­sion zurück, weil sich das mit der Ess­stö­rung und allem drum herum im Ver­gleich dazu so schwie­rig anfühlt. Ich hätte es nicht sagen sol­len. Ess­stö­rung mit depres­si­ver Phase ist noch blö­der als ohne.

Ein Grund für das gegen­wär­tige Loch ist wahr­schein­lich, dass ich mir das Trau­ern nicht erlaube. Ich bin doch schon seit 6 Wochen wie­der zuhause, lang­sam muss es doch mal gut sein mit der Trau­rig­keit dar­über, dass ich nicht mehr in Malente bin. Aber es ist eben so: ich bin trau­rig. Neben allem glück­lich sein über das was war, feh­len mir ein paar bestimmte Dinge und Men­schen so sehr. Das Wis­sen, dass ich das nie wie­der erle­ben und sie nie wie­der sehen werde, weil das eben eine ein­ma­lige Sache war: das macht trau­rig. Ich kann das nicht ein­fach weg­ste­cken, ich muss auch das aus­hal­ten und abwar­ten, bis es weni­ger wird. Vor allem aber darf ich es mir erlauben. 

Was mir am meis­ten fehlt grade, sind die inten­si­ven Gesprä­che in den DBT Stun­den mit den Mitpatient:innen und der Input von Herrn S., dem Psy­cho­the­ra­peu­ten. Nach­den­ken über sich selbst, Emo­tio­nen ana­ly­sie­ren, Unbe­wuß­tem auf die Spur kom­men, Ver­än­de­rung pro­bie­ren: das alles geht leich­ter, wenn man nicht alleine ist damit. Wenn Feed­back kommt von jeman­dem, der sich aus­kennt oder von ande­ren, die es auch ken­nen und tun.
(Und ja, ich geb es zu, auch Herr S. selbst fehlt mir, als Mensch. Wie gerne würde ich mich mit ihm wei­ter unter­hal­ten, nicht nur über Psy­cho­sa­chen. Ich glaube, wir hät­ten uns viel zu sagen.)
Zum ande­ren sind es die Stun­den mit der Kör­per­the­ra­peu­tin, weil ich da so sehr bei mir und in mir war, wie ich es hier zuhause nicht schaffe. Ich war so stark, so gelas­sen und ruhig in Malente. Ich fühlte mich schön (!), seit so lan­ger Zeit wie­der. Ges­tern, als ich von der Phy­sio raus kam und auf die Straße ging, konnte ich es für einen Moment wie­der füh­len. War in mei­nem Kör­per zuhause. Ging auf­recht, war leicht. Und dann war der Moment wie­der weg und ich wie­der voll mit allen Zwei­feln. Werde ich das je schaf­fen? Was bin ich mir selbst wert, hab ich einen Wert, kann ich mich so wert­schät­zen, dass ich mich wirk­lich gut um mich küm­mern kann? Und kann ich auch irgend­wann mei­nen Kör­per schät­zen und womög­lich sogar mögen?

Des­we­gen der Ver­gleich mit Depres­sion und Ess­stö­rung. Die Depres­sion fin­det in mir statt, in mei­nen Gedan­ken, Gefüh­len und Erin­ne­run­gen. Damit kenn ich mich aus, da bin ich ich, da mag ich mich sogar. Aber die Ess­stö­rung hat dazu die kör­per­li­che Seite und die hab ich fast das ganze Leben aus­ge­blen­det, weil sie zu nega­tiv belas­tet war/ ist.
Viel­leicht fühlt es sich aber auch nur so an, weil ich mich das erste Mal wirk­lich damit beschäf­tige. Die Depres­sion war am Anfang und für viele Jahre ja auch schwer, der Weg bis da, wo ich jetzt bin, hart und stei­nig. Ich will nur nicht noch­mal 10 Jahre oder mehr für die Ess-/ Kör­per­ge­schichte brau­chen. Ich will nicht mehr lei­den, ich will leben. Ich will end­lich gut mit mir sein kön­nen, über andere Dinge nach­den­ken, tun kön­nen. Und ich will, dass es län­ger als nur einen Moment anhält.

Aber jetzt, jetzt grade bin ich trau­rig, weil ver­gan­gen ist, was gut war. Weil die Erin­ne­rung daran noch nicht alleine reicht.

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