In zwei Tagen ist die nächste OP, dann wird die Linse beim linken Auge ausgetauscht. Ich bin so langsam wieder etwas aufgeregt, aber Angst ist nicht mehr dabei - ich weiß ja jetzt, wie alles abläuft. Das wird schon gut gehen. Bis dahin arbeite ich ab. was noch auf der To-Do-Liste steht. Gestern waren Großeinkauf und Haushalt dran (putzen, aufräumen, Wäsche waschen und so Zeug), heute hab ich noch amtliches Zeug erledigt und morgen muss ich das Sammeltaxi bestätigen, zur Hausärztin, weil die Medikamente fast alle sind und noch ein paar letzte Sachen einkaufen.
Ich sorge vor für etwa zwei Wochen: wer weiß, wie das wird, wenn ich mit keinem Auge scharf sehe? Das bereits operierte Auge ist nicht besser als letzte Woche, was das angeht. Es gibt einen kleinen Bereich so zwischen einem und zwei Meter Abstand um mich herum, da scheint es scharf zu sein, aber das reicht ja nicht, weder für den Alltag noch fürs arbeiten am PC noch für draußen. Und ab Dienstag wird es kein zweites Auge geben mit einem Brillenglas davor, das diese Unschärfe ausgleicht. Dann wird es überhaupt keine Brille geben und nur noch zwei Augen, die nicht richtig gucken können. Die darauf warten, dass mein Gehirn endlich wach wird und anfängt, sich der Veränderung anzupassen. Die Hardware ist da, nur die Software will noch nicht tun, was sie soll.
Nein, die OP macht mir keine Angst mehr, aber die Zeit danach. (Muss ich womöglich andere Menschen um Hilfe bitten?)
Heute morgen bin ich mal wieder mit einem steifen und schmerzenden Knie aufgewacht. Ich dachte, ich hätte es nach der letzten langen Periode im Griff und es wäre jetzt erstmal wieder gut. Aber wenn ich nicht dauerhaft irgendwas Richtung Sport oder wenigstens Bewegung mache, ist da gar nichts gut. Die Arthrose wird nicht mehr weg gehen, ich kann nur versuchen, die Ausbreitung zu verlangsamen und die Schmerzen zu lindern. Und ich weiß: alles, was jetzt neu oder erneut an körperlichen Beschwerden kommt, wird nicht wieder weggehen. Ich werde damit irgendwie leben müssen.
Als ich mich wieder ins Bett kuschelte (es war noch reichlich früh heute morgen), kam mir wie so oft mein Mantra der letzten ein, zwei Jahre in den Sinn: “Ich muss ja nichts”. Ich hab ein steifes Knie und kann nicht gut laufen - aber ich muss ja nicht. Immer noch ist mir schnell alles zu viel und mehr als zwei Termine am Tag stressen mich - aber ich muss ja nichts. Ich kann mich einfach wieder umdrehen und bis Mittag im Bett bleiben - ich muss ja nichts. Aber was ist das für ein Leben, wenn da nichts ist, was ich muss? Ich meine nicht den Stress von früher, den Spagat zwischen Arbeit und Kind, die vielen Überstunden im Büro, das Geldverdienen als Alleinerziehende, das Gerechtwerden der eigenen Ansprüche und denen von anderen usw. Es ist gut, dass das vorbei ist. Aber so gar nichts? Wie lange kann das funktionieren? Wie lange kann ich ohne wirklichen Sinn leben? Und wie lange geht das, wenn der Körper nicht mehr mitmacht? Ich kann nicht die nächsten (die letzten!) zehn, zwanzig Jahre damit verbringen, nur in der Wohnung zu sitzen, zu lesen, Musik zu hören, irgendwelche Spielchen zu daddeln, nachzudenken und meiner Familie zur Last zu fallen. So große Angst ich auch habe vor dem Tod und dem Sterben: das wäre kein Leben für mich.
Was also kann ich vorbeugend tun? Ich wäre gerne aktiv, aber Aktivität stresst mich. Ich hätte gerne Verbindlichkeit, kann sie selbst aber nicht leisten. Ich wäre gerne mit anderen Menschen zusammen, aber ich mag viele Menschen nicht und fühle mich unwohl, wenn es zu viele sind. Ich möchte so gerne irgendwas und hab so viele Bedenken.
Die Depression hat mich so weit aus meinem alten Leben geworfen. Zwar hab ich mich mehr oder weniger befreit von ihr, aber ich finde keinen neuen Weg, der mir wirklich passt. Und inzwischen bin ich so eingeschränkt, dass zu vieles gar nicht mehr möglich ist. Ich weiß grade nicht, wie und wohin es geht.
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Vor kurzem gelesen und für passend gefunden:
Wenn ich nur darf, wenn ich soll, aber nie kann, wenn ich will, dann mag ich auch nicht, wenn ich muss. Wenn ich aber darf, wenn ich will, dann mag ich auch, wenn ich soll, und dann kann ich auch, wenn ich muss. Denn schließlich ist es doch so: Die können sollen, müssen auch wollen dürfen.
(Dr. Heinz Schirp, Professor für Neurowissenschaften und Lernen)
Doofe Tage sind doof, vor allem, wenn ich selbst nichts tun kann, um die Dinge, die das Doof machen, zu ändern. Aber solche Tage gehören eben zum Leben dazu, es läuft nun einmal nicht alles so glatt und hübsch, wie wir das gerne hätten. Also brülle ich einmal meine Wut raus (oder auch zweimal oder mehr), atme ein und aus und ein und aus und übe (mich in) Geduld. Und ich kann das wirklich nicht gut. Wenn ich mich mal entschloßen hab, etwas zu tun, will ich alles, jetzt sofort. Ich hab ja echt viel Zeit zur Verfügung, aber warten finde ich doch ziemlich blöd. Aber das nützt ja nix.
(Soweit die Theorie.)
Gestern war die zweite Kontrolle fürs Auge. Eigentlich ist alles gut. Der kleine Bluterguß, der da war, heilt gut ab, ist schon fast weg. Die Sehkraft ist angeblich bei 100% - ich vermute, damit ist gemeint, dass die Trübung vollständig weg ist, was ja auch klar ist bei einer neuen Linse. Was aber leider überhaupt noch nicht passt, die die Sehstärke. Nach wie vor sehe ich mit dem operierten Auge in fast jeder Entfernung unscharf. Da sich aber nicht das Auge, sondern das Gehirn an die Schärfe / Stärke der neuen Linse anpassen muss, würde es nicht helfen, wenn ich mein altes Brillenglas wieder einsetzen würde - es würde alles nur herauszögern. Und so sitze ich also zuhause und gucke “schief”. Links scharf, rechts unscharf und dazwischen gemischt, verwackelt, verwaschen … Ich kann das gar nicht beschreiben. Es ist einfach sooo nervig und anstrengend und draußen ist es noch schlimmer.
Die Ärztin meinte, das würde sich schon geben, aber der Bereich, in dem ich später ohne Brille sehen könnte, sei ja sowieso relativ klein, vielleicht so 1 bis 2 Meter, aber für alles andere bräuchte ich weiterhin eine Brille. Und eine zum Lesen ja sowieso. Besten Dank auch. Ist ja okay, so ein Grauer Star soll ja weg gehen, aber warum wird überall immer gesagt, dass man danach keine Brille mehr braucht, wenn das gar nicht stimmt? Warum diese großartigen Versprechungen, die dann nicht halten? Die hätten mir die OP nicht damit verkaufen müssen, ich hätte das auch so irgendwann machen lassen. Aber so wurden Hoffnungen und Erwartungen geweckt, die völlig unrealistisch sind. Oder war das mein Wunschdenken?
Ich war gestern jedenfalls extrem frustriert, als ich von der Augenärztin nach Hause kam. Wie lange soll das dauern, bis ich halbwegs gut sehen kann? Und wird das alles von vorne los gehen, wenn das zweite Auge auch operiert ist? Ich hab keine Geduld für sowas. Ich will meinen Alltag zurück, mein Zeug machen können, sehen können. Das ist echt so ein Scheiß.
Das Wichtigste: die OP ist gut verlaufen. Die Panikattacke am Montagabend auf dem Klo war also umsonst, aber das sind die ja meistens, die wissen das nur nicht.
Die Nacht zu Dienstag (02.04.) hab ich kaum geschlafen, schwebte immer nur zwischen Traum und Wach. Hab versucht, an Schönes zu denken und landete immer wieder bei “hoffentlich geht alles gut”. Irgendwann hat es dann wohl doch geklappt mit dem Schlaf, denn der Wecker kam sehr ungelegen. Die Dusche half, wach zu werden, der (schwarze) Kaffee auch etwas. Um halb zwölf sollte das Sammeltaxi an der Augenarztpraxis sein, ich war schon um 10 nach 11 da, zusammen mit einer anderen Patientin. Nach und nach trudelten die anderen vier ein und es ging los zur Augenklinik in Großhansdorf, wo der Augenarzt aus meiner Gemeinschaftspraxis die Operationen durchführt. Wir kamen ganz gut durch, waren um halb eins schon da. Der nette Taxifahrer brachte uns zur Wartezone und meldete uns an. Danach war Warten angesagt. Papiere unterschreiben, Tropfen ins Auge bekommen und einen Strich mit Edding darüber (nicht, dass das falsche Auge operiert wird!), aufs Klo gehen, warten. Grüppchenweise wurden wir dann irgendwann ins Untergeschoss gebracht, wo wir weiter warteten, zusammen mit denen, die schon vorher geholt worden waren. Dann gab es OP-Kleidung für alle Neuen und weiteres Warten. Der nächste Punkt: Aufklärungsgespräch mit der Narkoseärztin, die auch gleich den Zugang gelegt hat. “Sie dürfen dann draußen nochmal Platz nehmen, bis Sie dran sind”.
Das muss schon ein lustiges Bild gewesen sein: ein schmaler Flur, an der einen Wand nebeneinander 8 Sitze, darauf Patient:innen in drei unterschiedlichen Stadien: die “ohne alles”, die ganz frisch von oben gekommen waren, dann die mit Kittel, Haube und Zugang, die schon das Narkosegespräch hatten und außerdem die mit den Augenklappen, die die OP bereits hinter sich hatten und darauf warteten, abgeholt zu werden.
Irgendwann wurde ich endlich aufgerufen und durfte in den Vorraum vom Allerheiligsten und mich dort auf eine Liege legen. Dann wurde ich irgendwohin geschoben und bekam die Narkose, von der ich überhaupt nichts mehr weiß. Ich erinnere mich, dass ich mich selbst beruhigt hab, indem ich mich in Gedanken in den geplanten Urlaub mit J. nach Porto beamte. Vielleicht war das aber auch der Traum während des kurzen Narkoseschlafs? Jedenfalls war ich wieder halb wach, als der Augenarzt sich vorstellte und sagte, dass es jetzt los geht. Gespürt hab ich nur ein bißchen Ruckeln, aber keinen Schmerz. Gesehen hab ich Lichter, mal eins, mal zwei, mal rot, mal weiß. Gefühlt hat es höchstens 10 Minuten gedauert - der OP-Bericht bestätigte das - und dann war es auch schon vorbei. Ich wurde auf der Liege zurück geschoben, stand auf, wurde nach draußen geführt und wartete. Kurz danach kam die lustige Krankenpflegerin, befreite mich von OP-Kleidung und brachte mich in einen Aufenthaltsraum, wo der Rest unserer Truppe saß und wo schon Kaffee und ein Sandwich bereit standen. Eine halbe Stunde später waren wir vollzählig und versorgt und wurden wieder abgeholt vom Sammeltaxi. Da Jede:r bis direkt vor die eigene Haustür gebracht wurde, dauerte der Rückweg leider wesentlich länger als die Hinfahrt; ich war gegen 18 Uhr endlich zuhause. Mehr als essen, einige Nachrichten für die Daumen-Drückerinnen schreiben und ein bißchen TV gucken war dann auch nicht mehr drin.
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Was mich geärgert hat: der Arzt steht zur OP hinter den Patient:innen und von da aus hat er sich “vorgestellt”, also seinen Namen gesagt. Ich hab ihn aber nie gesehen (außer auf der Webseite der Praxis). Es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, wenn er sich für einen Moment an die Seite gestellt hätte, so dass wir uns ins Gesicht hätten schauen können. Ich hätte mich nicht so sehr wie eine Nummer gefühlt, zumal es bei diesen kurzen OPs sowieso schon wie am Fließband zugeht. Es wäre einfach höflich und auf Augenhöhe gewesen. Vielleicht erwähne ich das mal irgendwann.
Beeindruckend fand ich, wie innerhalb kürzester Zeit aus einander völlig unbekannten Menschen eine Solidargemeinschaft wurde - fast schon sowas wie Verbündete. Wir sechs, die mit dem Taxi zusammen fuhren, saßen wie selbstverständlich zusammen im Wartebereich, nickten uns aufmunternd zu zwischendurch, wünschten uns alles Gute und verabschiedeten uns mit “bis in drei Wochen” (wenn alle am anderen Auge operiert werden). Ein warmes, stärkendes Gefühl.
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Am Mittwoch holte mich gegen viertel nach zehn - nach einer Nacht mit tiefem Schlaf, einer vorsichtigen Dusche (nur kein Wasser ins Auge!) und gutem Frühstück - die Tochter ab und begleitete mich zur Augenarztpraxis zur ersten Nachkontrolle. Als erstes wurde die Augenklappe entfernt - WHOOOAAAA, was für ein Moment! Ich hab noch nicht viel gesehen und vor allem noch nicht scharf, aber sooo hell! Unfassbar, so ein Unterschied zu vorher. Ich wußte nicht, dass meine Sicht so “vergilbt” war. So ungefähr wie auf dem Foto kann man sich das vorstellen:
Die Augenärztin unterschuchte, bescheinigte, dass alles in Ordnung ist und verschrieb weitere Tropfen, die das Auge feucht halten. Nächste Woche muss ich zur nächsten Kontrolle. Danach sind wir nach nebenan zu Fielmann, die nahmen das jetzt überflüssige Glas raus und das war es dann.
Leider braucht das Auge viel Zeit - 3 bis 4 Wochen, wird überall gesagt -, bis es sich an die neue Linse gewöhnt und die neue Sehstärke angepasst hat. Das heißt, dass ich im Moment zweigeteilt sehe und das nervt furchtbar. Mit links seh ich scharf, mit rechts nicht, mit beiden Augen zusammen weder das eine noch das andere. Dafür weiß ich jetzt also, was der Spruch “einen Knick in der Optik zu haben” bedeutet. Zwar hab ich letzte Woche genug eingekauft, so dass ich nicht zwingend raus muss, aber auch zuhause ist es anstrengend und blöd. Ich schlafe ewig lange, um das Gucken raus zu zögern. Ich daddel am PC rum, gucke irgendwelche uralten Serien, schlafe am späten Nachmittag wieder, langweile mich. Hörbücher sind immer noch nicht meins, lesen sollte ich möglichst wenig (mach ich am PC trotzdem), mich anstrengen auch nicht. So gaaaaaaanz langsam merke ich, dass die Linse etwas schärfer wird, aber die Sicht ist trotzdem sehr eingeschränkt. Ich weiß, ich bin ungeduldig, ich sollte dem mehr Zeit geben. Es sind ja auch erst 5 Tage, seit die Augenklappe weg ist. Ich würde nächste Woche gerne zur Mittwochsgruppe gehen, aber wenn es schon hier zuhause so anstrengend ist, wie wird es dann draußen, wo ich weit gucken muss, was eben noch nicht wirklich geht? Und dann ist es vielleicht grade halbwegs gut und dann kommt das andere Auge dran und braucht auch wieder 3 bis 4 Wochen.
Alles in allem hab ich dann die erste Hälfte des Jahres mit diesem ganzen Augenkram verbracht. Aber ja, ich weiß schon, der Star hätte sowieso irgendwann operiert werden müssen und es hätte dann eben zu einem anderen Zeitpunkt genervt. Dann ist es jetzt wenigstens vorbei. *seufz*
Morgen also die Operation wegen des grauen Stars. Erstmal ist das rechte Auge dran, in drei Wochen das linke. Bis alles geheilt ist und die Augen sich an die veränderte Sicht gewöhnt haben, werden noch ca. 6 - 8 Wochen vergehen. Danach gibt es zwei neue Brillen: eine für die Ferne, wenn ich raus gehe und eine einfache Lesebrille. Die Gläser der Fernsichtbrille werden statt -8,5 und -6 Dioptrin nur noch etwa 2,5 und 0,5 Dioptrin haben. Das ist jedenfalls das, was die Augenärztin sagte. Ich hoffe, sie hat Recht.
Heute ist Ostermontag, ich hab alle Aufgaben auf der “vor der OP” Checkliste abgehakt, die Bindehautentzündung, die ich mir vor zwei Wochen noch einfangen hab, ist bekämpft (jahrelang hab ich nichts, aber natürlich dann vor der OP: was für ein Mist), das Taxi bestellt, die Tochter hat sich frei genommen, um mir zu helfen, alles ist bereit - und die Angst wird immer präsenter. Ich weiß, dass nichts passiert. Ich weiß, dass das Routine ist und sie das gut machen. Ich weiß, dass ich danach wieder gucken kann und alles verheilt und wahrscheinlich sogar besser wird. Ich weiß das, aber die Angst weiß das nicht, das dumme Ding. Die Angst macht Herzklopfen, Bauchweh und schlechte Träume, malt sich mir das Schlimmste aus, will am liebsten alles absagen und sich wieder ins Schneckenhaus verkriechen. Sie will nicht, dass an mir rumgeschnippelt wird. Sie will nicht, dass sich fremde Menschen an meinem Körper zu schaffen machen. Und sie und ich finden die Vorstellung, jemandem quasi ausgeliefert zu sein, auch wenn es nur für zehn Minuten ist, ziemlich furchtbar. Ja, ich weiß, dass das alles sehr irrational ist, aber das Wissen hilft nicht wirklich und die Vorstellungskraft der Angst ist extrem viel stärker. Das Einzige, was mir im Moment bleibt, ist, mich abzulenken. Fotos zu bearbeiten, weil ich das in der nächsten Zeit nicht kann. Hörbücher raussuchen, damit ich was “zu tun” hab, während ich nicht gucken kann. Darauf hoffen, dass es keine Komplikationen gibt.
(Himmel, ich wünschte, es wäre schon morgen und alles vorbei.)
Ach ja: den einen oder anderen gedrückten Daumen würd ich gerne nochmal nehmen. Vielleicht hilft es ja, daran zu denken. Ich sag Danke im Voraus! <3
Eigentlich hab ich keine Lust zu schreiben, aber in der letzten Woche hat sich so viel getan, dass ich das hier mal festhalten sollte.
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Die Brille Am Freitag, 26.01. war ich wieder bei Fielmann. Das vierte Mal wegen der neuen Brille. Die vierte Mitarbeiter*in, die sich daran versucht. Ich weiß nicht, was sie gemacht hat (außer neue Nasennupsis einzusetzen), aber das ist mir auch egal, denn sie hat scheinbar das richtige getan: endlich ist das fremde Gefühl weg! Sie rutscht immer noch immer wieder ein Stück die Nase runter, aber sie fühlt sich wieder an wie zu mir passend. Was für eine unfassbare Erleichterung. Und wie schnell sich meine Stimmung erholt hat ohne diese permanente Störung. Ich bin so unendlich froh.
Diabetes Am Freitag war auch der vierteljährliche Termin bei der Diabetesärztin und wie schon beim letzten Mal gab es die - noch - freundliche Ermahnung, dass sich meine BZ-Werte ganz ganz dringend ändern müssen. Die sind auch dafür verantwortlich, dass ich so müde und kraftlos bin. Auf der Waage war ein Kilo weniger zu sehen als letzten Oktober, aber das reicht noch ewig nicht. Wenigstens sind die Augen oB und die anderen Werte in Ordnung. Ich verstehe, dass sie mir sagen muss, dass das so nicht gut ist und ich was machen muss, aber das hilft mir halt leider nicht - ich kann es deswegen trotzdem nicht. Theoretisch weiß ich ja alles, aber wie setz ich das um in meinem Alltag? Wie schaff ich es, keinen Hunger mehr zu haben? Wie werde ich meine Angst los, dass ich nicht genug Nahrung bekomme, obwohl ich gleichzeitig weiß, dass es mit Sicherheit reicht und ich nie im Leben verhungern kann? Ich brauche Hilfe dabei. Und das führt direkt zum nächsten Punkt:
Die Klinik Am Mittwoch, 31.01., fiel die Gruppe aus, weil der Ausflug ins Wunderland letzte Woche als Doppeltermin galt. Ich hatte also frei und hab wie immer an solchen Tagen lange gepennt. Als mich gegen Mittag der Anruf von der Klinik weckte, hab ich mir erlaubt, nicht draun zu gehen, sondern erst später zurück zu rufen. Ja, ich darf sowas. Die gute Nachricht: wenn ich spontan sei, könnte ich Mitte Februar kommen. Die schlechte Nachricht: es gibt keine Einzelzimmer für Akutpatient*innen. Es steht zwar auf der Webseite, aber der Chef hat es (am Donnerstag) auf Nachfrage nochmal bestätigt. Nope, keine Extras für das gemeine Fußvolk, das auf Krankenkassenkosten kommt. Sowas ist dann nur gegen Aufpreis erhältlich - oder eben als Reha, aber das will die RV ja nicht. Tja. Dann sitz ich hier eben wieder alleine muss ich eben weiter suchen. Gut, dass ich nicht auf den Rückruf mit der Nachricht gewartet, sondern selbst angerufen hab, während ich wie immer zu früh bei der Therapie war. So konnte ich das wenigstens gleich teilen und abladen.
Erkenntnis aus der Therapie Ich jammerklagte, dass ich gerne mal wieder ein halbes Jahr | 3 Monate | okay, vielleicht 6 Wochen ja, schon gut, aber wenigstens eine Weile? mal keine neuen Probleme und Herausforderungen haben würde. Die Therapeutin daraufhin: “Das wird nicht passieren, so ist das Leben nicht.” Aber sie zeigte mir auch nochmal deutlich auf, dass ich inzwischen durchaus in der Lage bin, für mich zu sorgen und mich eben nicht vom Leben überrollen lasse. Manchmal kommt zwar alles auf einmal, aber das heißt ja nicht, dass ich auch alles auf einmal erledigen oder klären muss. Deutlich zu spüren ist für mich, dass vieles, was mich noch vor 1 oder 2 Jahren tief ins Loch geworfen hätte, heute kein Weckruf für Igor mehr ist. Da hat sich die ganze Arbeit doch gelohnt. Das erste Mal seit Juni 2021 - dem ersten Gespräch nach dem offiziellen Ende der Therapie - hab ich den Abstand zwischen den Terminen auf sechs statt wie sonst vier Wochen erweitert. Es bleibt immer noch das Thema mit der Essstörung übrig, aber vielleicht brauche ich dafür einen anderen Ort. Vielleicht kann ich mit der Depression jetzt alleine umgehen.
Der Graue Vogel Da es nun nichts mit der Klinik wird und die Suche nach einer anderen - mit Einzelzimmer! - eine Weile dauern kann, steht als nächstes die Augen-OP an. Nächsten Donnerstag (08.03.) hab ich das Vorgespräch dazu, wo ich dann alles erfahre zum Ablauf und wir die Termine für die OPs ausmachen. Ich hab Schiss davor, aber ich hoffe dennoch, dass es möglichst schnell geschieht und ich es dann hinter mir habe. Und so lange halte ich die rutschende Brille jetzt auch noch aus, danach gibt es eh eine neue.
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Nach der langen schlechten Phase geht es jetzt vielleicht wieder bergauf. Die Dinge sortieren sich, die Tage werden wieder heller und die Stimmung auch. Weiter geht es, Schritt für Schritt mit Pausen zum Luft holen. Aufgeben ist immer noch keine Lösung.
Das war ein kurzer Blitz, der da gestern mein Leben erhellt hat. Die Vorstellung, ohne Brille leben zu können, ist immer noch großartig und 99% sicher werd ich die OP machen lassen, aber das ändert halt leider nichts an der momentanen Lage und die ist in Bezug auf die Brille weiterhin beschissen. Ich will das nicht, will nicht dauergenervt sein, versuche mich abzulenken, an schöne Dinge zu denken - es hilft nicht oder nur kurz. Da ist einfach permanent das Gefühl, dass etwas in meinem Gesicht ist, was da nicht hingehört. Es geht soweit, dass die Haut völlig überreizt ist und regelrecht weh tut.
Ich war darum heute nachmittag wieder bei Fielmann, diesmal bei einer anderen jungen Optikerin. Sie hörte mir aufmerksam zu, als ich versuchte, das Störgefühl zu beschreiben, griff mir an den Kopf um zu spüren, wie die Brille da hinten sitzt und schraubte dann irgendwas an den Bügeln rum. Tja. Leider nicht anders als vorher. Am besten schlaf ich einfach durch, bis … ja, bis wann? Was mach ich, wenn die Klinik zuerst einen Platz für mich hat und die Brille bis dahin immer noch falsch ist? Dann sitz ich da sechs Wochen oder mehr und bin genervt. Soll ich also lieber hoffen, dass ich nicht oder erst spät aufgenommen werde, so dass ich die OP vorher machen lassen kann? Eigentlich will ich ja endlich anfangen, an dem blöden Ess-Thema zu arbeiten, aber jetzt grade wünsche ich mir tatsächlich die zweite Variante. Erst die Augen, dann das Essen.
Alles doof.
(Nein, nur fast alles. Die Mittwochsgruppe geht morgen ins Miniatur Wunderland - da ist im Januar immer freier Eintritt für alle, die es sich nicht leisten können - und darauf freu ich mich sehr. Und vielleicht lenkt es mich ja auch mal ein paar Stunden von allem Doofen ab.)
Vielleicht kommt da ganz aus Versehen etwas wirklich Gutes auf mich zu.
Heute morgen war ich endlich bei der Augenärztin für die jährliche Untersuchung, die ich wegen der Diabetes machen lassen muss. Das ist eine längere Prozedur, weil die Pupillen mit Hilfe von Tropfen erst weit gestellt werden müssen und das dauert halt eine Weile. Als ich irgendwann aufgerufen wurde und durch den Flur ins Sprechzimmer ging, stand genau die Arzthelferin bei der Ärztin, die ich gut kenne, weil sie Nachbarin meiner Tochter ist und ihre Tochter die beste Freundin vom Enkel. Wir begrüßten uns mit einer Umarmung und fragten gegenseitig nach dem Befinden; auf den fragenden Blick der Ärztin erzählte ich dieser von unserer Verbindung. Ob sie daraufhin noch etwas freundlicher war als sowieso schon? Wenn ich an all die Fachmenschen denke, mit denen ich in den letzten Wochen zu tun hatte, war sie jedenfalls definitiv die herzlichste und fröhlichste. Was für einen Unterschied das macht und wie anders und angenommen ich mich heute fühlte.
Sie fragte dann kurz, ob es noch einen anderen Grund gäbe, weshalb ich da sei (außer der jährlichen Untersuchung) und ob sie etwas für mich tun könnte. Ich meinte nur, ich hätte mit der Brille ein Problem, aber dabei könnte sie mir leider nicht helfen. Daraufhin schaute sie in meine Patientenakte, guckte sich die Werte der ersten Messung heute morgen genau an und eröffnete mir dann, dass meine Linsen wohl leicht eingetrübt seien (also irgendwas in Richtung Grauer Star) und dass man das so operieren könnte, dass ich danach nur noch - je nachdem, welche Linsen man als Ersatz einsetzt - eine Brille für die weite Ferne oder zum lesen bräuchte. Und dann kam die beste Nachricht: das müsste ich nicht selbst zahlen, das übernimmt bis auf einen kleinen Eigenanteil die Kasse, weil es eben wegen des Grauen Stars wäre.
Was für eine Vorstellung: nie wieder eine Brille im Alltag, nur zum Lesen! Am Morgen die Augen öffnen und sehen können! Unter der Dusche sehen, beim Schwimmen sehen, keine Druckstellen mehr im Gesicht und hinter den Ohren, keine schmierigen Brillengläser, kein Beschlagen im Winter und über der Maske! Und das alles auf Rezept. Unfassbar.
Ich hab gesagt, dass ich das erstmal sacken lassen muss. Zudem muss es terminlich unter Umständen mit der Klinik koordiniert werden. Wenn ich da noch ein halbes Jahr auf einen Platz warten muss, könnten die Augen vorher gemacht werden. Ich weiß im Moment auch noch nichts über den Ablauf, das muss ich noch erfragen. Wenn erst eins und später das andere Auge gemacht wird, wie guck ich dann in der Zwischenzeit? Wie lange wird sich das hinziehen, bis beide Augen wieder heil sind? Das muss ich alles noch rausfinden, aber ich glaube, ich will das machen lassen. Es wäre wirklich eine große Erleichterung.
Das Verrückte ist - darum das “aus Versehen” vom Anfang - wenn ich nicht über die Brille geschimpft hätte, hätte die Augenärztin das nicht vorgeschlagen, weil es eigentlich noch nicht sein müsste. (So hab ich es jedenfalls verstanden.)
Ein Lichtblick, eine gute Aussicht, das erste Mal seit längerem. Hoffentlich ist es wirklich einer.
Das Tief geht weiter. Von den 20 Tagen im Januar haben 11 in meiner Stimmungs-App ein “schlecht” als Bewertung bekommen (das ist die vorletzte Stufe auf der Skala). So eine lange miese Phase gab es noch nie in den gut 7 Jahren, die ich die App jetzt nutze.
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Die neue Brille ist ein Desaster. Die Stärke geht eigentlich, aber da sie nie richtig sitzt, seh ich auch nicht richtig scharf, sondern hab oft eine ganz leichte Verschiebung, die dann Doppelbilder macht. Es sind nur Millimeterbruchteile, aber ich bemerke sie, weil ich dauernd versuche, scharf zu stellen. Noch viel schlimmer aber ist dieses Gefühl, einen Fremdkörper im Gesicht zu haben. Ich hatte meine alte Brille ca. 18 Jahre, ich hab sie - obwohl ich sie auch immer wieder hochschieben musste - nicht gespürt, sie war einfach da. Wie Schmuck, den man immer trägt, der zu einem dazu gehört, der seinen festen Platz am Körper hat. Die neue Brille fühlt sich immer ein winziges Stück daneben an. Es gibt zwar einen Ort, wo es okay ist, aber erstens auch nur okay und zweitens rutscht sie von da sofort weg. Sie klemmt falsch hinter den Ohren, die Bügel sind viel zu lang. Wenn ich den Kopf nach links drehe, schiebt sie sich nach rechts. Wenn ich nach unten gucke, rutscht sie runter. Wenn ich eine Grimasse mache, die Augen zukneife, die Nase rümpfe, verschiebt sie sich. Wenn ich sie ganz nach oben klemme, drückt sie - und bleibt da ja nicht. Und bei allem hab ich permanent dieses falsche Gefühl. Wie kann ich denn sowas einer Optikerin klar machen? Verstehen die das?
Komischerweise hatte ich dieses Gefühl nicht bei der zu schwachen Übergangsbrille. Ich weiß nicht, ob es (auch) damit zu tun hatte, dass sie ein kleines bißchen leichter war wegen der schwächeren Gläser, aber ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass das so viel ausmacht. Heute hab ich nochmal meine alte Brille rausgeholt zum Vergleich und gesehen, dass sie komplett andere Bügel hat. Sie sind viel kürzer und grader als die von der neuen. Ob es das ist? Ob sich daran was machen lässt? Das uralte Gestell ist natürlich völlig verschrammelt und abgeblättert, aber ich wünsche es mir sehnlichst zurück. Ich weiß nicht, ob ich mich an das neue gewöhnen kann. Und manchmal bin ich kurz davor, es in die Ecke zu donnern, aber da ist ja jetzt alles aus Kunststoff, das geht ja noch nichtmal kaputt.
Jedenfalls macht das alles wahnsinnig schlechte Laune. Ich bin ständig gereizt und genervt und stehe kurz vor der Explosion. Ich hab nur Angst davor, dass es an der völlig falschen Stelle rausbricht. Vielleicht sollte ich mich schon jetzt vorsichtshalber bei allen Menschen meiner Umgebung entschuldigen. Ich versuch es trotzdem nochmal morgen bei Fielmann.
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Und dann war da noch der befürchtete und ersehnte Anruf. Genau, DER Anruf von der Klinik. Am Freitag, morgens um 9 Uhr. Ich hatte keine Termine und lag natürlich noch im Bett. Zu meinem großen Glück war ich aber kurz vorher auf dem Klo und noch nicht wieder eingeschlafen, als das Telefon klingelte. Auf dem Display stand nur “Private Nummer” und ich hab einen Moment überlegt, gar nicht ran zu gehen. Weil ich aber ja auf den Anruf wartete, hab ich mich überwunden und saß dann also nackt im Bett, während mich die Oberärztin der Klinik über meine Essstörung ausfragte. Ich hasse solche Situationen zutiefst. Warum verdammt kann man da keinen Termin ausmachen? Das muss denen doch auch klar sein, dass das für Menschen mit psychischen Problemen (und genug anderen auch) Stress bedeutet! Und dann meinte die Ärztin auch noch vorwurfsvoll, sie hätte mich nie erreicht! Sie hat genau EINMAL angerufen! Was erwarten die? Dass ich nach der Ankündigung, es könne bis zu zwei Wochen dauern, nur noch zuhause starr sitze, bis der Anruf kommt? (Ob ich es schaffe, das den zuständigen Menschen in der Klinik nochmal direkt zu sagen? Vorausgesetzt, ich kann überhaupt hin.)
Das Gespräch selbst war seltsam und zum großen Teil unangenehm. Natürlich wegen meiner Lage (nackt im Bett), auch weil ich total unausgeschlafen war und um die Uhrzeit sowieso nicht gut reden kann, schon gar nicht über schwierige Themen. Die Ärztin selbst empfand ich als unfreundlich, schnippisch irgendwie, ungeduldig. Ihre Fragen gingen immer hin und her zwischen sachlich (wieviel wiegen Sie? Wie sehen Ihre Mahlzeiten aus? Was frühstücken Sie? Kommt es zum Erbrechen? Sind Sie suizidal?) und psychisch (was sind Ihre Trigger? Was erhoffen Sie sich? Und noch dreimal: was sind Ihre Trigger?). Als ich das mit dem Trigger nicht sofort beantworten konnte und auch nicht sagen, warum ich in meiner bisherigen Therapie das Thema noch nie bearbeitet habe, wurde sie kurz angebunden und meinte sowas wie “ich stell Ihnen mal lieber Fragen, so wird das nichts”, hat mich dann aber beim antworten immer wieder unterbrochen und einige Male nur stur ihre Frage wiederholt. Am Ende des Gesprächs sagte sie: “eine Mitarbeiterin wird sich dann bei Ihnen melden”. Auf meine Rückfrage, ob ich das als Zusage verstehen könnte, sagte sie den gleichen Satz nochmal. Eine Antwort war das nicht, ich bin genauso schlau wie vorher und darf also weiter warten.
Die ganze Zeit während des Gesprächs hatte ich das Gefühl, ich wäre nicht gestört genug, müsste aber gleichzeitig viel reflektierter sein. Später kam mir dann ein Satz in den Sinn, den ich hätte sagen sollen: “Wenn ich das alles wüßte, würde ich nicht in die Klinik wollen.“ Jedenfalls würde es mich nicht wundern, wenn ich es verkackt habe und eine Absage bekomme. Ich kann es überhaupt nicht einschätzen. Das hebt die Stimmung übrigens auch kein Stück - im Gegenteil.
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Und ich dachte am Ende des letzten Jahres noch, was soll sich denn groß ändern, nur weil da eine andere Zahl steht im Datum. Dass es in die blöde Richtung gehen wird, hätte ich jedenfalls nicht erwartet. Das darf sich dann jetzt langsam mal wieder ändern.
Der erste Monat im neuen Jahr ist schon mehr als zur Hälfte vorbei und immer noch ist alles doof. Also das meiste jedenfalls.
Letzten Freitag hab ich mich morgens nach draußen gequält (nach dem impfkrank ging es mir noch nicht wirklich wieder gut) und bei der Augenarztpraxis die Verordnung für die neue Brille geholt. Für die jährliche Untersuchung wegen der Diabetes, die echt dringend fällig ist, war ich aber schon zu spät, da müssen die Pupillen geweitet werden und das braucht eben seine Zeit.
Am Samstagabend, kurz vor Schluss, kam die Nachricht vom Optiker, dass die Brille abholbereit sei. Da war ich dann aber nicht mehr bereit. Also ein weiteres Wochenende mit falschen Werten und schlechtem Gucken.
Dazwischen dann einmal nicht doof: am Sonntag waren Tochter und Enkel hier. Nur für eineinhalb Stunden, aber wenigstens mal wieder umarmen und kuscheln und quatschen.
Am Montag hab ich die Brille geholt. Ich sagte, dass beide Bügel bitte ein Stück gekürzt werden sollen. Er passte an, ruckelte hier und wackelte da, “sitzt sie gut?”, “schütteln Sie mal den Kopf”, “sieht ja gut aus”. Ah ja. Kann ich nicht sagen, ich hab sie grade mal 2 Minuten auf der Nase. Spoiler: nein, sie saß nicht. Sie rutschte, nach unten und zur linken Seite. Und der rechte Bügel war länger als der linke. Das hab ich aber natürlich erst gemerkt, nachdem ich damit unterwegs war und eingekauft hatte und dann hatte ich einfach keinen Nerv mehr, nochmal zurück zu gehen. Vielleicht muss ich mich ja erst wieder dran gewöhnen. Das Gute: ich bekomme fast das ganze Geld zurück durch die KK-Verordnung.
Am Dienstag ein netter, aber auch anstrengender Termin mit Frau R. vom Hilfe-Dings. Es ging um die Ziele, die wir im neuen Jahr erreichen wollen (und die die Behörde wissen will, die das ganze ja zahlt). Den Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente, den ich seit 2 Jahren stellen will, sparen wir uns: in einem Jahr geh ich sowieso offiziell in Rente. Über eine weitere Gruppe beim Hilfedings denke ich nach; die Kreativgruppe könnte ich mir vorstellen, aber die ist am Montagmorgen um 10 und ich müsste um 8 Uhr aufstehen, um in Gesellschaft zu stricken oder zu malen und ich bin nicht sicher, ob es das bringt. Schwimmen würde ich gerne wieder. Soweit alles gut. Dann kam der Punkt Gesundheit und Arztbesuche und Frau R. so: “Sie wollten sich doch eine neue Zahnarztpraxis suchen” und ich so: “Nö, wollte ich nicht”. Und dann hab ich ihr meine schlimmsten Erlebnisse mit Zahnärzt*innen erzählt und war danach, ich sag mal so: sehr durch den Wind. Zuhause hab ich mich für eine kleine Siesta aufs Sofa gelegt und drei Stunden geschlafen. Von wegen sehr durch den Wind.
Später hab ich gesehen, dass mich jemand mit unbekannter Nummer angerufen hat, als ich grade in der S-Bahn nach Hause saß. Google hat mir verraten, dass es jemand aus der Klinik war. Super. Und ich hatte noch gebeten, dass sie mir den Termin für das Vorgespräch vorher sagen, damit ich mich drauf einstellen kann und irgendwo bin, wo ich telefonieren kann. Das gibt leider einen Punkt Abzug. Bisher haben sie sich noch nicht wieder gemeldet und mit meinem “Ich spring jetzt mal ins kalte Wasser und rufe selbst da an” Anruf heute war ich eine Stunde zu spät dran. Ob ich morgen nochmal den Mut aufbringe, wird sich zeigen.
Mittwochsgruppe: der Lichtblick der Woche. Aufregende Aussichten: es gibt drei Interessentinnen für die Gruppe. Wir sind durchaus offen für mehr und neue Frauen, aber mit den dreien wären wir dann acht (plus die beiden Betreuerinnen) und das ist viel, auch wenn eine von uns bisherigen nur selten da ist. Wir haben angeregt, die Treffen dann um eine halbe Stunde zu verlängern, damit genug Raum und Zeit für alle bleibt. Wir werden sehen. Schöne Aussicht: nächste Woche gehen wir zusammen ins Miniatur Wunderland und das wird großartig. Zu Hause für eine kleine Siesta aufs Sofa gelegt und fast drei Stunden gepennt. Ah ja.
Heute nachmittag war ich dann wieder in der Augenarztpraxis (es ist der einzige Nachmittag in der Woche, an dem sie offen haben), wurde dort aber belehrt, dass diese Sprechstunde nur und absolut nur für berufstätige Menschen sei und es sei denen ja nicht zuzumuten, dass ihnen jemand die Zeit wegnimmt, die nicht berufstätig ist und ich möge doch morgen um neun wieder kommen. Als ich leise irgendwie murrte, dass ich dann halt gucken müsste, wie ich das hinbekomme, aber es sei schon okay und ich verstünde das ja, wollte die gute Frau eine Ausnahme machen - “ABER WIRKLICH NUR GANZ GANZ AUSNAHMSWEISE WEIL EIGENTLICH GEHT DAS JA NICHT!!!!” - auf die ich dann allerdings verzichtet hab. Sie sah aus, als würde sie mir das auch noch in 10 Jahren vorhalten und als wäre ich ihr was schuldig und da hatte ich wirklich keine Lust drauf. Dann muss ich eben am Montagmorgen hin. Nein, die Nachteule freut sich nicht, aber sie wird das selbstverständlich hinkriegen. ABER VIELLEICHT SCHREIBT IHR DAS MAL AUF EURE WEBSEITE, VERDAMMT! Muss eins doch wissen, sowas.
Danach wieder zu Fielmann, denn die Brille sitzt ja immer noch nicht. Ich hab jetzt einen weiteren Satz, den sich in diesem Fall die Optiker*innen sparen können. “Also für mich sieht das grade aus.” Ja toll, Sebastian-Kevin, aber es geht nicht darum, dass es für dich grade aussieht, sondern darum, dass es sich für mich richtig anfühlt! Wir sind nicht grade und symmetrisch, niemand ist das, wieso geht ihr davon aus, dass es passt, nur weil das Ding grade im Gesicht sitzt? Auf mein Drängen hat Sebastian-Kevin dann den rechten Bügel angepasst und irgendwas gemacht, damit die Brille nicht mehr sofort auf der Nase Rutschbahn spielt. Ergebnis nach einer halben Stunde: jetzt rutscht sie zwar nicht mehr so doll, aber dafür kippt sie zur anderen Seite. Ich bin die ganze Zeit damit beschäftigt, sie hin und her und rauf und runter zu schieben und es nervt so sehr! Aber immerhin gewöhne ich mich langsam wieder an die neue Stärke.
Zur Abrundung der Misere hab ich immer noch mehrmals am Tag diese blöden Störungen im Fuß und auch das nervt einfach nur.
Um irgendwas Gutes zu haben heute, hab ich mir im Asiarestaurant Essen bestellt und das war so lecker, aber auch so viel und jetzt ist mir irgendwie schlecht. Ich sag doch: immer noch alles doof. Also fast alles.
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Von dem, was da draußen in der Welt grade abgeht, schreibe ich nicht, das macht alles nur noch hundertmal so schlimm. Nur einen Satz will ich hier festhalten, der war gestern mein Satz des Tages, weil er kurz und knapp alles sagt.
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